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Einzigartige Fossilien-Sammlung in Ostfrankreich  
  In einer Scheune in den ostfranzösischen Vogesen schlummert eine Sammlung, die unter Wissenschaftlern als weltweit einzigartig gilt - an die 5300 versteinerte Insekten, Schalentiere, Fische, Amphibien und Pflanzen, die bis zu 240 Millionen Jahre alt sind. Jetzt harrt sie der Entzifferung.  
Relikte bis zu 240 Millionen Jahre alt
Die Relikte aus der Trias genannten Urzeit (240 bis 190 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung) wurden in mehr als 50 Jahren von dem 1987 verstorbenen elsässischen Naturforscher Louis Grauvogel zusammengetragen. Später half der Geologie-Professor an der Straßburger Louis Pasteur Universität, Jean-Claude Gall, beim Aufbau der Kollektion.

"Die Sammlung ist von unschätzbarem Wert, absolut einzigartig, weltweit von Bedeutung", schwärmt Rainer Willmann, Lehrstuhlinhaber für Zoologie an der Universität in Göttingen. Als Spezialist für Paläontologie, der Lehre von den Lebewesen vergangener Erdperioden, hat sich der Deutsche wiederholt auf den Weg ins elsässische Ringeldorf gemacht.
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Kollektion im Verborgenen
Dort haben die Sammler ihre Schätze im Nebengebäude eines Bauernhauses untergebracht. Doch außer Spezialisten wie Willmann weiß kaum jemand von dem ungewöhnlichen Archiv. "Ein Jammer", meint nicht nur der Göttinger Paläontologe. Auch Gall und Grauvogels Tochter Lea, die derzeit an einer Doktorarbeit über versteinerte Pflanzen sitzt, möchten die Kollektion gern aus dem Verborgenen holen und der Öffentlichkeit zugängig machen. Doch dafür brauchen sie die Hilfe einer Institution, die die nötigen Mittel hat. Am Zoologischen Museum der Straßburger Uni fehle der Platz, klagt die Zoologie-Professorin Francine Marchal-Papier. Anfragen und Interessenten gebe es zwar zuhauf, doch solle die Sammlung im Elsass bleiben.
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In elsässischen Steingruben gefunden
"Schließlich zeugen die Versteinerungen von der Urgeschichte
dieser Region", betont Marchal-Papier, ebenfalls Autorin einer
Doktorarbeit über die Fossilien-Sammlung. Aufgestöbert wurden die Abdrucke von den Forschern in Steingruben im nördlichen Elsass, aus denen der berühmte rosafarbene Vogesensandstein gewonnen wird.

"Die Tiere und Pflanzen sind Zeugnisse einer Übergangsperiode der Erdgeschichte", sagt Gall. Vor rund 240 Millionen Jahren habe nach einer weitgehenden Vernichtung der Biosphäre eine Art Wiedergeburt der Fauna und Flora stattgefunden; das Mesozoikum sei eingeleitet worden, also das Mittelalter der Erdgeschichte.

Die in den Vogesen gefundenen Fossilien gäben Auskunft über die älteste Flora und Fauna dieser Periode - und über das tropische Klima, das zu dieser Zeit im heutigen Ostfrankreich herrschte.
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Trias und Mesozoikum
Die Trias ist ein Teil des Mesozoikums (245 bis 65 Mio. Jahre). Der Begriff Trias (245 bis 205 Mio. Jahre) leitet sich aus der Dreiteilung dieser Periode ab. Es ist die Zusammenfassung von Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper zu einer Einheit. In der Trias wurde der Urkontinent Pangäa als kompakte Landmasse durch den Meeresgürtel der Tethys in eine "Norderde" (Laurasia) und eine "Süderde" (Gondwana) getrennt. Die Muschelkalkzeit wiederum war in Mitteleuropa geprägt durch sich immer wieder verändernde Verhältnisse von Land zu Meer. Bereits gegen Ende des oberen Buntsandsteins entstand ein flaches (15-35 Meter tief) Binnenmeer. Dieses Meer erstreckte sich vom Französischen Zentralmassiv bis nach Polen und vom Alpenvorland bis weit ins heutige Nordseebecken. Die wichtigsten Leitfossilien waren die Ceratiten, eine zahl- und formenreiche Ordnung der Ammonoidea.
->   Mehr zu Mesozoikum und Trias
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'Erstaunliche Qualität'
Entstanden sind die Versteinerungen dank der Ablagerungen großer Flüsse, die damals von Westen nach Osten flossen - in ein Meer, das den größten Teil des heutigen Deutschlands bedeckte. Die Tiere und Pflanzen wurden in Schieferschichten gepresst, geschützt von Lehmablagerungen aus den Flüssen.

"Das erklärt ihre erstaunliche Qualität", betont Marchal-Papier. So seien beispielsweise vorzeitliche Insekten detailgetreu abgebildet - selbst feine Härchen seien noch sichtbar. Glanzstücke der Sammlung sind beispielsweise die älteste bekannte Vogelspinne der Welt, seltene Skorpionarten, Krabben und Libellen, eine Vielfalt von Schaben und große Amphibien, genannt Stegosaurier.

Ein Großteil der Funde ist allerdings noch nicht wissenschaftlich erkundet. So haben die Forscher bisher nur 30 der 200 verschiedenen Insektenarten beschrieben und eingeordnet. "Die Sammlung bietet Wissenschaftlern noch Arbeit für Jahre", meint Willmann.
->   Institut für Zoologie und Anthropologie
der Universität Göttingen
->   Noch merh Infos zur Trias-Periode
->   Louis-Pasteur-Universität in Straßbourg
 
 
 
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01.01.2010