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EU: Leitlinien für Stammzellen-Forschung erst später  
  Eigentlich hätte bereits am Dienstag eine Entscheidung getroffen werden sollen: Die EU-Kommission will nun jedoch erst am 9. Juli ethische Leitlinien für die umstrittene Forschung an Embryonen vorschlagen.  
Dies teilte der Sprecher von Wissenschaftskommissar Philippe Busquin am Dienstag auf Anfrage mit.
Keine Nachgeben gegenüber "öffentlichem Druck"
Die Behauptung der deutschen Europa-Abgeordneten Hiltrud Breyer (Grüne), die Behörde habe sich dem "öffentlichen Druck" gebeugt und die für diesen Dienstag vorgesehene Entscheidung verschoben, stritt der Sprecher ab.
Werden Forschungsgelder suspendiert?
Am Dienstagnachmittag sei nur eine "vertiefte Orientierungsdebatte" des Kollegiums über die Leitlinien angesetzt, erst danach könnten die Kommissare abstimmen. Sollten die Leitlinien nicht beschlossen werden, müssten die Forschungsgelder für die embryonale Stammzellenforschung suspendiert werden, warnte der Sprecher.
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Hintergrund: Österreich initiierte Förderungs-Moratorium
Das mit Ende 2003 befristete Förderungs-Moratorium für Forschungen an embryonalen Stammzellen geht auf eine Initiative Österreichs zurück. So hatte sich Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) bei der Abstimmung über das 6. Rahmenprogramms für Forschung am 3. Juni 2002 ihre - formal konsequenzlose - Gegenstimme erhoben.

Die ablehnende Haltung Österreichs brachte offenbar aber doch Diskussionen in Gang. Deutschland, Irland und Italien hatten vor dem Juni-Votum Bedenken angemeldet, letztendlich aber doch zugestimmt. Ende Juli konnte Gehrer dann verkünden, man habe sich zu einem Moratorium der Forschungsförderung für embryonale Stammzellforschung bis Ende 2003 durchgerungen.
->   Mehr dazu in: Moratorium für die EU-Stammzell-Förderung
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Ethische Bedenken
Breyer hatte in einer Aussendung die Vertagung des Beschlusses als positives Zeichen dafür gewertet, dass die EU-Kommission ihren "skandalösen Vorstoß" auf öffentlichen Druck hin - vor allem aus Deutschland - möglicherweise überdenke oder gar zurückziehe. Breyer stößt sich vor allem daran, dass die Kommission künftig Forschung an menschlichen Embryonen mit europäischen Steuergeldern fördern will.

In Deutschland, das den Löwenanteil des EU-Budgets finanzieren muss, sind solche Forschungen ebenso wie in Österreich verboten. Die deutsche Abgeordnete bezeichnete es als "ethisch unakzeptabel", dass menschliche Embryonen "auf Halde produziert" und in Labors eingefroren wurden in der Hoffnung, sie früher oder später zu Forschungszwecken verwenden zu können.
EU: Forschung steht jedem Land frei
Die EU-Kommission überlässt den Mitgliedstaaten die Wahl, ob sie embryonale Stammzellenforschung betreiben wollen oder nicht, unterstrich der Sprecher Busquins.

So stehe es etwa Österreich frei, diese Forschung abzulehnen, während Großbritannien, das auf diesem Gebiet am weitesten fortgeschritten ist, durchaus mit EU-Forschungsförderungen für entsprechende Projekte rechnen kann.
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Es geht (bloß) um ein paar Millionen Euro
Die EU-Gelder für Embryonen-Forschung bewegen sich laut dem Sprecher Busquins in einer bescheidenen Größenordnung von einigen Millionen Euro, insgesamt dürften zehn bis maximal 20 Vorhaben von den EU-Geldern profitieren. Das sechste EU-Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung ist mit insgesamt 17,5 Mrd. Euro für vier Jahre dotiert.
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Keine Förderungen in drei Bereichen
Förderungen aus dem EU-Budget sollen laut der EU-Kommission in drei Bereichen untersagt werden: bei "therapeutischem Klonen" zur Bekämpfung von Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Krebs, zur dauerhaften Änderung des menschlichen Erbgutes und zu Reproduktionszwecken ("Klon-Babies").

Wegen der Bedenken Italiens, Spaniens, Deutschlands, Österreichs und Irlands hatten sich die EU-Länder im vergangenen Frühjahr darauf verständigt, vorerst ein weitgehendes Moratorium zur Förderung der Embryonen-Forschung aus dem EU-Budget bis Jahresende zu verfügen und die Ausarbeitung ethischer Leitlinien abzuwarten.
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Moratorium in der Stammzellforschung (Ulrich Körtner, 3.10.02)
->   Gehrer: "Österreichs Haltung bestätigt" (21.6.02)
->   Zankapfel Forschungskompetenz (18.6.02)
 
 
 
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01.01.2010