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Europarat verbietet Klonen von Menschen  
  Das Klonen von Menschen ist im Augenblick ein weltweit heiß diskutiertes Thema. In Europa existiert diesbezüglich seit Jänner 1998 ein Zusatzprotokoll zur so genannten Bioethik-Konvention des Europarates, das Anfang März für die Unterzeichnerstaaten in Kraft getreten ist: Darin wird das reproduktive Klonen von Menschen ausdrücklich untersagt. Österreich ist jedoch der Bioethik-Konvention bisher nicht beigetreten.  
Die umstrittene europäische Bioethik-Konvention
Die Arbeit an der "Konvention über den Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde bei der Anwendung von Biologie und Medizin" des Europarates wurde bereits 1989 begonnen. Ein erster Entwurf von 1994 wurde - nach massiver Kritik aus mehreren Ländern - überarbeitet.
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Der erste Entwurf
Der "Entwurf einer Konvention über den Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde bei der Anwendung von Biologie und Medizin: Bioethikkonvention" wurde im Juni 1994 der parlamentarischen Versammlung zur Begutachtung vorgelegt.

In der Folge kam es zu massiver Kritik von Behinderten- und Menschenrechts- sowie kirchlichen Organisationen, die sich an diversen strittigen Fragen entzündete. So sollte die Forschung an behinderten Menschen ("nichteinwilligungsfähige Personen" - das können Kinder, Senile oder geistig Behinderte sein) unter bestimmten Bedingungen auch ohne therapeutischen Wert gestattet sein, "wenn für die betroffene Person das Risiko unerheblich und die Belastung geringfügig ist".

Hinzu kamen andere strittige Passagen. Zum Beispiel erlaubte die Erstfassung der Konvention ausdrücklich Eingriffe in das menschliche Genom aus "therapeutischen und diagnostischen Gründen". Selbst die umstrittene Keimbahntherapie, also der Eingriff in das genetische Erbe der Menschheit, wurde nicht ein für allemal ausgeschlossen. Zwar verbot der Text vorläufig Manipulationen zur Veränderung der Keimbahn, doch sollte diese Entscheidung in einigen Jahren "im Licht der wissenschaftlichen Entwicklung" überprüft werden.

Großzügig regelte der Vertragsentwurf die Forschung an Embryonen. Diese sollte generell bis zum 14. Tag ihrer Entwicklung erlaubt sein. Die Herstellung menschlicher Embryonen ausschließlich zu Forschungszwecken sollte zwar verboten werden, doch konnten Unterzeichnerstaaten hier einen "Vorbehalt" anmelden - also diesen Punkt nicht akzeptieren. Darauf hatten vor allem die Briten im Ethik-Komitee bestanden.

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates lehnte den Entwurf - erwartungsgemäß - ab und verwies ihn zur Überarbeitung zurück an die zuständigen Ausschüsse.
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Überarbeiteter Entwurf wird angenommen
Im Jänner 1995 wurde der überarbeitete Entwurf veröffentlicht - und schließlich (im November 1996) auch mit der Stimmenmehrheit der Parlamentarischen Versammlung des Europarates verabschiedet. Österreich stimmte zwar im Ministerrat für die Annahme des Entwurfes, unterzeichnete die Konvention in Folge jedoch nicht, da in einigen Bereichen der Schutz als zu niedrig erachtet wurde.

Gewisse strittige Passagen waren gestrichen worden, doch blieb der Abschnitt über die Regelung der Embryonenforschung fast unverändert bestehen. In Österreich - wie auch in Deutschland - ist die Embryonenforschung aber verboten.

Allerdings sieht der Artikel 27 der Konvention vor, dass innerstaatliche Gesetze, die strenger angelegt sind als die Konvention selbst, dadurch nicht nivelliert werden. Träte Österreich also der Bioethik-Konvention bei, so würden die bereits bestehenden Gesetze - wie z.B. das Verbot der Embryonenforschung - nicht außer Kraft gesetzt.
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Bioethik-Konvention 1995
Nach dem neuen Text dürfen Eingriffe im Gesundheitsbereich nur nach ausdrücklicher Einwilligung und nach gezielter Aufklärung vorgenommen werden. An geschäftsunfähigen Personen oder in ihrer Einsichtsfähigkeit stark behinderten Patienten dürfen medizinische Eingriffe nur zu ihrem unmittelbaren Nutzen und mit Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters oder einer bevollmächtigten Person oder Behörde durchgeführt werden. Mit der zusätzlichen Bestimmung: "Jede Weigerung der geschäftsunfähigen Person muss stets respektiert werden" wurde versucht, einen größeren Schutz zu erreichen.

Der zweite umstrittene Abschnitt, der die Forschung an Embryonen außerhalb des Mutterleibes bei entsprechendem nationalen Recht während der ersten 14 Tage ihrer Entwicklung gestattet, blieb bestehen. Diese Forschung wurde jedoch auf "nicht entwicklungsfähige" Embryonen beschränkt. Lediglich die Herstellung von Embryonen rein zu Forschungszwecken wurde verboten, nicht aber die Verwendung "überschüssiger" Embryonen, etwa aus Reagenzglasbefruchtungen.
->   Die gültige Fassung der Bioethik-Konvention (Englisch)
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Zusatzprotokoll verbietet Klonen von Menschen
Das im November 1997 vom Europarat verabschiedete Zusatzprotokoll zur Bioethik-Konvention untersagt strikt das Klonen von Menschen. Es kann allerdings nur im Zusammenhang mit der Bioethik-Konvention unterzeichnet werden. Österreich müsste also zunächst die Bioethik-Konvention annehmen.

Das Protokoll sieht ein umfassendes Verbot "aller Interventionen" vor, die darauf abzielen, "ein menschliches Wesen zu schaffen, das mit einem anderen menschlichen Wesen, sei es lebendig oder tot, genetisch identisch ist".

Dies betreffe sowohl die gentechnisch herbeigeführte Teilung von Zeilen als auch die Verpflanzung des Zellkerns - die beim Klon-Schaf "Dolly" angewandte Methode. Ausnahmeregelungen schließt der Text aus.
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Klonen von Einzelzellen erlaubt
Nicht unter das Verbot fallen gentechnische Verfahren, die auf das Klonen einzelner menschlicher Zellen oder Gewebeteile abzielen. Dies seien "wertvolle biomedizinische Techniken", die "ethisch hinnehmbar" seien, heißt es in der Erklärung zu dem Protokoll. Dagegen sei das gezielte Klonen von Menschen eine "Bedrohung für die menschliche Identität", weil sie es Dritten erlaube, die "genetische Verfassung" eines Menschen vorsätzlich zu bestimmen. Das verletze die Würde des Menschen.
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Sanktionen bei Zuwiderhandlung
Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich, dieses strikte Verbot in ihre nationale Gesetzgebung aufzunehmen und für jede Zuwiderhandlung Sanktionen vorzusehen - etwa Berufsverbote für Forscher oder Ärzte, die Aufhebung von Lizenzen oder von Betriebsgenehmigungen für Forschungslabors und Kliniken, aber auch strafrechtliche Sanktionen.
Zusatzprotokoll seit März in Kraft
Im Dezember 1999 trat schließlich die Bioethik-Konvention in den Unterzeichnerländern in Kraft, nachdem sie von fünf Beitrittsländern ratifiziert worden war. Vor wenigen Wochen, am ersten März 2001, wurde auch das Zusatzprotokoll wirksam, nachdem Georgien es im vergangenen Jahr als fünftes Europaratsmitglied ratifiziert hatte.
->   Europarat
->   Zusatzprotokoll (Englisch)
 
 
 
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01.01.2010