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Forschungsförderung: Streit um Umstrukturierung  
  Heftige Diskussion über die geplante Umstrukturierung der Forschungsförderung: die Fördereinrichtungen sollen auf Wunsch des Infrastrukturministeriums zusammengeführt werden - auch die beiden großen Fonds FFF und FWF. Diese wollen zwar verstärkt kooperieren, von einer möglichen Zusammenlegung aber nichts wissen. Laut einem Zeitungsbericht wird jedoch bereits konkret eine ForschungsGmbH geplant, die als Dachgesellschaft unter anderem FFF und FWF umfassen soll.  
Änderungen erst nach Evaluierung?
Noch ist es nicht soweit: Infrastrukturminister Hubert Gorbach (FPÖ) habe zugesichert, dass Strukturänderungen in der Forschungsförderungslandschaft erst nach Vorliegen der internationalen Evaluierung des FWF und des Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft (FFF) durchgeführt würden.

Das erklärte der Präsidenten des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), Georg Wick, am Mittwoch bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Geschäftsführer des Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft (FFF), Günter Kahler.
Gorbach bekräftigt Pläne zur Zusammenführung
Infrastrukturminister Gorbach hat nun allerdings - ebenfalls am Mittwoch - in einer Aussendung bestätigt, in seinem Bereich "die Förderstrukturen zu einer einheitlichen, effizienten Organisation zusammenführen" zu wollen. Dazu zählen unter anderem FFF und FWF.

Der Infrastrukturminister beruft sich dabei auf Empfehlungen des Rats für Forschung und Technologieentwicklung und einen bisher unveröffentlichten Rohbericht des Rechnungshofes über die Prüfung der beiden Fonds.

Die Autonomie bei der Vergabe der Fördermittel hinsichtlich der Grundlagenforschung müsse dabei aber unangetastet bleiben und diese auch weiter über ein eigenes Budget verfügen, so Gorbach.
->   Mehr dazu: Rechnungshofkritik - Fonds warten Evaluation ab (30.5.03)
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Fonds-Chefs kritisieren mangelnde Kommunikation
Kritik übten die beiden Fonds-Chefs in der Pressekonferenz daran, dass in der bisherigen Strukturdiskussion niemand mit ihnen gesprochen hätte. Wick zeigte sich "nicht reorganisationsunwillig, wenn man mir erklärt, was man besser machen kann". Er sprach sich in diesem Zusammenhang für einen "Runden Tisch für Forschung" aus, an dem neben den zuständigen Ministern auch die Betroffenen teilnehmen sollten.
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Kahler: Strukturreform soll ablenken
Nach Ansicht Kahlers soll die geplante Strukturreform "ablenken von den eigentlichen Themen wie eine langfristige Finanzierungssicherheit für die Fonds". Vor Änderungen müssten auf jeden Fall die Ergebnisse der Evaluierung abgewartet werden.

Kahler betonte, dass der Forschungsrat den Auftrag für die Erarbeitung einer Forschungsstrategie habe. "Gleichzeitig gibt es manche Nicht-Legitimierte, die glauben, dass sie es besser machen können. So wie es jetzt aussieht, werden von Amateuren Sachen in den Raum gestellt, die nicht einmal diskussionswürdig sind", sagte Kahler.

Auf Nachfrage wollte der FFF-Geschäftsführer nicht sagen, wen er damit meint. Die Frage von SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal, der die Pressekonferenz besuchte, ob er dementiere, dass damit Ex-FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf gemeint sei, beantwortete Kahler mit "nein".
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"trend": Martin Graf als ein Geschäftsführer
Laut einem Bericht in der Juli-Ausgabe des Magazins "trend" wird im Infrastrukturministerium (BMVIT) eine ForschungsGmbH geplant, in welcher der FWF, der FFF, die Technologieimpulse GmbH (TIG) und die Austrian Space Agency (ASA) als weisungsgebundene Abteilungen integriert werden sollen.

Einer der beiden Geschäftsführer der Forschungs-Gesellschaft soll demnach der ehemalige Wissenschaftssprecher der FPÖ und nunmehrige Geschäftsführer der aus den Austrian Research Centers (ARC) ausgetöchterten Business Services, Martin Graf, werden.

In einer Aussendung unterstrich Infrastrukturminister Gorbach, dass "nicht an eine operative Einbindung Grafs in eine neue Organisationsstruktur gedacht" sei.
->   "trend"
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FWF spricht von "großen finanziellen Sorgen"
Im Zusammenhang mit dem diesjährigen Budget sprach Wick von "großen finanziellen Sorgen": Durch die kritische Situation an den Universitäten gebe es das unglückliche Zusammentreffen, dass die Unis mehr Drittmittel einwerben müssten, andererseits stünde dem FWF weniger Geld zur Verfügung.

Bei der jüngsten Vergabesitzung hätten auf Grund der Budgetsituation alle Projekte nur bedingt genehmigt werden können. Er, Wick, habe aber positive Signale von der Politik, dass man im Herbst die schwierige Situation bereinigen könne.
"Dramatischer Anstieg" der Ablehnungsquote beim FFF
Auch Kahler verwies auf einen "dramatischen Anstieg" der Ablehnungsquote beim FFF, wobei gleichzeitig die Zahl der Projektanträge immer weiter steige. Nachdem 2002 insgesamt 1.300 Projekte gefördert wurden, habe es heuer bereits 900 Anträge gegeben.
Stärkere Zusammenarbeit vereinbart
Die beiden Fonds haben jedenfalls vereinbart, ihre Zusammenarbeit zu verstärken. So sollen zu zentralen strategischen Themenfeldern gemeinsam akkordierte Förderausschreibungen entwickelt werden. Dafür müsse es aber zusätzliche Budgetmittel geben.
Konzept für ForschungsGmbH nur Diskussionspapier?
Wie konkret die Pläne zur Forschungsgesellschaft sind, lässt sich derzeit nicht abschätzen: Das Konzept zur Zusammenlegung der vier Organisationen FWF, FFF, TIG und ASA scheint allerdings schon recht weit gediehen.

Laut "trend" wurde es unter der Federführung von Andreas Reichhardt aus dem Kabinett des Infrastrukturministers erstellt.

Reichhardt zufolge handelt es sich dabei "nur um ein Diskussionspapier, das intern erst mit dem Minister abgestimmt werden muss".
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Bericht: Vier "Bereichsleiter" statt Geschäftsführer
Geplant ist laut Magazin, die bisherigen Geschäftsführer durch vier Bereichsleiter zu ersetzen, die direkt der - aus zwei Personen bestehenden - Geschäftsführung der ForschungsGmbH verantwortlich sind. Die Budgets aller vier Bereiche sollen zusammengefasst und zentral verwaltet werden.

Die Gesellschaft soll direkt dem Infrastrukturminister unterstellt sein, der den Senat, ein strategisches Beratungsorgan, bestellt, die Generalversammlung der Gesellschaft beschickt, die sechs Aufsichtsratsmitglieder und die Geschäftsführer nominiert.
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Reform schon mit Dezember in Kraft?
Laut "trend" gibt es für diese Pläne einen dichten Zeitplan, der eine Vorlage des Gesetzesentwurfs Ende Juni bzw. Anfang Juli vorsieht. Im Oktober oder November soll die Reform im Nationalrat beschlossen werden und mit Dezember in Kraft treten.
Kritik: Starker Einfluss der Politik auf Forschungsförderung
Kritiker wie der SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal weisen darauf hin, dass die Forschungsförderung bei einer dem BMVIT direkt unterstellten Dachgesellschaft einem sehr starken Einfluss der Politik ausgesetzt sei.

Bei der Förderung von Grundlagenforschung sei der direkte Zugriff besonders gefährlich, so Broukal. Die Politik müsse die Ziele vorgeben und für das Geld sorgen, habe aber in "täglichen Geschäft der Forschungsförderung" nichts verloren. Die geplante Zusammenführung aller Förderungen in einer Hand könne "nur zu schlechteren Ergebnissen" führen.
->   FFF
->   FWF
->   TIG
->   ASA
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Forschungsförderung: FFF gegen Zusammenlegung (11.6.03)
->   Rechnungshof: Forschungskompetenzen bündeln (28.5.03)
->   Forschungsdach: Lob und Kritik für Gehrer-Vorschläge (31.1.03)
 
 
 
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01.01.2010