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Wittgenstein-Preis 2003 an Renée Schroeder  
  Am Montag wurde der bedeutendste und - mit 1,5 Millionen Euro - am besten dotierte Wissenschaftspreis Österreichs verliehen: Biochemikerin und science.ORF.at-Host Renée Schroeder erhält für ihre Forschungen an RNA-Molekülen den Wittgenstein-Preis. Ebenfalls ausgezeichnet wurden drei Forscher aus den Fachgebieten Materialwissenschaften, Quantenphysik und Biomedizin: Sie erhalten den START-Preis für Nachwuchs-Wissenschaftler.  
Die START-Preisträger erhalten über einen Zeitraum von sechs Jahren jährlich 200.000 Euro für ihre Forschungen. Budgetbedingt wurden heuer nur drei START-Preise vergeben, im Vorjahr waren es noch fünf gewesen.
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Der Wittgenstein-Preis wird seit 1996 jährlich vom Bildungsministerium vergeben. Die Auswahl wird vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) abgewickelt.
->   Mehr über die Geschichte der Preise in science.ORF.at
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Wittgensteinpreis 2003 geht an Renée Schroeder
"Es war Freitag, der 13.", erklärt Renée Schroeder. "Ein Glückstag eben." An diesem Tag im Juni erfuhr die Biochemikerin vom Wiener Institut für Mikrobiologie und Genetik, dass sie vom Wissenschaftsfonds (FWF) zur Wittgesteinpreisträgerin 2003 gewählt worden war.

Dabei ist die 50-Jährige keineswegs abergläubisch - auch nicht gottesfürchtig. Ganz im Gegenteil, bezeichnet sich doch die Forscherin, die sich mit den Funktionen und Mechanismen der Ribonukleinsäure (RNA) beschäftigt, selbst als Atheistin, was wiederum kein Wunder ist: Ihre Karriere ist kein Geschenk des Himmels, sondern hart erarbeitet.
Kämpferin in Sachen Gleichberechtigung
Bild: APA
Als Frau und Mutter zweier Söhne habe man es nie leicht in der Forschung, noch weniger in der österreichischen, so Schroeder. Da wird man schnell zur Feministin und zur Kämpferin, die sich mit unkonventionellen Mitteln in Fragen des Frauenrechts ebenso wie des Verwaltungs- und Dienstrechts an der Universität engagiert.

"Frustrierend und typisch österreichisch", nennt die vom Klub der Wissenschaftsjournalisten zur Wissenschaftlerin des Jahres 2002 gekürte Biochemikerin die Situation in der Forschungspolitik. Nervend seien die ständigen Reformen im Universitätsgesetz. Und die persönlichen Eitelkeiten vieler Kollegen empfindet Schroeder als "mehr als unangenehm".
->   Wissenschaftlerin des Jahres: Renee Schroeder
Wittgensteinpreis wirkt wie ein Anker in Österreich
Deshalb kann die österreichische "scientific community" wohl nur von Glück sprechen. Denn eigentlich wollte die international renommierte Forscherin die Alpenrepublik beim nächsten guten Angebot aus dem Ausland verlassen.

Der Wittgensteinpreis wirke jetzt wie ein Anker in Österreich, der für die nächsten Jahre binden werde. "Diese Auszeichnung macht vieles möglich, was ich bislang nicht umsetzen konnte", so die Biochemikerin, die Anfang 2003 auch als erste Frau zum wirklichen Mitglied der Naturwissenschaftlichen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewählt wurde.

"Ich habe aber noch keinen genauen Plan, was ich mit dem Wittgensteinpreis machen werde - ehrlich gesagt habe ich nicht damit gerechnet." Ob Schroeder demnächst auch die längst überfällige Position der ordentlichen Professorin anerkannt wird, bleibt nur zu hoffen.
->   Akademie: Erstmals wieder Frau gewählt
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Neues Analysegerät auf der Wunschliste
Ganz oben auf der Wunschliste stehe - abgesehen von der Rekrutierung guter Mitarbeiter sowie der Suche nach neuen Laborräumlichkeiten - die Anschaffung eines modernen Analysegerätes, des "Single Molecule Fluorescence Detecting Systems": Dieses weltweit noch selten benützte Gerät würde ihrem Team erlauben, einzelne RNA-Moleküle zu untersuchen. "Damit könnten wir unter anderem die Prozesse der Faltung von langen Ketten der 'funktionellen Ribonukleinsäure' - einer speziellen Form der RNA - genauer studieren", so Schroeder, die 2002 für ihre Arbeit mit dem "L'Oréal Special Honor Award" ausgezeichnet worden ist.
->   "Women in Science": Österreicherin ausgezeichnet
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RNA-Pionierarbeit
Auf dem Gebiet der funktionellen RNA leistete Schroeder längst Pionierarbeit: Anfang der 90er Jahre konnte sie gemeinsam mit ihren Mitarbeitern zeigen, dass einige Antibiotika die RNA als Zielmoleküle ansteuern und damit die Funktion der RNA hemmen. "Das war einer der ersten großen Hinweise auf die Bedeutung der RNA für die Zelle", so die Biochemikerin.

"Die Erkenntnisse der letzten Jahre weisen heute darauf hin, dass die RNA das erste biologische Molekül gewesen ist, das die Entstehung des Lebens ermöglicht hat. Beweisen kann man das wohl nie, aber die Hinweise dafür häufen sich."
->   Renée Schroeders Forschungsgruppe im Internet
->   Sämtliche Beiträge von R. Schroeder in science.ORF.at
START 2003: Preise an Physiker und Biologen
Die START-Preise 2003 gehen allesamt an Naturwissenschaftler: Ausgezeichnet wurden die Physiker Georg Kresse und Hanns-Christoph Nägerl sowie der Biomediziner Andres Villunger.
Simulation unsichtbarer Systeme
Bild: Universum Magazin
Der Theoretische Physiker Georg Kresse, 35, erörtert neue Wege zur Computermodellierung von Werkstoffen im Mikro- und Nanobereich, bei denen viele Eigenschaften und Abläufe von Quanteneffekten bestimmt werden.

Mithilfe neuer Computersimulationen sollen sich Prozesse, bei denen die Bewegung einzelner Quanten und Atome das Gesamtverhalten des Materials bestimmt, künftig genau berechnen und vorhersagen lassen. "Wir arbeiten dabei mit der Dichtefunktional-Theorie des Nobelpreisträgers 1998 Walter Kohn", so der Forscher vom Wiener Institut für Materialphysik.

Ein erster Durchbruch ist Kresse mit der Entwicklung des Softwarepakets VASP gelungen: Das international weit verbreitete Programm wird zur Erforschung nanostrukturierter und biologischer Systeme eingesetzt.
->   Institut für Materialphysik (Uni Wien)
Eine Frage des Wellencharakters
Bild: Universum Magazin
Der Experimentalphysiker Hanns-Christoph Nägerl, 36, hat sich ein hohes Ziel gesteckt: Der Wissenschaftler vom Innsbrucker Institut für Experimentalphysik will ein so genanntes Materiewelleninterferometer entwickeln, mit dem künftig physikalische Größen bestimmt und präziser gemessen werden können.

Die Basis sind Bose-Einstein-Kondensate aus Cäsium-Atomen: In dem auf den absoluten Nullpunkt kondensierten Zustand zeigen die Atome nicht nur Wellencharakter, sondern schwingen im Takt. Das Problem: Üblicherweise treten die Teilchen miteinander in Wechselwirkung, eine ungünstige Eigenschaft für die Entwicklung eines Atomlasers.

"Kürzlich ist uns aber gelungen, die Stärke der Wechselwirkung bei den Cäsium-Atomen bis auf Null einzustellen", so Nägerl. Die erste Hürde zum Materiewelleninterferometer wurde damit überwunden.
->   Institut für Experimentalphysik (Uni Innsbruck)
Programmierter Zelltod als Therapiechance
Bild: Universum Magazin
Der Molekularbiologe Andreas Villunger, 35, beschäftigt sich mit den Mechanismen des programmierten Zelltods, auch Apoptose genannt. Dieser biologische Prozess ermöglicht es dem Körper, überalterte, schlecht funktionierende oder potenziell gefährliche Zellen gezielt zu entfernen.

"Wir haben uns auf zwei zelltodfördernde Proteine einer Eiweiß-Familie, die bereits in der gesunden Zelle vorhanden sind, spezialisiert", so der Biologe vom Innsbrucker Institut für Pathophysiologie.

"Bei Bedarf werden über diese Proteine 'molekulare Scheren' aktiviert, die lebenswichtige Strukturen der Zelle zerschneiden und damit den Zelltod herbeiführen können." Künftig soll geprüft werden, welches Therapiepotenzial eine gezielte Freisetzung dieser Proteine beispielsweise bei der Krebsbehandlung hat.

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Institut für Pathophysiologie (Uni Innsbruck)
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Porträts der aktuellen START- und Wittgenstein-Preisträger sind auch im aktuellen Universum-Magazin (Erscheinungstag 2.7.2003) nachzulesen.
->   Universum-Magazin
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->   Wissenschaftsfonds (FWF)
->   Bildungsministerium
 
 
 
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01.01.2010