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HIV-Varianten können genetisches Material austauschen  
  Schlechte Nachrichten für die Impfstoffentwicklung gegen die Immunschwächekrankheit AIDS: Patienten können nicht nur gleichzeitig von verschiedenen HIV-Typen infiziert werden, die unterschiedlichen Viren sind neuesten Forschungen zufolge auch imstande, genetisches Material auszutauschen.  
Die daraus entstehenden hybriden Erreger bereiten den Forschern großes Kopfzerbrechen: Denn etwaige universelle AIDS-Impfungen - so es sie einmal gibt - könnten gegen diese neuen Varianten keinen Schutz bieten.
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Dies berichteten Forscher auf der Konferenz der International AIDS Society (IAS) in Paris.
->   Zur Konferenzwebsite 2003 der IAS
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Superinfektion: Zwei Virus-Typen in einem Körper
Nicht genug, dass das HI-Virus das menschliche Immunsystem mit perfider Wirksamkeit austrickst: Wie seit einigen Jahren bekannt ist, sind selbst infizierte Personen gegen andere HIV-Varianten nicht immun.

Das heißt, Personen, die von einem bestimmten Virustyp infiziert wurden, können sich etwa bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr durchaus mit einer weiteren Variante anstecken. Der Gesundheitszustand von Betroffenen verschlechtert sich in der Regel, da die Virusbelastung ansteigt. In der Fachliteratur wird dieses Phänomen "Superinfektion" genannt.
->   HIV-Superinfektion durch Vermischung der Virusstypen
Erstmals nachgewiesen: HIV-Hybride
Forscher berichten nun auf der gegenwärtig in Paris stattfindenden Konferenz der internationalen AIDS-Gesellschaft von einer Patientin, die an einer Superinfektion zweier HIV-1 Subtypen leidet. Ihr stabiler Gesundheitszustand hatte sich rapide verschlechtert, der Grund dafür liegt in einer Eigenschaft der HI-Viren, die - zwar lange vermutet - bis jetzt noch nie nachgewiesen werden konnte:

Die beiden Virusstämme hatten genetisches Material ausgetauscht und somit eine neue HIV-Variante hervorgebracht. In weiterer Folge begann diese Hybridform die anderen Virustypen zu dominieren und wurde die vorwiegende Infektion im Körper der Patientin.
Probleme für Impfstoffentwicklung
Abgesehen von dem tragischen Schicksal der Patientin bereitet dieser Fall den Forschern auch generelles Kopfzerbrechen. Der hybride Virus könnte nämlich die - ohnehin schon schleppende - Impfstoffentwicklung vor schwerwiegende Probleme stellen.

"Genetische Rekombination, die durch die Superinfektion mit verschiedenen Virusstämmen entsteht, könnte Probleme bei der Auslösung einer bestimmten Immunantwort bereiten, die für eine wirksame Impfung notwendig ist", stellte der Studienleiter Harold Burger vom Wadsworth Center in Albany, New York, gegenüber der Zeitschrift "New Scientist" fest.
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HIV: Haupt- und Untergruppen
Grundsätzlich kennt man zwei HIV-Typen, HIV-1 und HIV-2, deren Genom mehr als 50 Prozent Sequenzunterschiede aufweist. Das HIV-2-Genom ist mit 9.671 Basen etwas länger als das HIV-1-Genom (9.181 Basen) und enthält das zusätzliche Gen "vpx". In diesen beiden Gruppen unterscheidet man wiederum diverse Untergruppen (etwa M,N, O bei HIV-1), die nochmals untergliedert sind (im Text als "Subtypen bezeichnet"). Für die weltweite Pandemie macht man HIV-1, Variante M verantwortlich.
->   Mehr dazu (www.avert.org)
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Wäre selbst ein universeller Impfstoff überfordert?
Anton Pozniak vom Londoner Chelsea und Westminister Krankenhaus seht die Angelegenehit aus einer allgemeineren Perspektive: "Die Frage ist, ob man einen Impfstoff gegen alle Subtypen entwickeln kann".

Seiner Meinung nach wäre selbst ein - hypothetischer - Impfstoff, der alle gegenwärtig bekannten Subtypen abdeckt, durch solch ein hybrides Virus überfordert.
Tragischer Fall lässt Hoffnung schwinden
Burger und seine Kollegen stellten auf der IAS-Konferenz die Krankengeschichte einer kenianischen Prostituierten vor, bei der bereits 1986 eine Infektion mit HIV-1 Subtyp A festgestellt wurde.

Ihr Gesundheitszustand blieb bis zum Jahr 1992 stabil, bis die Frau von einer schweren Fiebererkrankung heimgesucht wurde und die Virusbelastung rapide anstieg. Daraufhin wurde das genetische Material in ihrem Blut erneut analysiert.

Hier konnte nun eine hybride Virusform nachgewisen werden. Der vormals reine Subtyp A-Erreger wies nun offensichtlich in gewissen Regionen auch Sequenzen auf, die zu HIV-1 Subtyp C gehören.
->   Alles zum Thema AIDS und HIV bei "Medline plus"
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01.01.2010