News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Genom-Vergleich: 13 Wirbeltiere sollen Aufschluss geben  
  Vergleichende Gen-Studien etwa zwischen Mensch und Tier bringen so manche Erkenntnis. Besonders umfangreich ist eine Untersuchung, die nun veröffentlicht wurde: Die beteiligten Forscher haben eine Genomsequenz des Menschen mit dem entsprechenden DNA-Abschnitt von gleich zwölf Wirbeltieren verglichen - und wollen so auch neue Erkenntnisse über deren Stammbaum erhalten: Der Mensch ist demnach weit näher mit Ratten oder Mäusen verwandt, als beispielsweise mit dem "besten Freund des Menschen", dem Hund.  
Ein 71-köpfiges Forscherteam unter der Leitung von Eric Green, Wissenschaftlicher Direktor des amerikanischen National Human Genome Research Institute (NHGRI), hat eine spezifische Genomsequenz von insgesamt 13 Wirbeltieren verglichen.

Darunter befinden sich - abgesehen vom Menschen - Schimpanse, Pavian, Katze, Hund, Kuh, Schwein, Ratte, Maus, Huhn, Zebrafisch sowie zwei Arten von Kugelfisch (Fugu und Tetraodon). Die Ergebnisse des Vergleichs wurden im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht.
...
Der Artikel "Comparative analyses of multi-species sequences from targeted genomic regions" ist erschienen in "Nature", Bd. 424, Seiten 788-793, vom 14. August 2003 (doi:)
...
Langer Weg vom Genom zum Proteom
Vor zwei Jahren wurde die Entschlüsselung des menschlichen Genoms unter großer medialer Aufregung bekannt gegeben - die Ernüchterung der Öffentlichkeit folgte alsbald: Denn der Bauplan alleine sagt recht wenig aus, wie man anschließend erfuhr.

Die Funktion aller Gene (genauer gesagt die durch die Gene kodierten Proteine, die eigentlich für Funktionen vom Zellaufbau bis hin zu Stoffwechsel-Reaktionen verantwortlich sind) ist es vielmehr, die nach wie vor die Wissenschaft und ihr Publikum beschäftigt. Das Proteom jedoch lässt noch auf sich warten.
Vergleichende Studien sollen Erkenntnisse liefern
Aber auch vergleichende Genom-Studien etwa zwischen Mensch und Tier bringen so manche Erkenntnis. "Der systematische Vergleich von Genom-Sequenzen verschiedener Organismen repräsentiert einen zentralen Blickpunkt der gegenwärtigen Genom-Analyse", beginnt der Artikel in "Nature".

Besonders umfangreich ist die Untersuchung, die nun veröffentlicht wurde:

Die beteiligten Forscher haben sich nicht auf ein oder zwei Arten beschränkt, sondern eine Genomsequenz des Menschen mit dem entsprechenden DNA-Abschnitt von gleich zwölf Wirbeltieren verglichen - und wollen so auch neue Erkenntnisse über den Stammbaum der Vertebraten (Wirbeltiere) erhalten.
Transposonen liefern Informationen
Die Forscher konzentrierten sich bei allen 12 untersuchten Spezies auf eine Region im Erbgut, die in etwa einem Segment von rund 1,8 Megabasen - also 1,8 mal 10 hoch 6 Basenpaare - auf dem menschlichen Chromosom 7 entspricht.

Dort finden sich zehn bereits zuvor identifizierte Gene, unter anderem ein Erbfaktor, der bei Cystischer Fibrose mutiert ist.

Im Blickpunkt der Forscher lagen allerdings nicht die Gene, sondern die so genannten Transposonen oder "transponierbaren genetischen Elemente". Diese mobilen DNA-Segmente können ihre Position innerhalb der DNA verändern, dabei Gene mit sich tragen und das Genom so strukturell verändern.
...
Groß angelegter Vergleich identifizierte "springende Gene"
Erst durch den groß angelegten Genom-Vergleich ist es nach Auskunft der Forscher gelungen, eine beträchtliche Anzahl solcher Transposonen auf den untersuchten Gen-Abschnitten zu identifizieren. Wie man heute weiß, ist beispielsweise beim Menschen ein großer Teil des Genoms auf die "springenden Gene" zurück zu führen.
...
"Blick durch das Fenster der Wirbeltier-Evolution"
Diese Transposonen dienten den Forschern als "Archiv" zur Genom-Evolution der unterschiedlichen Arten: "Unser Ansatz (...) ermöglicht einen zuvor nicht verfügbaren Blick durch das Fenster der Wirbeltier-Evolution", heißt es in "Nature".
Mensch näher mit Ratte verwandt, als mit Hund
Ein Ergebnis des Vergleichs könnte auch gleich eine heftige Kontroverse im Feld der evolutionären Genomik weiter anheizen, meinen die Forscher: Demnach sind Primaten wie Mensch oder Schimpanse sehr viel näher mit Nagern verwandt, als etwa mit Vertretern der Karnivoren (Fleischfresser) oder der Paarhufer.

Gleichzeitig ist es nach Auskunft der Forscher so, dass sich das Genom von Ratten, Mäusen und Co. auch deutlich schneller verändert hat, als das Erbgut von Primaten, Kühen, Schweinen, Hunden oder Katzen.

Für einen breiteren Blickwinkel seien allerdings noch weitere Studien nötig, betonen die Wissenschaftler in einer Aussendung des NHGRI. Tatsächlich plant man dort schon Großes: Die untersuchte Region ist demnach nur der Anfang, rund 100 weitere sollen - ebenfalls im Rahmen von "Multi-Spezies-Analysen" - folgen.
->   National Human Genome Research Institute (NHGRI)
Mehr zum Thema Genetik in science.ORF.at:
->   Genetiker errechneten dramatische Verluste durch Walfang (24.7.03)
->   Erbgut des Milzbrand-Erregers: Winzige Unterschiede sind tödlich (30.4.03)
->   Ikone Doppelhelix: Imagepolitur für Human-Genomprojekt? (23.4.03)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010