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Spektakulärer Schädelfund gibt neue Rätsel auf  
  Ein internationales Forscherteam hat im Norden Kenias den Schädel eines bis zu 3,5 Millionen Jahre alten Vorfahren des Menschen entdeckt. Dieser Fund könnte für weitere Verwirrung in der Frage sorgen, welche Hominiden-Gruppe in direkter Linie zum Menschen führte.  
Über 30 Knochen und Zahnfragmente
Das Team um die Anthropologin Maeve Leakey vom kenianischen Nationalmuseum machte den spektakulären Fund in Lomekwi am Westufer des Turkana-Sees, wie die britische Fachzeitschrift "Nature" in ihrer neuen Ausgabe berichtet. Dort fanden die Forscher mehr als 30 Knochen- und Zahnfragmente, mit denen sich der Schädel fast vollständig rekonstruieren ließ.

Sie stammen von einem Hominiden, der vor 3,2 bis 3,5 Millionen Jahren auf der Erde lebte.
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Hominiden
Als Hominiden werden die Vorfahren des Menschen bezeichnet. Einzige überlebende Hominiden-Art ist der Mensch selbst (Homo sapiens). Die Entwicklungslinie der Hominiden dürfte sich von der zum Schimpansen bzw. zu den afrikanischen Menschenaffen vor fünf bis sieben Mio. Jahren abgespalten haben. Zu den früh entstandenen Merkmalen der Hominiden gehören der aufrechte Gang sowie Veränderungen des Kiefers (z. B. verkleinerte Eckzähne). Die zunehmende Gehirngröße ist eher eine spätere Entwicklung. Welche Hominiden-Gruppe allerdings die tatsächlichen Vorfahren des Menschen sind, ist umstritten. Lesen Sie eine Auflistung spektakulärer Ausgrabungen in science.orf.at:
->   Meilensteine aus sechs Millionen Jahren
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Der flachgesichtige Mensch von Kenia
Nach Angaben der Forscher handelt es sich um eine völlig neue Hominiden-Art, die das Rätsel um die Ursprünge des Menschen um ein weiteres Puzzlestück erweitert. Wegen der flachen Gesichtsform nannten sie ihren Fund "Kenyanthropus platyops" - "Der flachgesichtige Mensch von Kenia".

Der Schädel des Kenyanthropus war so groß wie bei einem Schimpansen; sein Gesicht war länglich, flach und sein Kiefer mit ungewöhnlich kleinen Backenzähnen ausgestattet. Der Schädel gleicht überdies auffällig einem anderen, den Leakeys Mann Richard in den 70er Jahren an der Ostseite des
Turkana-Sees fand.
Sackgasse der Evolution

Knochenfunde aus der Sterkfontein-Höhle in Südafrika.
Bis vor kurzem unterschied die Forschung nur zwischen drei Gruppen von Hominiden. Zur ältesten Gruppe wurde der "Australopithecus afarensis" gezählt, deren weltberühmte Vertreterin "Lucy" 1974 von Donald Johnson in Äthiopien entdeckt wurde.

Nachdem jedoch in Kenia, Äthiopien und im Tschad unlängst noch drei weitere Australopithecus-Arten entdeckt worden waren, traten zunehmend Zweifel an dieser Kategorisierung auf.

Wissenschaftler aus Frankreich und Kenia sorgten im vergangenen Monat mit der These für Wirbel, der Australopithecus sei in der Evolution eine Sackgasse gewesen und von anderen Hominiden verdrängt worden. Sie präsentierten dabei die fossilen Reste eines menschlichen Vorfahren, die sie in den kenianischen Tugen-Bergen entdeckt hatten und deren Alter auf sechs Millionen Jahre geschätzt wird.
Weitere Verwirrung
In einem Kommentar zu dem Schädelfund vom Turkana-See schrieb Daniel Liebermann von der George-Washington-Universität, Kenyanthropus werde wohl für weitere Verwirrung bei der Klärung der Schlüsselfrage sorgen, welche der Hominiden-Gruppen in direkter Linie zum Menschen führte. "Es scheint, dass in dem Zeitraum vor 3,5 bis zwei Millionen Jahren mehrere menschenähnliche Wesen existierten, die alle an unterschiedliche Lebensbedingungen angepasst waren."

(AFP)
->   Nature
 
 
 
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01.01.2010