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AIDS: Antikörper-Entschlüsselung lässt auf Impfstoff hoffen  
  Neues vom Kampf gegen AIDS: Unter Beteiligung österreichischer Forscher wurde der Wirkungsmechanismus eines länger bekannten Antikörpers gegen die HI-Viren entschlüsselt. Das könnte die Chancen für die Entwicklung eines prophylaktischen Impfstoffes gegen die Krankheit erhöhen. Und: Mehrere prominente Forschungslabors in aller Welt haben ein Intensivprogramm zur Suche nach einem AIDS-Vakzin angekündigt.  
Ein internationales Forscherteam, darunter auch Hermann Katinger und Renate Kunert vom Institut für Angewandte Mikrobiologie an der Universität für Bodenkultur in Wien, hat den Mechanismus des Antikörpers "2G12" geklärt.

Wie sie in "Science" berichten, erkennt es das tödliche HI-Virus an seiner charakteristischen Gestalt.
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Die Studie erscheint unter dem Titel "Antibody Domain Exchange Is an Immunological Solution to Carbohydrate Cluster Recognition" in "Science" (Bd. 300, S. 2065, Ausgabe vom 27. Juni 2003).
->   Science
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Keine Prophylaxe bisher ...
Die meisten Versuche, prophylaktische Impfstoffe gegen AIDS zu entwickeln, sind bisher daran gescheitert, dass es nicht zur Bildung von Antikörpern durch das Immunsystem kam, welche die AIDS-Erreger ausreichend stark neutralisieren. Das geschieht, indem sich die Antikörper an die Erreger heften und deren Eindringen in Zellen verhindern. Doch bei HIV ist das schwierig.
... weil HI-Viren Antikörper täuschen
"Ein Gutteil der Oberfläche der Viren ist nämlich mit Zuckermolekülen bedeckt. Das Immunsystem kann sie schwer angreifen, weil diese Zuckermoleküle in den Zellen des Menschen produziert und angehängt werden. Mit anderen Worten sind sie 'Eigenmaterial' und werden von Antikörpern nicht (als 'fremd') erkannt", heißt es in einer Presseaussendung zu der Arbeit.
Ausnahme: Seltenes Immunglobulin "2G12"
Doch Hermann Katinger und sein Team entdeckten schon vor einiger Zeit bei der Suche nach AIDS-neutralisierenden Antikörpern bei einem HIV-Positiven das Immunglobulin "2G12".

Und diese Antikörper sind offenbar in der Lage, HIV-Partikel zu erkennen und an ihnen so zu binden, dass eine weitere Infektion der Zielzellen der AIDS-Erreger (CD4-positive Zellen) verhindert wird.
Genauere Analyse
Daniel A. Clarese vom Scripps-Institute und das internationale Forscherteam analysierten diese Immunglobuline genauer. "Was wir gefunden haben, ist eine für solche Antikörper außergewöhnliche Konfiguration. Dabei interagieren offenbar zwei Fab-Regionen der Antikörper, welche für die Erkennung von Antigenen verantwortlich sind", erklärte Scripp-Wissenschaftler Ian Wilson.
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Antikörper und Fab-Fragmente
Antikörper sehen wie "Gabeln" mit zwei "Zinken" aus. Mit diesen "Zinken" - das sind die genannten Fab-Fragmente - erkennen Antikörper in den Körper eingedrungene Fremdkörper, so auch zum Beispiel Bakterien oder Viren, und binden an ihnen.
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Entscheidendes Glykoprotein 120
 
Bild: Science

Monomer des 2G12 (A), die Struktur eines Dimers (B)

So kommt es offenbar jeweils zu einer Bildung von Dimeren (aus zwei Antikörpern bestehenden Strukturen) von "2G12". Dadurch entsteht eine sehr breite Bindungsregion für HIV. Sie erkennt Oligomannose(Zucker-)-Bestandteile auf den Glykoprotein 120 (GP120)-Oberflächenbestandteilen von HIV.

Mit dem GP120 binden die AIDS-Viren an Zellen. Umgekehrt wird GP120 in verschiedensten Formulierungen bzw. Teilen auch als Antigen für Aids-Impfstoffe erprobt.
Antikörper erkennen Virus an seiner Gestalt
Bild: Science
Modell: Wie 2G12
das Glykoprotein 120 "erkennt"
Die Wissenschaftler: "Diese Zucker-Bestandteile sind zwar 'menschlich', ihre Gestalt ist aber anders. Dieses Merkmal erkennen die Antikörper."

Diese Ergebnisse sind deshalb so wichtig, weil sie offen legen könnten, welche Art von Antikörpern ein zukünftiges AIDS-Vakzin zur Prophylaxe aufweisen sollte, um eine schützende Wirkung zu haben.

Hermann Katinger und seine Mitarbeiterin waren am Donnerstag telefonisch nicht erreichbar.
Intensivprogramm zur Suche nach AIDS-Impfstoff
Ebenfalls in der aktuellen Ausgabe von "Science" wird ein groß angelegtes internationales Forschungsprogramm für die Entwicklung eines Impfstoffs gegen AIDS angekündigt. Von der Konzeption her solle das Programm ein "Manhattan-Projekt gegen Aids" werden, erklärte Ko-Autor David Baltimore.
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Der Artikel erscheint unter dem Titel "The Need for a Global HIV Vaccine Enterprise" in "Science" (Bd. 300, S. 2045, Ausgabe vom 27. Juni 2003).
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Überprüfen unterschiedlicher Forschungsansätze
Dem Vorschlag zufolge soll jedes der beteiligten Labors über fünf bis zehn Jahre hinweg einen anderen Forschungsansatz zur Entwicklung eines AIDS-Impfstoffes verfolgen.

Das Bemühen der privaten Pharmaindustrie in dieser Hinsicht lasse zu wünschen übrig, vermutlich, da die AIDS-Forschung nicht als Profit versprechendes Geschäft gelte, schrieben die Wissenschafter.
->   Institut für Angewandte Mikrobiologie, Bodenkultur in Wien
->   Scripps-Institute
->   Mehr über AIDS in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010