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Neue Wege beim wissenschaftlichen Publizieren  
  Bei den wissenschaftlichen Zeitschriften in Deutschland bahnt sich eine Strukturveränderung an. Wegen stark steigender Zeitschriftenpreise und knapper Universitätsbudgets gehen Hochschulen und wissenschaftliche Bibliotheken derzeit dazu über, die kommerziellen Großverlage beim Kauf wissenschaftlicher Zeitschriften zu umgehen. Im Gegenzug werden alternative, hochschuleigene Publikationsplattformen aufgebaut. Große Hoffnung wird dabei auf das Internet als Medium zur Veröffentlichung gesetzt.  
"Den Stein ins Rollen gebracht hat die so genannte Zeitschriftenkrise", sagt Professor Elmar Mittler, Vorstandsmitglied im Deutschen Bibliotheksverband (DBV) und Direktor der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Seit über einem Jahrzehnt seien die Preise für Zeitschriften-Abos enorm gestiegen - in einzelnen Segmenten um bis zu 20 Prozent jährlich.
"Paradoxe Preisspirale" gefährdet Austausch
Um ihre Budgets im Gleichgewicht zu halten, bestellen die Universitätsbibliotheken teure Abonnements ab. Daraufhin sinken die Auflagen der Verlage. Das wiederum führt zu neuen Preissteigerungen. "Diese paradoxe Preisspirale gefährdet den wissenschaftlichen Austausch in erheblichem Maß", sagt Mittler.
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Wer ist schuld an der fatalen Preisentwicklung?
Schuld an dieser fatalen Preisentwicklung haben nach Ansicht vieler Bibliothekare die kommerziellen Großverlage. "Viele Verlage sind quasi Monopolisten für die Publikation auf einem speziellen Fachgebiet", sagt der Fachreferent an der Universitätsbibliothek Karlsruhe, Michael Mönnich. Daher könnten sie relativ einfach Preiserhöhungen durchsetzen. Die Verlage dagegen verweisen auf einen immer größeren Verwaltungsaufwand beim Management der meist hoch spezialisierten Zeitschriftentitel und auf teilweise drastisch sinkende Auflagen.
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"Open-Access"-Projekte sollen Abhilfe schaffen
Die Krise in der wissenschaftlichen Informationsversorgung soll indes durch eine Reihe von Projekten unter dem Stichwort "Open-Access" überwunden werden. Forschern und Institutionen soll damit ein freier und kostengünstiger Zugriff auf qualitätsgeprüfte, wissenschaftliche Beiträge ermöglicht werden.

Bereits im vergangenen November hatte die Hochschulrektorenkonferenz ihren Mitgliedsuniversitäten eine Neuausrichtung ihrer Informations- und Publikationssysteme empfohlen.
Lokale Uni-Rechner und Pre-Printservern
Wissenschaftliche Beiträge sollen demnach vermehrt auf lokalen Universitätsrechnern und in elektronischen Fachdatenbanken, so genannten Pre-Printservern, publiziert werden. Diese sind frei im Internet abrufbar.

Zudem wurden die Hochschulen in dem Papier zur Gründung eigener Universitätsverlage aufgefordert, um den "kommerziellen Interessen der Großverlage entgegenzuwirken".
Beispiel Hamburg: Eigener Universitätsverlag
Im Fahrwasser der Bewegung hat sich in Hamburg bereits ein eigener Universitätsverlag gegründet. Ein weiterer wird in Karlsruhe in diesem Herbst seine Arbeit aufnehmen.

In einem Verbundprojekt der Universitäten Karlsruhe, Hamburg und Oldenburg mit dem Namen German Academic Publishers (GAP) erarbeiten Experten gerade ein neuartiges Verlagsmodell, das es den Forschern der Mitgliedsuniversitäten erlaubt, kostenlos auf der gemeinsamen Plattform im Internet zu publizieren.

Im Gegenzug stellen die Partneruniversitäten durch Mitgliedsbeiträge die Finanzierung sicher. Ziel ist eine Mitgliedschaft aller deutschen Universitäten im Verbund.
"Alternativmodell zum kommerziellen Verlagswesen
"Wir sehen uns als klares Alternativmodell zum kommerziellen Verlagswesen", sagt Mönnich, der den "Non-Profit"-Verlag GAP mitbetreut. Beispiele aus dem Ausland, wie etwa der britische Online-Verlag BioMedCentral, bewiesen, dass das Konzept aufgeht.

Walther Rosenberger, dpa
->   BioMedCentral
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Wissenschaft gratis für alle? (3.9.01)
->   Die Zukunft der wissenschaftlichen Zeitschrift (6.7.01)
 
 
 
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01.01.2010