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GM-Food: Diskussion um Untersuchungspraxis  
  Für gentechnisch veränderte Nahrungsmittel gibt es bislang keine Beweise von toxischen oder krebserregenden Wirkungen. Kritiker wenden ein, dass dies lediglich auf fehlende Untersuchungen zurückzuführen sei.  
Britische Studie ortet geringes Risiko
Der Begriff "Gentechnik" ruft mitunter Skepsis hervor, erst recht wenn es um gentechnisch veränderte Lebensmittel geht. Wie begründet sind die Befürchtungen? Eine aktuelle britische Studie stuft genmanipulierte Nahrungsmittel als wenig riskant ein.

Diese Produkte seien wahrscheinlich genauso sicher wie herkömmliche Lebensmittel, so die Studie. Allerdings gebe es keine grundsätzliche Entwarnung. Daher stellt sich die Frage: Können gentechnisch veränderte Nahrungsmittel dem Menschen gefährlich werden?
->   Mehr zur britischen Studie bei BBC
Annahmen, keine Beweise
Die Beweislage ist dürftig: Umweltorganisationen wie zum Beispiel Global 2000 kritisieren, dass Studien über die möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen durch gentechnisch veränderte Nahrungsmittel auf Überlegungen und Prognosen basieren würden, statt auf Experimenten.
Österreichische Studie über Risikoabschätzung
Vom Umweltbundesamt und dem Interuniversitären Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur (IFZ) in Graz wurde untersucht, wie in Europa das Risiko von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln analysiert wird.
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"Fehlende Ergebnisse wegen fehlender Untersuchungen"
In der Studie steht u.a. zu lesen: "Die Vorlage von publizierten Untersuchungen ersetzt nicht die gute Laborpraxis."
Oder an anderer Stelle: "Die Information über fehlende toxische Wirkungen der gentechnisch veränderten Pflanzen ist nicht das Ergebnis von umfangreichen Untersuchungen. Vielmehr basiert diese Information oft nur darauf, dass fehlende Ergebnisse aufgrund von fehlenden Untersuchungen mit negativen Ergebnissen gleichgesetzt werden. Es ist nicht verwunderlich, dass bis jetzt keine toxischen Wirkungen gefunden wurden, da auch nicht systematisch danach gesucht wurde."
->   Zusammenfassung der Studie
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Gefährlich oder ungefährlich?
Ob gentechnisch veränderte Nahrungsmittel dem Menschen gefährlich werden können, das könne man nicht so einfach beantworten, sagt Armin Spök im ORF-Radio.

Armin Spök ist Molekularbiologe am Interuniversitären Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur und hat die Studie über die Risikoabschätzung mitverfasst. Bisher habe sich noch kein gentechnisch verändertes Nahrungsmittel als tatsächlich gefährlich erwiesen.

Aber: Man wisse, dass solche Produkte unter Umständen "gefährlich" sein können.
Beispiel "Paranuss-Soja-Allergie"
Armin Spök führt ein Beispiel dafür an, dass gentechnisch veränderte Nahrungsmittel (unerwartete) Allergien auslösen können:

"Man hat vor einigen Jahren ein Protein, ein Gen von einer Paranuss in eine Sojapflanze transferiert. Wäre diese Sojapflanze auf den Markt gekommen, hätte sie für Paranuss-Allergiker eine Gefahr dargestellt."
Bisher nur Analogieschlüsse
Das Beispiel des Paranuss-Gens in der Soja-Pflanze wird für den Bereich der Allergien oft zitiert. Für mögliche giftige Wirkungen gibt es kein derartiges Beispiel.

Armin Spök im ö1-Mittagsjournal: "Man behilft sich mit Analogieschlüssen. Man weiß beispielsweise, dass Kartoffeln oder Tomaten natürlicherweise Toxine bilden. Durch entsprechende Ernte, Lagerung oder Zubereitung sind diese Stoffe aber kein Problem. Jetzt spekuliert man, dass es durch einen Nebeneffekt der genetischen Veränderung zu einer vermehrten Produktion dieser Toxine in den Pflanzen kommen kann."

Eine weitere Überlegung sei, ob gentechnisch veränderte Pflanzen als Nebeneffekt zusätzliche oder neue Giftstoffe bilden können, sagt Armin Spök. Derzeit werde aber hauptsächlich untersucht, ob das neu in die Pflanze eingebrachte Gen selbst schädlich für den Menschen sein kann.
Weitere Untersuchungen gefordert
Um nicht über mögliche gesundheitliche Auswirkungen "spekulieren" zu müssen, seien zusätzliche Untersuchungen nötig, sagt der Molekularbiologe Armin Spök vom IFZ im ORF-Radio. Doch welche Tests tatsächlich erforderlich sind, sei umstritten.
Mögliche giftige Wirkungen zu wenig untersucht
Heinz Hofer, Toxikologe bei den Austrian Research Centers in Seibersdorf (ARCS), hat ebenfalls an der Studie über die derzeit gängige Risikoabschätzung mitgearbeitet.

Ein Ergebnis: gentechnisch veränderte Nahrungsmittel werden auf mögliche giftige Wirkungen unzureichend untersucht. Nach Langzeitfolgen muss erst systematisch geforscht werden, sagt Heinz Hofer:

"Bei den gentechnisch veränderten Lebensmitteln hat man Untersuchungen z.B. auf krebserregende Wirkung oder auf chronische Toxizität bisher nicht durchgeführt."
"Teufelskreis" durchbrechen
Nun gelte es folgenden Teufelskreis zu durchbrechen, sagt der Toxikologe: "Bis jetzt gibt es keine berichteten toxischen Wirkungen von gentechnisch veränderten Lebensmitteln. Deshalb sagen die Hersteller ¿ und die Behörden schließen sich an ¿ muss auch nicht untersucht werden. Weil nicht untersucht wird, können manche der toxischen Wirkungen nicht gefunden werden - folglich werden auch keine weiteren Untersuchungen gefordert."

Aus seiner Sicht müssten mögliche Langzeitfolgen, Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit oder Zusammenhänge mit Krebs noch untersucht werden, sagt der Toxikologe Heinz Hofer. So wie es zum Beispiel bei Arzneimitteln gang und gäbe ist.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft
->   Umweltbundesamt
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->   Alles über Gentechnik im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010