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Arbeitsgruppe Bioinformatik Graz
Gastbeitrag von Albert Karsai, dialog<>gentechnik
 
  Stellen Sie sich vor, Sie müssten 30.000 Substanzen in wässriger Lösung einzeln auf einem simplen Objektträger fixieren und sich dabei auch noch die genaue Position jeder Substanz merken. Unmöglich, meinen Sie? Zlatko Trajanoski vom Institut für Biomedizinische Technik der TU Graz und Österreichs erster Professor für Bioinformatik weiß, wie es geht.  
"DNA-Microarrays (DNA-Chips) sind ein Paradebeispiel für die Macht der Bioinformatik", so der Grazer Bioinformatiker. Mit Hilfe eines präzise arbeitenden Gerätes werden zehntausend Gene auf einem einzigen Objektträger aufgebracht. Die computergestützte Verwaltung und Auswertung ermöglicht die einwandfreie Identifikation eines jeden Gens.

Mittels dieser Genchips lässt sich in einem einzigen Experiment der Aktivitätsstatus zehntausender Gene untersuchen. Nur mit Hilfe solcher automatisierter Hochleistungsverfahren sind die ehrgeizigen Ziele der Genomforschung zu verwirklichen.
"Think big"
Die Arbeitsgruppe Bioinformatik an der TU Graz unter der Leitung Trajanoskis ist selber ein Paradebeispiel erfolgreicher österreichischer Wissenschaft. Getreu dem Motto "Think big" baute Trajanoski in den letzten Jahren die Arbeitsgruppe auf, die zur Zeit 25 Personen umfasst.

"Um dauerhaft Spitzenforschung betreiben zu können, bedarf es einer bestimmten 'kritischen Masse' an personellen und finanziellen Ressourcen. Der Aufbau und die Instandhaltung der technischen Infrastruktur ist sehr kostspielig, unter einer Million Euro bewegt sich da nicht viel", meint Trajanoskis. Dazu kommen noch die Kosten für Software, laufende Systemerneuerung sowie Personalkosten.
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Interdisziplinäres Team
Das Team selbst besteht aus Naturwissenschaftlern, Technikern und Informatikern. "Der Vorteil eines großen interdisziplinären Teams besteht darin, dass wir von der Herstellung der Genchips über die 'Wet Labs' (die molekularbiologische Analytik) bis zum Schreiben der Anwendungs-Software alles selber machen können. Dies ermöglicht uns eine große Flexibilität bei unseren Projekten", erläutert Trajanoski.
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Forschungsschwerpunkte und Grundlagenforschung
Ermöglicht wurden die umfangreichen Vorhaben durch das österreichische Genomforschungprojekt GEN-AU, in dessen Rahmen die Wissenschaftler zwei Projekte durchführen. "Ein kleines Land wie Österreich muss in der Forschungsförderung einfach Schwerpunkte setzen", sagt Trajanoski. Trotzdem plädiert er dafür, eine breit angelegte Grundlagenforschung zu betreiben.

Schließlich wisse man nie, aus welchen Bereichen bedeutende Anwendungen für die Zukunft erwachsen. "In den USA und Großbritannien gibt es in der Öffentlichkeit einfach ein größeres Bewusstsein für die Rolle von Forschung als Motor für Innovation und Wirtschaftswachstum!", sagt der Wissenschaftler.
Kooperationen trotz Eigenständigkeit
Trotz der hohen Eigenständigkeit der Gruppe sind Kooperationen mit Partnerinstituten und Firmen von großer Wichtigkeit. So sind die Projekte im Rahmen von GEN-AU Verbundprojekte mehrerer österreichischer Universitätsinstitute.

Daneben existiert am Institut ein Christian-Doppler-Labor für Genomik und Bioinformatik, welches zusammen mit Partnern aus der Industrie betrieben wird. Und gemeinsam mit dem Software-Riesen Sun Microsystems sowie dem Institut für molekulare Pathologie (IMP) in Wien bilden die Grazer ein "Center of Excellence" für Bioinformatik.
Erfahrungen aus den USA
Erworben hat Zlatko Trajanoski seine Expertise während eines mehrjährigen Forschungsaufenthaltes in den USA. Dass die Expertise des Teams auch weitergegeben wird, dafür sorgen die Ausbildungsprogramme des Instituts. So haben angehende als auch etablierte Wissenschaftler die Möglichkeit, vor Ort durch "learning by doing" Kenntnisse zu erwerben und zu vertiefen.

Und neben der universitären Ausbildung startet heuer zum ersten Mal der einjährige Lehrgang "Molecular Bioengineering", ein Post-graduate-Kurs für Naturwissenschaftler, Biotechniker, Informatiker und Mediziner.
Zukunft der Genomforschung
Auf die Frage, was die Genomforschung in Zukunft bringen wird, reagiert Trajanoski zurückhaltend:

"Bevor es zu medizinischen Routineanwendungen für die Patienten kommt, müssen erst die Funktionen und das Zusammenwirken der einzelnen Gene, sowie die molekularen Krankheitsmechanismen besser verstanden werden. Erst danach sind konkrete Therapien zu erwarten. Am frühesten wird wohl der Bereich der Diagnostik von der Genomik profitieren."

Wichtig sei ein verantwortungsvoller Umgang im Zusammenhang mit der Ankündigung neuer Therapien. "Verfrühte Erfolgsmeldungen und Versprechungen enttäuschen die Patienten und vermindern das Vertrauen in die Wissenschaft", so Trajanoski.
->   Arbeitsgruppe Bioinformatik an der der TU Graz
->   Institut für Biomedizinische Technik der TU Graz
->   GEN-AU-Projekte
->   Bioinformatik-Lehrgang, TU-Graz
 
 
 
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01.01.2010