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Rekombinant hergestellte Blutgerinnungsfaktoren
Gastbeitrag von Albert Karsai, dialog<>gentechnik
 
  Hämophilie (Bluterkrankheit) ist eine der bestuntersuchten Erbkrankheiten der Menschheit. Aufgrund eines vererbten Gendefekts wird einer der benötigten Faktoren der Blutgerinnungskaskade nicht oder nur in sehr geringer Konzentration vom Körper produziert. Die Folge sind lebensbedrohliche Blutungen bei ansonst harmlosen Verletzungen.  
Nur Männer betroffen
Da der Gendefekt an das X-Chromosom gekoppelt ist, zeigt sich die Krankheit ausschließlich bei Männern (deren defektes X-Chromosom nicht durch ein zweites gesundes X-Chromosom kompensiert werden kann). Man unterscheidet die Hämophilie A (Faktor VIII - Mangel) von der Hämophilie B (Faktor IX - Mangel). Von der Hämophilie A ist durchschnittlich jeder 10.000 männliche Neugeborene betroffen, von der Hämophilie B jeder 25.000.

Die Blutgerinnungskaskade ist eine Kettenreaktion biochemischer Prozesse, an deren Verlauf eine Vielzahl von Substanzen (Faktoren) beteiligt sind. Fehlt einer dieser Faktoren, ist die Kettenreaktion unterbrochen oder verlangsamt und die Blutgerinnung bleibt aus.
Ein biotechnologisches Erfolgsmodell
Bevor man die benötigten Gerinnungsfaktoren mittels rekombinanter Zellen herstellen konnte, mussten die wertvollen Blutbestandteile aus dem Blut gesunder Personen gewonnen werden. Bei der geringen Konzentration, in der diese Blutbestandteile vorliegen ist dies ein mühseliger und kostspieliger Prozess.
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Rekombinante Zellen
Bei dieser Methode bedient man sich tierischer Zell-Linien, denen das menschliche Gen für das entsprechende Protein eingesetzt wurde. In Folge produzieren diese Zellen in riesigen Fermentationstanks das menschliche Protein, welches anschließend gewonnen und aufgereinigt wird. Neben dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit erhöht sich auch die Sicherheit für den Patienten: Eine Kontamination mit gefährlichen Krankheitserregern wie HIV oder Hepatitis aus verseuchten Blutkonserven wird damit verhindert.
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Gentechnologie: Nicht alle Erwartungen erfüllt
Mit der Einführung des weltweit ersten gentechnisch hergestellten Faktor VIII - Präparats im Jahr 1992 durch die Firma Baxter hat sich die Behandlung dieser lebensbedrohlichen Erkrankung entscheidend weiterentwickelt. Der rekombinante Faktor VIII wurde zu einem der erfolgreichsten Biotech-Präparate überhaupt.

Dennoch arbeitet man bei Baxter bereits an neuen Konzepten, wie Prof. Dr. Friedrich Dorner, der Leiter des Bereichs BioSciences erläutert: "Die Gentechnologie hat vieles bewegt, aber auch bei weitem nicht alle Erwartungen erfüllt, die man in sie gesetzt hat. Speziell auf dem Gebiet der Gentherapie ist die Wissenschaft einiges schuldig geblieben. Deshalb arbeiten wir schon an der nächsten Generation von oral verabreichten Hämophiliepräparaten. Künstliche Gerinnungsfaktoren sollen den fehlenden Teil der Blutgerinnungskaskade ersetzen und so die Blutungen stoppen. Durch den Wegfall der unangenehmen Injektionen soll den Patienten die Behandlung entscheidend erleichtert werden."
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Gentherapie
Bei der Gentherapie versucht man das defekte Gen im Körper durch ein gesundes Gen zu kompensieren. Zu diesem Zweck bedient man sich zumeist bestimmter Viren, in deren Erbgut das therapeutische menschliche Gen eingeschleust wurde. Auch wenn es nach Versuchen mit Patienten Anlass zur Hoffnung gibt, ist eine kommerzielle Therapie noch in weiter Ferne.
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->   Hämophilie (medicine worldwide)
->   Weitere Beiträge zumThema "Gentherapie" in science.ORF.at
->   Weitere Beiträge zumThema "Blutgerinnung" in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010