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Rollentausch: Weibchen füttern Männchen bei Paarung  
  Man kennt in der Biologie vor allem den umgekehrten Fall: Bei den Zeus-Wanzen allerdings füttern die Weibchen ihre Männchen während der Balz und Paarung mit einem nahrhaften Drüsensekret. Die Geschenke sind jedoch kein reiner Liebesbeweis, sondern sichern vermutlich das Überleben der Weibchen.  
Sie würden ansonsten von ihren Männchen aufgefressen, vermuten schwedische und australische Wissenschaftler im Fachblatt "Nature" vom Donnerstag.

Bislang nahmen Experten an, dass im Tierreich stets die Männchen ihre Partnerinnen in der Paarungszeit versorgten.
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"Reversal of sex roles in nuptial feeding"
Der Artikel "Reversal of sex roles in nuptial feeding" von Göran Arnquist, Theresa Jones und Mark Elgar erscheint in "Nature", Bd. 424, Seite 378, vom 24. Juli 2003.
->   "Nature"
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Fütterung alsparental investment
Die Männchen vieler Tierarten beehren ihre Weibchen während der Umwerbung oder Paarung mit "Brautgeschenken" unterschiedlichster Art.

Die Fütterung des Weibchens - etwa mit Beute oder auch mit Drüsensekreten - durch das Männchen wird üblicherweise als väterliche Investition (paternal investment) in den Nachwuchs ausgelegt.

Eine Umkehrung dieses Verhaltens kannte man bislang nicht. Doch die neue Studie stellt diese Lehrmeinung nun zur Diskussion.
Vermutung: Tausch der Geschlechterrollen
Göran Arnqvist von der Universität in Uppsala in Schweden und seine Mitarbeiter vermuteten dank der seltsamen Paarungsgewohnheiten dieser Insekten bereits, dass die zu den Bachläufern (Veliidae) gehörenden Zeus-Wanzen Phoreticovelia disparata die Geschlechterrollen getauscht hatten.
Test mit radioaktiv markierter Nahrung
 
Bild: Nature

Um diese Annahme zu überprüfen, fütterten sie weibliche Tiere mit radioaktiv markierter Nahrung und brachten sie mit Männchen zusammen. Diese reiten während der Paarung mehrere Tage auf dem Rücken des weiblichen Tieres (siehe Bild rechts).

Dabei liegen ihre Mundwerkzeuge genau an den Rückendrüsen des Weibchens (im Bild links mit Pfeilen markiert). Tatsächlich wiesen die Forscher nach einigen Tagen in den Männchen die radioaktive Markierung nach. Sie hatten also das Drüsensekret gefressen.
Rollentausch statt hoher "Paarungs-Kosten"?
Die Weibchen produzierten das Sekret ausschließlich, wenn ein Männchen auf ihnen ritt, so ein weiteres Ergebnis des Forscherteams.

Wie aber lässt sich dieses Verhalten erklären? Denn streng nach den Gesetzen der Soziobiologie tendiert jedes Individuum zur Maximierung seines (genetischen) Fortpflanzungserfolges.

Der bislang einzigartigen Rollentausch könnte sich entwickelt haben, so die Vermutung der Wissenschaftler, um gewisse von den Männchen eingeführte "Paarungs-Kosten" für die Weibchen zu reduzieren - etwa Kannibalismus oder andere Formen der Beeinträchtigung.
Namensgeber Zeus soll seine Frau verspeist haben
Dem ungewöhnlichen Fütterungsverhalten verdanken die Zeus-Wanzen im Übrigen auch ihren Namen: Der Legende nach hat der griechische Gott Zeus seine erste Frau Metis aufgegessen.
->   University of Uppsala
->   University of Melbourne
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
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01.01.2010