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Spinnenmännchen stirbt plötzlichen Tod beim Sex  
  Im Tierreich finden sich eine Menge kurioser Geschichten rund um die Paarung - und nicht immer geht es dabei sehr liebevoll zu. Bekannt sind etwa die kannibalistischen Neigungen mancher Insekten, die nach der Paarung ihre meist widerstrebenden Partner fressen. Noch bizarrer mutet allerdings das Beispiel einer Spinnenart an: Die Männchen sterben nur wenige Minuten nach der Besamung - ohne Zutun der Weibchen am genetisch programmierten Herztod.  
Während bzw. kurz nach der Paarung sterben die Männchen der schwarz-gelben Gartenspinne Argiope aurantia einen äußerst plötzlichen Tod, wie Zoologen der Concordia-Universität in Montreal (Kanada) in den "Proceedings" der Londoner Royal Society berichten.
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"Spontaneous male death during copulation"
Der Artikel "Spontaneous male death during copulation in an orb-weaving spider" erscheint in den "Proceedings of the Royal Society of London B, Biology Letters" am 25. Juni 2003 (DOI: 10.1098/rsbl.2003.0042).
->   "Proceedings B, Biology Letters"
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Herzstillstand nach spätestens 15 Minuten
Innerhalb weniger Sekunden, nachdem die Spinnenmännchen ihren Samen in das Weibchen gegeben haben, verharren sie regungslos, die Beine unter ihrem Körper gefaltet. Nach spätestens 15 Minuten tritt laut den Beobachtungen der Forscher der Tod durch Herzstillstand ein.
Tödliche Paarungen im Tierreich
Tatsächlich endet die Paarung im Tierreich für Männchen mehrerer Arten tödlich. Beispiele für diesen so genannten "sexuellen Kannibalismus" sind vor allem von Spinnen und Gottesanbeterinnen bekannt.

In vielen Fällen versuchen die Männchen allerdings, den undankbaren Weibchen zu entkommen. Nur bei wenigen Arten lässt sich das Männchen mehr oder weniger wehrlos verspeisen.
Zur Maximierung des eigenen Fortpflanzungserfolges
Die Gründe für dieses Verhalten erklären Biologen meist mit dem Terminus des "reproductive investment": Nach den Gesetzen der Soziobiologie tendiert jedes Individuum zur Maximierung seines (genetischen) Fortpflanzungserfolges.

In Fall des sexuellen Kannibalismus "opfert" sich das Männchen - ob ganz freiwillig, oder nicht - als Nährstofflieferant für den eigenen Nachwuchs.

Auch Spinnenweibchen zeigen sich bisweilen ähnlich opferbereit und lassen sich von ihren eigenen Jungen verspeisen: Die australische Krabbenspinne Diaea ergandros bereitet sich auf diesen kannibalischen Akt ganz besonders vor. Sie wird noch ein zweites Mal trächtig - und damit besonders nahrhaft.
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Bild: Corbis
Bekanntes Beispiel: Die Gottesanbeterin
Der Name Gottesanbeterin rührt von der Lauerstellung der Insekten her, ihre vorgestreckten Fangbeine wurden im Christentum mit gefalteten Händen assoziiert. Aus dieser unbeweglichen Lauerstellung kann die Gottesanbeterin allerdings blitzschnell zuschnappen und ihre Beute fassen. Bei fast allen Arten haben die Weibchen die viel kleineren Männchen "zum Fressen gern". Nach und sogar schon während der Paarung verschlingen sie ihren Partner - dabei wird der Begattungsvorgang nicht unterbrochen -, um genug Nährstoffe zur Eiproduktion zu haben.
->   Feature-Sammlung zu Kannibalismus im Tierreich in www.g-o.de
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Genetisch vorprogrammierter Tod
Die Forscher Matthias Foellmer und Daphne Fairbairn haben nun an der schwarz-gelben Gartenspinne erstmals beobachtet, dass Männchen auch ohne die Mithilfe ihrer Weibchen bei der Paarung sterben, wie sie in den "Proceedings" berichten.

Der plötzliche Tod ist demnach genetisch programmiert - und wird bei den Spinnen durch die Paarung ausgelöst.
Totes Männchen versperrt Konkurrenten den Weg
Bild: Corbis
Eine Gartenspinne in ihrem Netz
Die nur sieben Millimeter großen Männchen legen demnach ihre Spermien mit Hilfe ihrer Tastorgane in den Befruchtungsgang der vier Mal größeren Weibchen - um dann dem Herztod zu erliegen.

Das Tastorgan schwillt jedoch im Weibchen an, dadurch bleibt das tote Männchen im Weibchen hängen und versperrt Konkurrenten den Zugang.

Nur in wenigen Fällen gelingt es einem Nebenbuhler, das Weibchen von dem toten Gatten zu befreien. Erst nach etwa 20 Minuten entfernt das Weibchen den Verblichenen dann selbst.
Kein Nährstofflieferant, sondern Hindernis für Konkurrenz
Die beiden Zoologen erklären sich dieses Phänomen nicht damit, dass der Körper des Männchens als Nährstofflieferant dient - schließlich sind die Männchen der Argiope aurantia lediglich ein Viertel so groß wie ihre Paarungspartnerinnen.

"Bei Argiope aurantia ist ein solcher Effekt möglich, aber es handelt sich vermutlich nicht um einen Hauptfaktor, bedenkt man die kleine Größe der Männchen um Vergleich zu den Weibchen", schreiben die Forscher.

Die Vermutung der Wissenschaftler: Durch ihren Tod verlängern die Männchen den Kopulationsvorgang und verringern die Wahrscheinlichkeit, dass das Weibchen sich mit einem neuen Partner paart.
Beispiel für eine "opportunistischen Paarung"
Die Biologen sprechen in diesem Zusammenhang vom "opportunistic mating" - der "opportunistischen Paarung", in deren Zusammenhang sich der spontante Tod des Spinnenmännchens im Laufe der Evolution entwickelt habe.
Artikel rund um die tierische Fortpflanzung in science.ORF.at:
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01.01.2010