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Signalumwandlung im Ohr: Rezeptor identifiziert  
  Für andere Sinne wie Sehen, Riechen oder Tasten ist längst im Detail geklärt, wie die Umwandlung von mechanischen Reizen in elektrische Signale auf molekularer Ebene erfolgt. Ausnahme war bislang das Ohr. Nun haben deutsche Entwicklungsbiologen ein für die dortige Signalumwandlung verantwortliche Rezeptor-Molekül entdeckt - und liefern damit auch gleich Hinweise auf dessen evolutionsgeschichtliche Entwicklung.  
Lange hat man nach dem Rezeptor bereits gefahndet, die Forscher vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen und für medizinische Forschung in Heidelberg haben ihn nun entdeckt - bei Untersuchungen am Zebrafisch, wie sie in "Science" berichten.
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Der Artikel "NompC TRP Channel Required for Vertebrate Sensory Hair Cell Mechanotransduction" ist als Online-Vorabpublikation am 12. Juni 2003 in "Science Express" erschienen und wird in einer der kommenden Print-Ausgaben des Fachmagazins "Science" publiziert (doi:10.1126/science.1084370).
->   Der Originalartikel (kostenpflichtig - pdf-Dokument)
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Wahrnehmung mit Hilfe der Sinne
Wir nehmen die Umwelt mit Hilfe unserer Sinne war. Spezialisierte Rezeptoren in Auge, Haut oder Zunge ermöglichen es uns, Licht, Berührung, Schmerz oder Kälte zu registrieren. All diese Sinne beruhen auf der Umwandlung eines Reizes in ein elektrisches Signal, das dann an das Gehirn weitergeleitet wird.

Interessanterweise verwenden viele dieser sensorischen Rezeptoren den gleichen Typ von Ionenkanälen, die transient receptor potential channels oder TRP-Kanäle, für die Umwandlung des Signals.

Ionenkanäle sind Proteine, die in der Zellmembran winzige Poren bilden und selektiv kleine Moleküle in die Zelle einströmen lassen. Je nach Stimulus werden diese Kanäle reguliert bzw. geöffnet. Für das Ohr jedoch waren diese molekularen Grundlagen bislang ungeklärt.
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Reize und Signale: Was passiert genau im Ohr?
Mechanische Reize wie Schall oder Bewegung werden zunächst über spezialisierte Rezeptoren im Innenohr, die so genanten sensorischen Haarzellen wahrgenommen: Diese Zellen verfügen an ihrer Oberfläche über mit winzigen Härchen besetzte Fortsätze. Werden die Härchen (durch Schall oder Bewegung) verbogen, so strömen Ionen in die Zellen ein und die mechanische Energie wird in elektrische Signale umgewandelt. So weit war der Mechanismus bereits bekannt.
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Neuartiger Kanal - keine Entsprechung?
Im Jahr 2000 identifizierten schließlich amerikanische Wissenschaftler einen neuartigen TRP-Kanal, der im liebsten Modellorganismus der Genetiker, der Fruchtfliege für den Tastsinn benötigt wird.

Doch in den Genom-Datenbanken fand man kein entsprechendes Gen bei höheren Tieren - was darauf hindeutete, dass dieser besondere Kanal mit dem Namen NompC möglicherweise nur in wirbellosen Tieren, wie Wurm oder Fliege, vorkommt.
Entsprechender Ionenkanal identifiziert
Doch nun ist es den Max-Planck-Forschern gelungen, einen dem NompC-Rezeptor in Wirbeltieren entsprechenden Ionenkanal im Zebrafisch zu identifizieren. Wurde er - und damit auch seine Aktivität - ausgeschaltet, so führte dies bei Zebrafischlarven zu Taubheit.

Elektrische Ableitungen, die an sensorischen Haarzellen von Zebrafischen durchgeführt wurden, zeigten zudem, dass NompC tatsächlich für die Umwandlung eines mechanischen Reizes benötigt wird.
Zebrafisch-Larve unter dem Elektronenmikroskop
 
Bild: Max-Planck-Institut fuer Entwicklungsbiologie

Elektronenmikroskopische Aufnahme einer fünf Tage alten Zebrafisch-Larve. Zwei Cluster mit Haarsinneszellen des Seitenlinienorgans sind oberhalb des Mauls und weitere Cluster in der Nähe der Augen zu sehen. Fische und Amphibien benutzen das Seitenlinienorgan, um Bewegungen im Wasser zu registrieren.
Entwicklungsgeschichtlich verwandter Ionenkanal
Damit sei es den Wissenschaftlern gelungen nachzuweisen, dass die Wahrnehmung von mechanischen Reizen bei niederen wie bei höheren Tieren von einem entwicklungsgeschichtlich verwandten Ionenkanal, NompC, gesteuert werde, meldete das Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in einer Aussendung.

"Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass dieses spezielle sensorische System bereits in einem gemeinsamen Vorfahren von Gliederfüßlern und Wirbeltieren ausgebildet wurde."
->   Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie
->   Max-Planck-Institut für medizinische Forschung
Mehr rund um die Sinne in science.ORF.at:
->   Sehsinn: Forscher entdecken essenzielles Protein (7.3.03)
->   Die Signalwege der Geschmacksverarbeitung (11.2.03)
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->   Der Mann, der mit den Händen sehen konnte (13.11.02)
 
 
 
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01.01.2010