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Die Geburt des Mondes  
  Der Mond dürfte laut einer neuen Studie mindestens zur Hälfte aus Material von der Erde bestehen. Der Rest stammt von einem kleineren Planeten, der relativ kurz nach dem Entstehen der Erde mit ihr zusammenstieß. Dabei schmolz und verdampfte der Planet sowie Teile des Erdmantels. Aus der in den Weltraum geschleuderten Trümmermasse formte sich der Mond.  
Durch genaue Messung der Spuren zweier seltener chemischer Elemente in Gesteinen von Erde, Mond und Meteoriten konnten nun Geowissenschaftler klären, wann sich die Geburt des Mondes ereignete und wie viel Material er dabei jeweils von seinem "Vater", dem fremden Planeten, und von "Mutter Erde" mitbekam.

Die Erkenntnisse der Forscher des Mineralogischen Institutes Frankfurt und Münster sowie des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz wurden in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsjournals 'Science' veröffentlicht.
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Der Artikel erschien in 'Science' unter: "Evolution of planetary cores and the Earth - Moon system from Nb/Ta systematics" (Bd. 301, S. 84-87, Ausgabe vom 4. Juli 2003)
->   Der Artikel in 'Science' (kostenpflichtig)
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Elemente Niob und Tantal geben Aufschluss
Die Geowissenschaftler lösten die 20 Jahre alte Frage nach dem Anteil von Erdgestein am Mondmaterial durch genaue Messungen des Gehalts der seltenen chemischen Elemente Niob (Nb) und Tantal (Ta).

Diese beiden Elemente verhalten sich fast wie "eineiige Zwillinge": Sie reagieren chemisch fast gleich und werden nicht von einander getrennt. Deshalb kommen Nb und Ta überall im Sonnensystem im gleichen Verhältnis vor.

So auch in den untersuchten Meteoriten vom Mars und aus dem Asteroidengürtel des Sonnensystems. Im Erdmantel jedoch ist der Niob-Gehalt um rund 30 Prozent geringer als der von Tantal, wie die Wissenschaftler herausfanden.
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Das alte Rätsel um Gaia und Theia
Seit den ersten Mondlandungen verfügen die Wissenschaftler über Gesteinsproben vom Mond. Untersuchungen dieser Proben belegen, dass der Mond in seiner chemischen Zusammensetzung der Erde zwar sehr ähnlich ist, sich im Detail aber von ihr auch etwas unterscheidet.

So hat der Mond beispielsweise einen viel geringeren Gehalt an Eisen als die Erde. Aus diesem Grund vermuten Planetenforscher heute, dass der Erdtrabant durch einen Zusammenprall der Erde mit einem Kleinplaneten entstand.

Dieser hypothetische marsgroße Planet wird Theia genannt. Theia ist in der griechischen Mythologie die Mutter der Mondgöttin Selene. Seit mehr als 20 Jahren rätseln die Wissenschaftler darüber, wann diese katastrophale Mondgeburt stattfand und wie viel Mondmaterial jeweils von den beiden Elternplaneten, Theia und Gaia, stammt.
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Vor 4,53 Milliarden Jahren
Der Münsteraner Carsten Münker und seine Kollegen konnten nun zeigen, dass in der siliziumreichen Hülle der Erde etwa 30 Prozent Niob - im Vergleich zum Tantal - fehlt und dass sich das "fehlende" Niob im metallischen Erdkern befindet. Die Untersuchungen von Meteoriten aus dem Asteroidengürtel und vom Mars belegen wiederum, dass in diesen Himmelskörpern kein Niob in der Silikathülle fehlt.

Aber auch beim Mond fehlt etwas Niob. Dies lässt sich nach Ansicht der Wissenschaftler nur dadurch erklären, dass sich der Mond mindestens zur Hälfte aus dem an Niob verarmten Erdmantel bildete.

Nach diesen Ergebnissen ist der Erdtrabant vor 4,53 Milliarden Jahren durch die Kollision zwischen der Erde und einem Kleinplaneten entstanden
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Fehlendes Element findet sich im Erdkern wieder
Der Grund für den geringen Niob-Gehalt im Erdmantel liegt daran, dass sich Niob nur bei extrem hohen Drücken im Metallkern löst. Nur die Erde hatte die dafür nötige Größe, so dass bei der Bildung des Eisenkerns ein derart hoher Druck entstehen konnte, der ausreichend war, um einen Teil des Niobs im Kern aufzunehmen.
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Das wahrscheinliche Geschehen
Das Sonnensystem begann sich vor rund 4,6 Milliarden Jahren aus im Weltraum verteiltem Staub und Gas zu formieren. Innerhalb einiger Millionen Jahre ballten sich 99 Prozent dieser rotierenden Masse zur Sonne zusammen, aus dem Rest bildeten sich Planeten und Asteroiden.

Laut dem Bericht der Wissenschaftler hatte die Erde schon nach rund 30 Millionen Jahren fast ihre heutige Größe erreicht. In dieser Zeit hatte sich auch ihr eisenreicher Metallkern gebildet.

Ungefähr zeitgleich kollidierte nach Angaben der Wissenschaftler ein etwa marsgroßer Himmelskörper mit der Erde. Durch die Gewalt des Zusammenstoßes wurde dieser Kleinplanet zerstört, doch auch von der Erde wurden Teile der siliziumreiche Hülle weggesprengt. Dieses Trümmermaterial mischte sich im Orbit um die Erde.

Es enthielt weniger Eisen als die Erde, da ihr eisenreicher Metallkern von der Zerstörung weitgehend verschont blieb. Aus diesem Schutt eines Kleinplaneten und Teilen der Erdhülle ballte sich dann der Mond zusammen.
->   Max-Planck-Institut für Chemie
->   Institut für Mineralogie - Universität Münster
->   Erde, Mars und Mond: Älter als gedacht (science.ORF.at, 29.08.02)
 
 
 
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01.01.2010