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Pentaquarks: Neue Materiebausteine entdeckt  
  Es kommt selten vor, dass Physiker von neuen Entdeckungen im subatomaren Teilchen-Zoo berichten: Wenn aber, dann ist Grund für allgemeine Aufregung gegeben. Nach Messungen an Teilchenbeschleunigern verdichten sich nun die Hinweise, dass elementare Bausteine der Materie, die so genannten Quarks, in einer neuartigen Erscheinungsform existieren.  
Während bisher nur Zweier- und Dreierkombinationen von Quarks bekannt waren, hat man nun offensichtlich eine Fünfergruppe nachweisen können: Das so genannte Pentaquark. Dies berichten zwei unabhängige Forschergruppen aus Japan und den USA.
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Die Studie "Evidence for a narrow $S = +_1_ baryon resonance in photoproduction from the neutron" von T. Nakano und seinen Mitarbeitern der LEPS Collaboration wird in der Zeitschrift "Physical Review Letters" (Ausgabe vom 4.7.03) erscheinen.
->   Zum Original-Abstract
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Der Teilchen-Zoo: Verwirrende Vielfalt
Die Mannigfaltigkeit der subatomaren Teilchen erinnert, wie einmal der britische Physik-Guru Stephen Hawking bemerkt hat, an die verwirrende Vielfalt, mit welcher sich etwa die Botaniker im Reich der Pflanzen herumschlagen müssen.

Seiner Aussage zufolge der Grund dafür, dass sich Hawking letztendlich auf die Physik des Großen, die Kosmologie, und nicht etwa die Atomphysik konzentriert hat.
Verschiedene Einteilungen möglich
In der Tat ist die Welt der Teilchen nicht leicht zu überblicken: Zieht man etwa die Masse der Teilchen heran, dann unterscheidet man Leptonen (griech. leicht) von den schwereren Mesonen und Baryonen.

Orientiert man sich hingegen an deren Spin, dann stellt man die Gruppe der Bosonen den Fermionen gegenüber, benannt nach den berühmten Physikern Enrico Fermi und Satyendra Nath Bose.
Quarks - Elementarteilchen im eigentlichen Sinn
Seit den 1970er Jahren ist man sich zumindest darüber einig, welche Elementarteilchen ihren Namen auch wirklich verdienen, also im echten Sinn des Wortes "elementar" sind.

Diese Eigenschaft trifft zum Beispiel auf die so genannten Quarks zu, die 1964 von den amerikanischen Physikern Murray Gell-Mann und George Zweig offiziell in die Physik eingeführt wurden.
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Näheres zu Quarks
Laut dem Theorie-Modell von Gell-Mann und Zweig sind Neutronen und Protonen aus noch kleineren Bestandteilen zusammen gesetzt - den so genannten "Quarks", deren Name dem Roman "Finnegans Wake" von James Joyce entlehnt ist. Das Quarkmodell fordert heute sechs Quarks und sechs Antiquarks. Protonen und Neutronen setzen sich aus jeweils drei Quarks - zwei Quarks und einem Antiquark - zusammen.

Zunächst unterschied man nur drei Quarks: up-, down- und strange-quarks. Erweitert wurde das Modell später durch charm- und bottom-quarks. Das sechste, aus Symmetriegründen geforderte top-quark wurde 1994 mit dem Tevatron-Beschleuniger am Fermilab bei Chicago nachgewiesen. Freie Quarks sind bis heute nicht beobachtet worden.
->   Mehr zu Quarks (Univ. Stanford)
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Bisher nur Zweier- und Dreier-Gruppen bekannt
Bisher hat man Quarks allerdings nur in charakteristischen Zweier- (bei Mesonen) bzw. Dreier-Kombinationen (bei Baryonen) nachweisen können. Höherzahlige Gruppierungen wurden zwar von manchen Theoretikern vorhergesagt, jedoch noch nie experimentell bestätigt.
Jetzt neu: Das Pentaquark
Diese Lücke füllen nun Resultate, die ein Team vom Spring-8 Synchroton in Karima erzielt hat. Die japanischen Forscher beschossen im Zuge ihres Experiments Kohlenstoff mit Röntgenstrahlen. Takashi Nakano, Leiter der Arbeitsgruppe, berichtet von einer neuartigen Erscheinungsform der Materie, welche aus fünf Quarks aufgebaut ist.

Diese als Pentaquarks bezeichneten Teilchen entstehen, so seine Vermutung, wenn zwei andere Partikel (ein Neutron sowie ein K+ Meson) verschmelzen.
Ein Mittagessen im Dienste der Wissenschaft
Allerdings bedurfte es einiger Überredungskunst, bis Nagano sich von der Realität seiner Entdeckung überzeugen ließ. Wie Nagano gegenüber der Online-Ausgabe von "Nature" berichtet, habe ihn schließlich eine Plauderei beim Mittagessen mit seinem Fachkollegen Dimitri Diakonov von der Existenz des Pentaquarks überzeugt.

Erst eine von Diakonov entwickelte Analyse-Methode förderte aus dem abstrakten Datenmaterial des Experiments jene Interpretation zutage, welche für die Anerkennung eines neuen Teilchen-Typs spricht.
"...existieren vielleicht in schwarzen Löchern"
Unterstützt wird Nakanos Anischt auch durch unabhängig erfolgte Messungen, die am Thomas Jefferson Accelerator Facility in Virginia gemacht wurden. Nakano ist allerdings skeptisch, ob man die Pentaquarks auch jemals "in freier Wildbahn" wird antreffen können: "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie irgendwo frei existieren, außer vielleicht in schwarzen Löchern."

Robert Czepel, science.ORF.at
->   Zu einer Skizze der Pentquark-Entstehung (www.aip.org)
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
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01.01.2010