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Erste 3-D-Struktur aus unterschiedlichen Nanokristallen  
  Komplett neue Materialien zu schaffen, mit magnetischen, elektrischen oder optischen Eigenschaften nach Wunsch oder nach Bedarf: das ist eines der Ziele der Nanotechnologie. US-Forschern ist nun ein wichtiger Schritt in diese Richtung gelungen.  
Sie haben erstmals zwei unterschiedliche Nanokristalle zu einer dreidimensionalen Superstruktur kombiniert, die die Eigenschaften der beiden Bestandteile vereint.

Das - noch ferne - Ziel: die präzise und energieschonende Selbstanordnung von Materie zu Materialstrukturen, die Eigenschaften aufweisen, die auf andere Weise nicht hergestellt werden können.
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Die Studie ist unter dem Titel "Three-dimensional binary superlattices of magnetic nanocrystals and semiconductor quantum dots" in "Nature" (Bd. 423, S. 968, Ausgabe vom 26. Juni 2003) erschienen.
->   "Nature"
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Supergitter als Metamaterial?
Franz Redl vom Institut für Angewandte Physik der Columbia University und sein Forscherteam haben zwei verschiedene Arten von Nanokristallen miteinander kombiniert und ein gemeinsames Supergitter erhalten.

Die Struktur besitzt die Eigenschaften seiner beiden Ingredienzien. Das könnte zu den gewünschten "Metamaterialien" führen: Substanzen, die aus zwei oder mehreren Nanokristallen bestehen und über sehr genau definierte Eigenschaften verfügen.
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Metamaterialien
Metamaterialien sind Verbundmaterialien aus Metall und einem anderen Stoff, die ungewöhnliche - in der Natur nicht vorhandene - elektromagnetische Eigenschaften aufweisen.
->   Mehr über Metamaterialien
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Selbstanordnung von Eisenoxid und Blei-Selenid
Bild: IBM
Das Supergitter aus Blei-Selenid (rot) und Eisenoxid (blau).
Theoretisch vorhergesagt wurden diesen neuen Strukturen bereits sehr lange, in der Praxis haben sie sich aber als sehr schwierig herzustellen und vergänglich herausgestellt. Redl und sein Forscherteam beschreiben in "Nature" nun die Selbstanordnung von zwei Arten von Nanokristallen: Eisenoxid und Blei-Selenid.

Ausgesucht wurden die Materialen aufgrund ihrer komplementären Eigenschaften. Blei-Selenid (PbSe) ist ein Halbleiter, der bei Infrarot-Detektoren und Thermo-Imaging eingesetzt wird. Das Eisenoxid (Fe2O3) ist vor allem aus dem Bereich der magnetischen Speichermedien bekannt.
Durchmesser von sechs bzw. elf Nanometer
Als erstes galt es die Nanopartikel herzustellen - ihre Größe wurde auf Basis des mathematischen Ideals der Struktur berechnet. Das ergab für die Eisenoxid-Teilchen einen Durchmesser von elf Nanometer, für die Blei-Selenid-Teilchen (Halbleiter-Quantenpunkte) einen von sechs Nanometer.

Die Eisenoxid-Partikel bestanden aus etwa 60.000 Atomen, die Blei-Selenid-Partikel aus etwa 3.000.
Konsistente Eigenschaften, vorhersagbares Verhalten
Danach wurden jene experimentellen Bedingungen hergestellt, die es den Nanopartikeln ermöglichten, sich selbst in dreidimensionalen, stets wiederkehrenden Strukturen anzuordnen.

Diese "Kristallstrukturen" verfügen im Gegensatz zu zufällig angeordneten Nanoteilchen über konsistente Eigenschaften und dadurch voraussagbare Verhaltensweisen.
Binäres Supergitter
 
Bild: IBM

Eine Ansammlung von Eisenoxid-Teilchen (blau, auch: Maghemite genannt) und kleineren PbSe-Quantenpunkten (rot), die beginnen, in einer organischen Lösung zu interagieren und sich zu organiseren (links) und schließlich zu einem binären Supergitter kristallisieren (rechts).

Jede Zelle des hergestellten Supergitters besteht aus acht magnetischen Eisenoxid - und aus 104 halbleitenden Blei-Selenid-Nanokristallen - ungefähr 4,5 Millionen Atomen.

Jedes Kristall kann mit Nachbarteilchen interagieren, die sich weniger als zwei Nanometer entfernt befinden. Die Selbstanordnung behält die magnetischen Eigenschaften des Eisenoxids und die optischen der Quantenpunkte.
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Nanotechnologie
Methoden zur Herstellung von molekularen Maschinen und Computern, deren Größenordnung im Nanometerbereich (1 nm = 10 hoch minus 9 m) liegt. Die Umsetzung ist bisher nur in Ansätzen gelungen. Die Nanotechnologie basiert zu einem Großteil auf der supramolekularen Chemie, die sich mit der Synthese und der molekularen Handhabung komplexer, hochmolekularer Aggregate befasst.
->   Nanotechnologie für die praktische Anwendung (29.10.01)
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Prinzip bekannt, aber nicht so
Die spontane Selbstanordnung ähnlicher Teilchen ist schon lange bekannt, bei den Forschungen von Redl und seinem Team haben sich aber erstmals zwei Bestandteile in drei Dimensionen in diesem Maßstab gebildet, berichtet "Nature".

Nach Angaben eines beteiligten Wissenschaftlers können mit der neuen Technik "beinahe alle Materialien" zusammengefügt werden.
Anwendungen: Ideales Material, Quantencomputer
Die möglichen Anwendungen der zukünftigen Materialien seien mannigfaltig - und reichen von Substanzen mit idealen magnetischen oder optischen Eigenschaften bis zur Realisierung von Quantencomputern.

"Dabei hat es sich um die Demonstration der Möglichkeit gehandelt, solche Materialien herstellen zu können," meinte Stephen O'Brien, ein Forscher des Advanced Materials Research Institute der University of New Orleans.

Was die Kombination der Eigenschaften betrifft, befände man sich noch auf "unbekanntem Gebiet". Dies sei nun die Aufgabe der Zukunft.
->   Department of Applied Physics, Columbia University
->   Advanced Materials Research Institut, University of New Orleans
->   Mehr zum Thema Nanotechnologie in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010