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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Wie "sauber" ist die Energiequelle Wasserstoff?  
  Die Idee der Energiegewinnung aus Wasserstoff hat derzeit Hochkonjunktur. Als "Erdöl der Zukunft" soll das im Überfluss vorhandene Element mit dem chemischen Symbol H andere, fossile Energieträger ablösen. Schlagendes Argument für dieses Szenario ist die Tatsache, dass die Technologie als weitgehend "sauber" gilt und somit der viel beschworenen Klimaerwärmung Einhalt gebieten soll. Doch US-Forscher kommen nun zu einem anderen Ergebnis: Demnach könnten dabei große Mengen an molekularem Wasserstoff in die Atmosphäre gelangen - mit negativen Folgen für die Ozonschicht.  
Ein Forscherteam um Tracey Tromp vom California Institute of Technology (CIT) in Pasadena hat untersucht, wie viel molekularer Wasserstoff (H2) in die Atmosphäre gelangen würde, wenn man alle derzeit existierenden Technologien zur Energiegewinnung ersetzt, die auf der Verbrennung von Öl oder Gas beruhen - und was dann passieren würde.

Die Ergebnisse der Simulation, nachzulesen in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Science", bieten kein völlig ungetrübtes Bild: Das Ozonloch etwa könnte trotz Abkehr von fossilen Brennstoffen weiter wachsen.
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"Potential Environmental Impact of a Hydrogen Economy"
Der Artikel "Potential Environmental Impact of a Hydrogen Economy on the Stratosphere" ist erschienen in "Science", Bd. 300, Seiten 1.740-1.742, 13. Juni 2003.
->   Der Originalartikel in "Science" (kostenpflichtig)
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Hochkonjunktur: Suche nach alternativen Energiequellen
Die Debatte über die Klimaerwärmung, ihre möglicherweise von Menschen herrührenden Ursachen und ihre Folgen für das Leben auf der Erde hat der Suche nach alternativen Energiequellen, die weniger umweltschädlich sein sollen, eine neue Aktualität verliehen. Zudem sollen laut Prognosen die fossilen Energieträger in nicht allzu ferner Zukunft erschöpft sein.

In den Blickpunkt gerät dabei immer wieder Wasserstoff, der unter Schlagworten wie "Erdöl der Zukunft" die Lösung aller Probleme bieten soll.
Wasserstoff im Überfluss
Denn das Element kommt im Universum nicht nur im Überfluss vor - Wasserstoff macht ganze 94 Prozent aller Atome aus -, sondern könnte zudem als "sauberer" Energieträger Öl und Gas ablösen:

Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis beispielsweise wandeln die in H gespeicherte chemische in elektrische Energie um, als Abfallprodukt entsteht dabei lediglich Wasser. Vorausgesetzt, die Erzeugung des Wasserstoffs erfolgt auf umweltverträgliche Art und Weise, wäre an dieser Technologie also nichts auszusetzen.
->   Mehr dazu: Wasserstoff als "Erdöl der Zukunft"
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Wasserstoff: Besonders leichtes und häufiges Element
Wasserstoff ist das leichteste Element im chemischen Periodensystem und zugleich das häufigste des Universums. Das Element bildet für sich genommen ein farb-, geruch- und geschmacklose Gas (Formelzeichen H2). Es tritt auf der Erde jedoch überwiegend gebunden auf, etwa zusammen mit Sauerstoff als Wasser (H2O) und mit Kohlenstoff oder Stickstoff in fossilen Brennstoffen. Das Element ist für alle Organismen der Erde lebensnotwendig.
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Noch sind die Möglichkeiten beschränkt
Derzeit sind die Möglichkeiten allerdings noch beschränkt: Die Wasserstofftechnologie ist längst noch nicht wirtschaftlich. Was aber wäre, wenn dieses Szenario irgendwann Wirklichkeit würde? Dieser Frage haben sich die CIT-Wissenschaftler angenommen.

Denn: "Der weit verbreitete Gebrauch von Wasserstoff-Brennstoffzellen könnte bisher unbekannte ökologische Auswirkungen haben - durch nicht beabsichtigte Emissionen von molekularem Wasserstoff (H2)", schreiben die Forscher in "Science".
Berechnung: Wie viel H2 gelangt in die Atmosphäre?
Sie haben daher hochgerechnet, wie viel H2 durch die neue Technologie in die Atmosphäre gelangen könnte, wenn sämtliche gegenwärtigen Systeme, die auf der Verbrennung von Gas oder Öl basieren, durch Wasserstoff-Brennstoffzellen ersetzt würden.

Zwar, so schreiben die Forscher, würde ein völlig effizientes System der Wasserstoffproduktion, des Transports und der Oxidation keine H2-Emissionen beinhalten, doch man könne davon ausgehen, dass etwa zehn Prozent davon in die Atmosphäre gelangen würden.

Damit würden sich laut Berechnung die anthropogenen - also menschgemachten - Wasserstoffemissionen verachtfachen.
Ozonloch würde größer und langlebiger werden
Die Folgen: Der Anstieg würde die Stratosphäre zunächst anfeuchten, schließlich abkühlen und dort zu mehr Wolken führen. Dank der niedrigeren Temperaturen wiederum käme es zu einer Förderung chemischer Reaktionen, die das Ozonloch vertiefen sowie teilweise vergrößern und zudem im Frühling langlebiger machen würden.

"Die Modellprognosen legen nahe, dass die anthropogenen H2-Emissionen die Erholung der Ozonschicht wesentlich verzögern könnten, die als Resultat aus der Regulation der Flurchlorkohlenwasserstoffe erwartet wird", schreiben die Wissenschaftler.
Entwicklung der Technologie längst nicht abgeschlossen
Verfechter der Energiegewinnung auf Wasserstoffbasis können dennoch aufatmen. Denn zum einen könnten einige Faktoren diese Effekte aufheben, wie die Wissenschaftler weiter schreiben: darunter die allmähliche Abnahme an Flurchlorkohlenwasserstoffen sowie eine mögliche Wasserstoff-Absorption durch den Boden.

Zum anderen ist die Entwicklung der Technologie längst nicht abgeschlossen. Und wenn Gewinnung und Transport von Wasserstoff weiter optimiert werden, kommt es möglicherweise erst gar nicht zu den prognostizierten H2-Emissionen.

Sabine Aßmann, science.ORF.at
->   California Institute of Technology
->   Alles zum Stichwort Wasserstoff in science.ORF.at
->   Alles zum Stichwort Brennstoffzellen in science.ORF.at
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Programmhinweis: "Radiokolleg" zum Thema Wasserstoff
Dem Thema Wasserstoff widmet sich die Sendung "Radiokolleg" vom Montag, 23., bis Donnerstag, 26. Juni in Ö1: Unter dem Titel "Ordnungszahl 1: Wasserstoff" befassen sich Thomas Schaller und Robert Weichinger jeweils um 9.05 Uhr mit dem vielseitigen Element.
->   Radio Österreich 1
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01.01.2010