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Forderungen der BürgerInnenkonferenz liegen vor  
  Die in Österreich erstmals durchgeführte "BürgerInnenkonferenz" hat am Montag ihre Empfehlungen zum Thema "Genetische Daten: woher, wohin, wozu?" präsentiert. So werden etwa Freiheitsstrafen bei schwerwiegenden Übertretungen von Datenschutzbestimmungen gefordert. Wenn es bei Patienten Anzeichen für eine schwere genetische Erkrankung gibt, sollte auf Kosten der Sozialversicherung verpflichtend ein Psychologe oder Sozialarbeiter hinzugezogen werden, fordern die Teilnehmer der Konferenz weiters.  
Die Empfehlungen sollen nun an die verantwortlichen Politiker weitergegeben und auch allen Interessierten via Internet zugänglich gemacht werden.
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Bewährtes Bewertungs-Instrument neuer Technologien
Bei der ersten Konsensuskonferenz, ein in Dänemark oder der Schweiz bereits etabliertes Instrument zur Bewertung neuer Technologien durch Laien, haben sich elf ausgewählte Bürger in mehreren Wochenendsitzungen in das Thema eingearbeitet und Experten dazu befragt.

Ihre Empfehlungen haben sie in die Kapitel "Information, Beratung, Bewusstseinsbildung", "Forschung", "Datenschutz und Recht" sowie "Ethik" zusammengefasst.
->   Hintergrund der BürgerInnenkonferenz
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Bürger: Bewusstsein erzeugen, Gesetzeseinfluss
Die elf Bürger und Bürgergerinnen erhoffen sich vom Ergebnis ihrer Arbeit, dass damit Bewusstsein bei Ärzten, medizinischem Personal und anderen Betroffenen zum sensiblen Umgang mit genetischen Daten erzeugt und in Gesetze einfließen werde.

Zudem sollte es mehr Informationen für die Bevölkerung zu diesem brisanten Thema geben, etwa über die Medien.
Forschungsrat hält Konferenz für geglückt
Ihre Empfehlungen wurden nun dem Vorsitzenden des Rats für Forschung und Technologieentwicklung (RFT), Knut Consemüller, übergeben, der sich dafür aussprach, die "BürgerInnenkonferenz" zu einem fixen Instrument bei der Behandlung brisanter Themen zu machen. Er bezeichnete die Konferenz als "geglückt".
Höchstmöglicher Standard für Datenschutz
Für den Datenschutz im Gesundheitsbereich ist nach Ansicht der "BürgerInnenkonferenz" der "höchstmögliche Standard" anzustreben. Empfehlenswert wäre in diesem Zusammenhang die Modernisierung der Datenerhaltungssysteme und der IT-Infrastruktur.

Im gesamten Gesundheitssystem sollte aktiv eine Schulung des ärztlichen und nichtärztlichen Personals hinsichtlich Datenschutz erfolgen. Um notwendige stichprobenweise Kontrollen bei den Datenhaltern durchführen zu können, sollte die Datenschutzkommission als externes staatliches Kontrollorgan materiell und personell angemessen ausgestattet werden.
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Haftstrafen, Berufsverbote bei Datenmissbrauch
"Um das Bewusstsein für die Wichtigkeit des Datenschutzes zu erhöhen und Missbräuchen vorzubeugen, sollten schwerwiegende Übertretungen von Datenschutzbestimmungen auf allen hierarchischen Ebenen streng gerichtlich bestraft (Freiheitsstrafen) werden. Darüber hinaus sollten in sehr schwerwiegenden Fällen Berufsverbote und der Entzug von Berechtigungen erwogen", heißt es in den Empfehlungen.
->   Die komplette Stellungnahme der BürgerInnenkonferenz (www.innovatives-oesterreich.at)
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Gegen zentrale Datenbank für Gesundheitsdaten
Medizinische Daten sollten in dezentralen Datenbanken gespeichert werden, es sollte keine zentrale große Datenbank für Gesundheitsdaten eingerichtet werden.

Das System der Erfassung und Speicherung genetischer Daten durch das Bundeskriminalamt (Stichwort "Genetischer Fingerabdruck") ist nach Ansicht der "BürgerInnenkonferenz" korrekt und berücksichtigt den Datenschutz in ausreichendem Maße.
Zu hohe Altersgrenze für Gen-Untersuchungen
Die derzeitige Altersgrenze von 18 Jahren, um eine genetische Untersuchung verlangen zu können, erscheint den "Bürgern" - vor allem bei Schwangerschaft und hoher Wahrscheinlichkeit einer schwerwiegenden Erbkrankheit - als zu hoch angesetzt. Sie empfehlen, diese Altersgrenze zu prüfen.
Selbsthilfegruppen unterstützen, auf Menschen hören
Die "Meinungsvielfalt durch unterschiedliche ethische Positionen zu Fragen der Genetik, wie sie durch die Ethikkommissionen repräsentiert wird", wird von der "BürgerInnenkonferenz" begrüßt. Bemühungen von gesellschaftlichen Gruppen wie Selbsthilfegruppen, die Bevölkerung über den ethischen Aspekt von Themen der Genetik zu informieren, sollten aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden.

"Darüber hinaus empfehlen wir der Bundesregierung, nicht nur wissenschaftliche Positionen, sondern auch die Sichtweisen der betroffenen Menschen zu hören", heißt es in den Empfehlungen.
Sozialversicherung soll Psychologen zahlen
Wenn es Anzeichen für eine schwere genetische Erkrankung gebe, sollte zudem verpflichtend - auf Kosten der Sozialversicherung - ein Psychotherapeut, Psychologe oder Sozialarbeiter bei der Information des Patienten anwesend sein, fordern die Teilnehmer der Konferenz.
Ärztliche Schweigepflicht beibehalten
Bei der Information wollen die "Bürger" nicht an der ärztlichen Schweigepflicht rütteln. Sie regen jedoch an, im Zuge der Information über eine genetische Erkrankung den Patient sehr eingehend darüber zu informieren, was die Diagnose für seine genetischen Verwandten bedeuten könne. Ob er diese informieren wolle, bleibe aber ihm alleine vorbehalten.
Staatspflicht auf Information und unabhängige Forschung
Als "Verpflichtung des Staates" sehen die Konferenzteilnehmer, die Bevölkerung breit und nachhaltig über Chancen und Risiken der Humangenetik zu informieren, und zwar bereits ab der Schule. Die staatliche Finanzierung der unabhängigen Forschung, insbesondere auf dem Gebiet der Genetik, halten "die Bürger" für unverzichtbar, da die wirtschaftliche beeinflusste Forschung möglicherweise in eine ethisch bedenkliche Richtung gehen könnte".
Massenscreenings unter Bedingungen

Massenscreenings zu wissenschaftlicher Forschung sollen prinzipiell nicht unterbunden werden. Es müsse aber vor der Datengewinnung genaue Infos über Konsequenzen geben, die Teilnahme müsse freiwillig sein und der Datenschutz müsse auf höchstem Standard gewährleistet werden.
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Die Arbeitsgruppe zur BürgerInnenkonferenz
Ulrike Felt, Professorin für Wissenschaftsforschung an der Uni Wien
Karl Kuchler, Molekularbiologe am Biozentrum Wien
Barbara Streicher, Molekularbiologin und Leiterin der Koordinationsstelle von dialog<>gentechnik
Helge Torgersen, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung der ÖAW im Bereich Biotechnologie und Medizintechnik.
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Wissenschaftlicher Beirat
Sergio Bellucci, Leiter des Zentrums für Technologiefolgen-Abschätzung TA SWISS beim Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierat in Bern
Oskar A. Haas, Leiter des Labors im St. Anna Kinderspital
Sonja Hammerschmid, Abteilungsleiterin der Abteilung
Technologie und Innovation Austria Wirtschaftsservice GmbH.
Ulrich Körtner, Vorstand des Instituts für Systematische Theologie der Universität Wien, Vorstand des Instituts für Ethik und
Recht in der Medizin der Universität Wien, Bioethikkommission des österreichischen Bundeskanzlers
Monika Maier, Geschäftsführerin der "Selbsthilfe Kärnten"
Simone Mesner, Wissenschaftsattaché Ständige EU-Vertretung Brüssel
Katharina Wimmer, seit 1997 am Institut für Medizinische
Biologie der Medizinischen Fakultät der Universität Wien, auf dem Gebiet der humangentischen Forschung und Krebsforschung
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->   www.innovatives-oesterreich.at
->   dialog<>gentechnik
->   Mehr über die Konferenz in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010