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Archäologen graben antikes Nobelhotel aus  
  Bochumer Archäologen haben jetzt in Oberitalien ein antikes Nobelhotel aus römischer Zeit ausgegraben. Was zunächst wie ein römischer Gutshof aussah, entpuppte sich als antike Erholungsstätte mit integriertem Schönheitssalon.  
Zunächst hatten es die Archäologen der Ruhr-Universität Bochum für eine gutshofartige Anlage gehalten. Doch je länger sie gruben, desto deutlicher wurde, dass sie es mit einem antiken Nobelhotel zu tun hatten. Ein sensationeller Fund als Abschluss für die zehnjährigen Ausgrabungen in Oberitalien, die von Prof. Dr. Hermann Büsing und Dr. Andrea Büsing-Kolbe vom Institut für Archäologie der Ruhr-Universität Bochum geleitet wurden.
Mehr als 600 Jahre lang bewohnt
Das Grabungsgebiet liegt direkt am Po zwischen den Städten Ficarolo und Gaiba. Seit 1992 legten die Bochumer Archäologen dort ein großes Anwesen frei. Sie hielten es zunächst für eine Villa Rustica (Gutshof), der im 1. Jahrhundert vor Chr. angelegt worden war.

Ebenfalls 1992 wurde das Grab einer ostgotischen Dame entdeckt, die in vollem Ornat bestattet worden war. Das Anwesen war demnach noch im 6. Jahrhundert nach Chr. bewohnbar, da sich erst zu dieser Zeit Ostgoten in Oberitalien aufhielten.
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Antike Raststation mit allen Annehmlichkeiten
In den beiden letzten Jahren der Grabungen hat sich jedoch gezeigt, dass der riesige Bau von über 80 m Länge für eine Villa Rustica zu groß und im Grundriss unüblich war. Das Gebäude gliedert sich in zwei symmetrische Flügel, die von einem offenen Hof mit gemauertem Altar getrennt wurden. In privaten Gutshöfen aber kommen keine gemauerten Altäre vor. Der Altar und die Zwei-Flügel-Anlage führten die Archäologen auf die richtige Spur: Beim Anwesen handelt es sich um ein Hotel, eine antike Raststation mit Reparaturbetrieben und allen Annehmlichkeiten, die hoch gestellte Reisende in der Antike erwarten konnten. Denn die Reisenden waren meistens Staatsbeamte oder Offiziere, die zu ihren Truppenteilen unterwegs waren, keine Touristen.
->   Leben in der römischen Antike
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Rekonstruktion der antiken Raststätte in Oberitalien
 


An der Kreuzung zweier Römerstraßen
Das Nobelhotel lag an der Kreuzung zweier römischer Staatsstraßen. Eine verlief von Bologna nach Padua und überquerte bei Ficarolo den Po. Dazu war eine Schiffsbrücke ausreichend, die dem ständig wechselnden Flusslauf besser angepasst war als eine steinerne Brücke. Die zweite Staatsstraße lief auf dem nördlichen Ufer des Po entlang und führte von Verona nach Ravenna.
Noch heute kühles Brunnenwasser
Eine schattige Halle aus Säulen und Pfeilern nimmt die gesamte Südseite des Hotels ein und ist zweigeschossig. Im Ostflügel entdeckte man Spuren eines Treppenhauses. Im Westflügel wurde im Jahr 2000 unter dem Dach der Halle ein mindestens 7,50 m tiefer Brunnen ausgegraben, der noch heute frisches und kühles Wasser liefert.

Vor dem Hauptgebäude im Süden zieht sich ein gepflasterter Bereich hin, an den im Westen ein rekonstruiertes Grätschen angrenzt: Hier wurde die ostgotische Dame gefunden. Ein weiteres Gebäude steht frei im Osten; es ist wie eine Scheune gebaut gewesen und stand ausschließlich auf Pfeilern. Hier konnte man Reisewagen und Pferde unterstellen.
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Antiker Schönheitssalon integriert
Im Haus wurde hochwertiges Tischgeschirr städtischen Standards gefunden, vor allem Trinkschalen und Kannen, die beim Umtrunk gebraucht wurden; an anderen Stellen kamen zahlreiche Reste von Amphoren ans Licht, die dem Transport von Wein dienten. Aber das war nicht alles. In einem Raum fanden sich viele Gegenstände zum Schminken, Kämmen und Schmücken der Frauen, die an einen Schönheitssalon erinnern.
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Münzen aus der Zeit Cäsars
Also war offenbar auch für die Unterhaltung der Gäste gesorgt. In einem anderen Raum zeigen etwa 25 Webgewichte an, dass Textilien hergestellt wurden. Eine Purpurschnecke beweist, dass diese Stoffe an Ort und Stelle gefärbt wurden.

Hinzu kommen zahlreiche Gegenstände aus fernen Ländern: syrisches oder ägyptisches Glas neben römischem; eine Silbermünze des numidischen Königs Juba I. aus der Zeit des Pompeius und Cäsars, die nicht zu den normalen Umlaufmünzen im römischen Reich gehört; eine Emailarbeit in keltischem Stil, die während der römischen Besetzung Britanniens entstanden ist.

(idw/red)
->   Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum
->   Römisches Leben in der Antike
 
 
 
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01.01.2010