News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Technologie 
 
Strategien zur Staubverringerung beim Rohstoff-Abbau  
  Rund 2,7 Milliarden Tonnen mineralischer Rohstoffe werden jährlich in Europa abgebaut, etwa die Hälfte davon mittels Bohrungen und Sprengungen. Zwischen zehn und 15 Prozent dieses abgebauten Materials sind nicht verwendbar, da es für die Weiterverarbeitung zu fein ist. Damit müssen etwa 270 Millionen Tonnen Staub entsorgt werden - ein Problem, das sich auch finanziell mit Kosten von einer Billion Euro pro Jahr stellt. Vor allem durch eine innovative Sprengtechnik will nun ein internationales Wissenschaftlerteam unter Leitung der Montanuniversität Leoben das anfallende Feinmaterial bereits bei der Gewinnung um 50 Prozent reduzieren.  
Bei der Sprengarbeit für die Mineralrohstoffgewinnung entsteht sehr viel Staub mit einer Korngröße von zehn bis 20 Millimetern - was nicht nur die Vergeudung begrenzter Ressourcen, sondern auch eine enorme Umweltbelastung bedeutet.
Eine Tonne Staub pro Jahr und Europäer
Denn umgerechnet auf die Einwohnerzahl Europas kommt jährlich auf jeden Europäer eine Tonne dieses feinen Staubs, der für die Produktionsindustrie wertlos ist und deponiert werden muss.

Der Einsatz von 40 000 Tonnen an Sprengmitteln verursacht zudem entsprechende Vibrationen und Lärmemissionen.
Problem Sprengtechnik
Bei Sprengstoffen und Zündmitteln ist heute bereits ein hoher Entwicklungsstand erreicht, der den Anforderungen der Mineralrohstoff-Gewinnungsindustrie weitgehend gerecht wird. Das Problem liegt damit primär bei der Sprengtechnik.

Genau hier setzt das Projekt LESS FINES an: Ziel der Forscher ist es, die Sprengtechnik derart weiterzuentwickeln, dass die Körnung des Gesteins für die folgende Weiterverarbeitung optimiert wird - und gleichzeitig möglichst wenig Feingut (unter 50 Millimeter) übrig bleibt.
->   Informationsdienst Sprengtechnik
...
"Less Fines Production In Minerals Industry"
Das größte Forschungsprojekt der EU im Rohstoffbereich "Less Fines Production In Aggregate And Industrial Minerals Industry" mit einem Gesamtbudget von 4,5 Millionen Euro wird vom Institut für Bergbaukunde der Montanuniversität Leoben koordiniert. Beteiligt sind Sprengstoffhersteller aus Norwegen und Spanien, Rohstoffproduzenten sowie vier Forschungsinstitute aus Schweden, Frankreich, Spanien und Österreich.
->   Institut für Bergbaukunde, Montanuniversität Leoben
...
Entscheidend: Bruchcharakteristik der Gesteine
Bei der Zerkleinerung des Gesteins mit Hilfe der Sprengtechnik wird - wie die Wissenschaftler herausfanden - die Art und Weise des Zerbrechens von der natürlichen Bruchcharakteristik, einer Materialeigenschaft des Gesteins, bestimmt.

Das bedeutet nichts anderes als dass Gesteine weitgehend unabhängig von der Art der Zerkleinerung nach einer bestimmten natürlichen Regelmäßigkeit (was die Größe der entstehenden Körner betrifft) zerbrechen.
Prüfverfahren bestimmen diese Materialeigenschaft
Um diese Gesetzmäßigkeit für die Sprengtechnik zu nutzen, entwickelten die Forscher eigene Prüfverfahren, die es ermöglichen, anhand von Gesteinsproben diese Materialeigenschaft für den kritischen Bereich der Körnung unter 50 Millimeter vorherzubestimmen.
Sprengungsenergie beeinflusst Zerkleinerungsergebnis
Sehr überraschend für das Wissenschaftlerteam war allerdings die Erkenntnis, dass mit der - über die Sprengstoffmenge - eingebrachten Energie die Körnung des gesprengten Gesteins in Richtung fein oder grob verändert werden kann.

Denn die umfangreichen Messungen bei den Rohstoffproduzenten zeigten, dass nur wenige Prozente der Energie im Sprengstoff in nutzbare Zerkleinerungsenergie umgesetzt werden.

Der Rest fließt in Erschütterung, Lärm, kinetische und potentielle Energie. Diese wenigen Prozente bestimmen dennoch sehr direkt das Zerkleinerungsergebnis.
Dichte des Sprengstoffes wird variiert
Mit Hilfe einer neu entwickelten Technologie kann nun über die Variation der Dichte des Sprengstoffes, der in die Bohrlöcher geladen wird, die eingebrachte Sprengenergie exakt an das zu zerkleinernde Gestein angepasst werden.

Damit lassen sich Großblöcke bei der Sprengarbeit reduzieren, und das Gestein wird, was die Verteilung der Größe der Körner betrifft, gleichförmiger zerkleinert. Auf diese Weise kann dann das gesamte Spektrum der Korngrößenverteilung in Richtung gröberen Materials verschoben werden.
...
Zeitlich exakte Steuerung der Zündung
Eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung der "LESS FINES Strategie" in den Betrieben soll auch die zeitlich exakte Steuerung der Zündung der Sprengladungen durch elektronische Zünder spielen. Von dieser neuen Generation von Sprengzündern, die im Millisekundenbereich genau zünden, erwarten die Forscher eine größere Regelmäßigkeit des Sprengungsablaufs.

Neben der gleichmäßigeren Körnung des gesprengten Gesteins und damit der weiteren Verringerung des Feingutes können dadurch auch die Sprengerschütterungen verringert werden.
...
Forschungsergebnisse bei Rohstoffproduzenten implementiert

Im letzten Projektjahr werden nun die bisherigen Forschungsergebnisse bei den teilnehmenden Rohstoffproduzenten umgesetzt.

Die ersten Ergebnisse dieser Implementierung werden im kommenden September vorliegen. Präsentiert werden sollen sie bei der 2. Internationalen Weltkonferenz für Sprengtechnik im September 2003 in Prag.

Silvia Anner
->   EFEE 2nd World Conference on Explosives and Blasting
->   European Federation of Explosives Engineers
->   www.innovatives-oesterreich.at
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Technologie 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010