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Wie gefährlich ist die Hormonersatztherapie wirklich?  
  In den vergangenen Wochen wurden jene medizinischen Studien heftig und kontrovers diskutiert, die ein dramatisch erhöhtes Brustkrebsrisiko aufgrund von Hormonbehandlungen gegen Wechselbeschwerden nachwiesen. Der Ö1-Radiodoktor versucht Klarheit in die sehr emotional geführte Diskussion zu bringen und beleuchtet Nutzen und Risiken der Hormonersatztherapie.  
Einige Mediziner kritisieren das Design der Studien und stellen somit deren Ergebnisse in Frage. Andere Experten sehen sich in ihrer Skepsis gegenüber Hormon-Behandlungen bestätigt - vor allem wenn diese hauptsächlich als "Anti-Aging Strategie" dienen.
Erste Reaktionen
Neben der fachlichen Diskussion erfolgten auch schon erste Reaktionen. So sollen in Amerika und Deutschland die Beipackzettel von Hormon-Präparaten in Zukunft mit einer entsprechenden Krebswarnung versehen werden.

In Österreich wurde vom Gesundheitsministerium beim Obersten Sanitätsrat ein Gutachten über die Hormonersatztherapie in Auftrag gegeben, die Österreichische Krebshilfe rät offiziell zum Abbruch von Hormonbehandlungen gegen menopausale Beschwerden.
Brustkrebs-Risiko steigt um das Vierfache
Wie science.ORF.at bereits berichtete, erhöht laut einer Studie des renommierten Fachjournals "The Lancet" die Hormontherapie gegen Menopause-Beschwerden mit zwei Wirkstoffen das Brustkrebsrisiko beträchtlich. Die Gestagen-Östrogen-Therapie birgt ein viermal größeres Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, als die Behandlung mit dem Hormon Östrogen allein.

Die Dauer der Einnahme steht nach Erkenntnissen der Studie in direktem Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit an Brustkrebs zu erkranken. Allerdings sinke das Risiko auch wieder, wenn die Einnahme gestoppt werde.

Eine ähnliche Studie wurde voriges Jahr in den USA gestoppt, da sich herausgestellt hatte, dass bei den Teilnehmerinnen das Brustkrebsrisiko um 26 Prozent gestiegen war. Prinzipiell stellten die Wissenschaftler fest, dass das Risiko, an Brustkrebs zu sterben, für Frauen mit Hormontherapie, egal ob mit einem oder mehreren Wirkstoffen, um 22 Prozent höher sei als bei Frauen, die sich einer solchen Behandlung nicht unterziehen.
->   Der Artikel in "The Lancet": "Side-effects of hormone-replacement therapy" (Bd. 362, S. 419)
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Hormonersatz in den Wechseljahren
Mit ca. 50 setzen die Wechseljahre ein. Doch die Hormonproduktion nimmt schon einige Jahre davor ab. Die weiblichen Geschlechtshormone wirken auf vielfältige Weise. Einerseits beeinflussen sie direkt die Zell-DNA. In dieser werden verschiedene Proteine gebildet wie z. B. Immunbotenstoffe. Werden diese bei den Wechseljahren vermindert, entstehen die typischen Beschwerden: Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, trockene Augen und weniger Lust auf Sex. Werden Hormone eingenommen, verschwinden diese Beschwerden meist wieder.
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Kritik und Zustimmung
Vor allem das Design der "Lancet"-Studie wird von einigen Fachleuten kritisiert. Außerdem würden in den USA undifferenziert Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren die gleiche Menge an Hormonen verabreicht, ob sie diese benötigten oder nicht. Eine Vorgangsweise, die angeblich in Europa nicht angewandt wird. Befürworter der Studie bezweifeln dies, da sich die Hormonersatztherapie auch in Österreich als "Anti-Aging Strategie" großer Beliebtheit erfreut.

Nicht nur aus diesem Grund hat sich die Österreichische Krebshilfe dazu entschlossen, vehement vor dem höheren Brustkrebs- und Brustkrebssterberisiko infolge einer Hormonersatztherapie nach der Menopause zu warnen. Österreichs Ärzte sollten alle betroffenen Frauen darüber aufklären. Und: Es sollte versucht werden, den Hormonersatz zu beenden.

Das Gesundheitsministerium hat zur Hormonersatztherapie eine Info-Hotline eingerichtet. Unter der Telefonnummer 0800/20-16-11 können Sie von Montag bis Freitag von 8.00 bis 16.00 Uhr Auskunft zum Thema erhalten.

Walter Gerischer-Landrock, Ö1 Radiodoktor
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Ö1-Radiodoktor: Infomappe bestellen
Eine kostenlose Infomappe zur Sendung vom 6.10.03 kann bestellt werden unter: ORF Redaktion Radiodoktor, Postfach 1000, Kennwort: Hormonersatztherapie, 1040 Wien oder E-Mail: radiodoktor@orf.at
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->   Österreichische Krebshilfe
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Kombinierte Hormontherapie erhöht Brustkrebsrisiko (08.08.03)
->   US-Studie zur Hormonersatztherapie gestoppt (09.07.03)
->   Hormonersatz: Politik reagiert auf warnende Studien (19.08.03)
->   Hormonersatz: Mammographie-Screening geplant (25.08.03)
->   Hormonersatz: Auch mehr Brustkrebsfälle in Österreich? (09.09.03)
 
 
 
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01.01.2010