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Zur Thematik des reproduktiven Klonens  
  Franz Fischl, der Präsident der Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie, nimmt exklusiv für science.orf.at Stellung zur laufenden Debatte um das Klonen von Menschen und ihre Folgen für die Biomedizin.  
Original-Beitrag von Franz Fischl "Stellungnahme zur Thematik des reproduktiven Klonens":
In den letzten Wochen sind in verschiedenen Tageszeitungen ausführliche Artikel und Interviews, die das reproduktive Klonen betreffen, erschienen. Ausgang dieser Diskussion war die Ankündigung des Italienischen Reproduktionsmediziners Antinori noch heuer den Versuch einen Menschen zu klonen, zu starten.

Der Doyen der österreichischen Reproduktionsmediziner, Prof. Feichtinger äußerte sich ebenfalls in positiver Weise dafür, wobei er selbst nicht Menschen klonen möchte, sondern sich damit nur für die Freiheit der Forschung und Wissenschaft einsetzen möchte. (Standard 28.2.2001).

Zuletzt fand eine Tagung unter der Leitung von Antinori in Rom statt, der sich mit dieser Thematik auseinander setzte, wobei oben erwähnte Anwesende sich für das reproduktive Klonen beim Menschen einsetzten.
Begründungen Antinoris wissenschaftlich unhaltbar
Die Argumentationen waren und sind sehr vielfältig, jedoch in keiner Weise wissenschaftlich haltbar oder nachvollziehbar. Auch die Begründung Antinoris, hiermit die männliche Fertilitätsstörung behandeln zu können, ist von wissenschaftlicher Seite nicht haltbar, denn für das reproduktive Klonen, kann ich auch auf den Mann ganz verzichten.

Es gibt auch keinerlei wissenschaftliche Gründe, außer die Machbarkeit zu demonstrieren, seine eigene "wissenschaftliche Eitelkeit", der Erste zu sein, zu befriedigen und einen entsprechend medialen Auftritt schon in der Diskussion zu haben.
Wissenschaft und Forschung nur mehr Selbstzweck
Das kann natürlich privaten medizinischen Unternehmen nicht schaden. Dies muss einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden. Hier ist Wissenschaft und Forschung nur mehr Selbstzweck und hat jeden Anspruch auf Seriosität verloren.

Daher ist auch von diesen Ärzten von Ethik und Menschenwürde, von den Risiken, die z.T. aus den Tierversuchen bekannt sind, kaum die Rede. Dies zeigt sich auch in der Aussage, dass endlich den Eltern, die ein Kind verloren haben, Ersatz geboten werden kann.

Man kann viel im Leben ersetzen, bis hin zur Arbeitskraft, aber ein Mensch als Individuum kann nicht durch einen anderen ersetzt werden.
Distanzierung von Antinoris Plänen
Einige private Institute sind aus der Gesellschaft A Part, einer internationalen Gesellschaft privater Reproduktionsmedizinzentren aus obigen Gründen bereits ausgetreten, weil sich die Gesellschaft von Antinori und seinen Plänen nicht distanziert hat.

Nicht umsonst ist das reproduktive Klonen in den meisten Ländern der Welt verboten, gibt es eine allgemeine Erklärung über das menschliche Genom und die Menschenrechte der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1998 und eine Menschenrechtskonvention zur Biomedizin des Europarates aus dem Jahre 1997.

In beiden wird ausdrücklich das reproduktiver Klonen verboten. Interessanterweise sind Österreich und Deutschland bis heute dieser Konvention des Europarates nicht beigetreten, weil sie diese als zu wenig streng erachten.
Negative Auswirkungen auf Biomedizin?
Die jetzt wissenschaftliche nicht haltbare Diskussion um das reproduktive Klonen wird sich viel mehr auf die anderen Techniken und Fortschritte der Reproduktionsmedizin und Biomedizin negativ auswirken, indem eine Liberalisierung der Gesetzgebung für andere Abklärungen und Therapien verhindert werden wird.

Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber sich mit dieser Thematik intensiver und offener auseinandersetzen würde und somit der seriösen Forschung in den nächsten Jahren eine Chance zu geben.

Prof. Dr. Franz Fischl
Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie
Abteilung f. Gynäkologische Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung
Universitätsklinik für Frauenheilkunde Wien
e-mail: franz.fischl@akh-wien.ac.at
->   Österreichische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie
->   A-Part (International Association of Private Assisted Reproductive Technology Clinics and Laboratories)
Mehr Beiträge zum Thema Reproduktionsmedizin bei science.orf.at
->   Beitrag von Ulrich Körtner: "Lasst uns Menschen klonen, ein Bild, das uns gleich sei!"
->   Australische Forscher sollen Embryo geklont haben
->   Israel: Kein Klonen von Menschen
->   Erster "Klon-Mensch" aus Israel?
 
 
 
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01.01.2010