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Medizinische Psychologie: Keine Freifächer mehr  
  Freifächer für Medizinstudenten fallen an der Uni Wien dem Sparkurs zum Opfer, beklagt der Vorstand des Instituts für Medizinische Psychologie. Seit dem Sommersemester 2000 mussten 22 Wochenstunden aus dem Angebot genommen werden.  
Beziehung Arzt-Patient "eingespart"?
Wie geht der Arzt mit dem Patienten um? - das ist das Überthema jener Freifächer, die ab Herbst nicht mehr am Institut für Medizinische Psychologie der Uni Wien gelehrt werden können. Die Lehrveranstaltungen zum Beispiel zur psychischen Betreuung Schwerkranker oder zur psychosozialen Situation HIV-Infizierter Menschen wurden für das kommende Semester restlos abgesagt, beklagt der Institutsvorstand Gernot Sonneck gegenüber dem ORF-Radio:

"Das Problem ist, dass es sonst niemand anbietet. Wir haben auch Freifächer verloren, die ähnlich von einem anderen Institut oder einer anderen Klinik angeboten werden - dafür habe ich durchaus Verständnis. Aber dort, wo es wirklich ersatzlos weg ist, dort denke ich, ist es sehr bitter und einer Universität eigentlich unwürdig."
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"Abgesagt": Nicht mehr finanzierte Freifächer
- Gesprächsführung in der Inneren Medizin
- Psychische Betreuung Schwerkranker
- Dentalpsychologie
- Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters
- Anamnesegespräch mit Elementen der Gebärdensprache
- Medizinpsychologische Aspekte der Sucht
- Psychosoziale Situation HIV-Infizierter und AIDS-Erkrankter
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Beispiel Dentalpsychologie
Gernot Sonneck auf Radio Österreich 1: "Wenn es schon Studenten der Zahnmedizin gibt, die es besonders interessiert, wie man einen Patienten zu Mundhygiene oder zur regelmäßigen zahnärztlichen Kontrolle motiviert oder wie man mit seinen Ängsten umgeht, das Freifach aber von der Fakultät nicht mehr angeboten wird, dann ist da wirklich ein Loch! Es wird dann nur mehr einzelne Studierende geben, die sich das in einer Privatinitiative organisieren."
Alternativen: Gratis-Lehre oder Vortrag
Einige externe Vortragende (Nicht-Habilitierte) würden sogar unentgeltlich unterrichten, sofern ihnen die Möglichkeit von der Fakultät geboten würde, meint Sonneck.

Eine weitere Möglichkeit schlägt der Institutsvorstand vor: Experten halten einzelne Vorträge. "Das geht natürlich nicht für Lehrveranstaltungen, wo es eine kontinuierliche Begleitung und Supervision der Studierenden geben muss, so wie bei der Schwerkranken-Betreuung."
Doch bewilligt: Umgang mit Gehörlosen
Im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen sollte auch jene Lehrveranstaltung gestrichen werden, in der angehende Ärzte die Kommunikation mit gehörlosen Patienten lernen. Gestern kam zumindest für dieses Freifach die Entwarnung: es wurde trotz Sparkurs bewilligt.

Denn schließlich gebe es in Österreich 10.000 gehörlose Menschen, so Gernot Sonneck vom Institut für Medizinische Psychologie. Das Freifach könne den Studenten zumindest die Grundkenntnisse vermitteln, wie man sich als Arzt verständlich macht, wie man zu einem Dolmetsch kommt, oder wie man sich in einem ärztlichen Gespräch verhält, bei dem ein Dritter (eben der Dolmetsch) dabei ist.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft
->   Medizin-Uni Wien
 
 
 
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01.01.2010