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Orienta - Navigation mit Hindernissen  
  Im Sommer präsentierte die europäische Space Agency ein auf GPS basierendes Navigationssystem für blinde Menschen. Vorgestellt wurde das Produkt unter dem Namen "Tormes". Jetzt ist es unter der Bezeichnung "Orienta" seit Juli auf dem spanischen Markt erhältlich.  
Das Navigationssystem für blinde Menschen wurde von der ESA in Zusammenarbeit mit internationalen Firmen und der spanischen Blindenorganisation ONCE entwickelt.
Orienta wie Orientierung
Navigationssysteme, die mit GPS, dem Global Positioning System ausgerüstet sind, gibt es schon seit längerem. Einst vom Militär entwickelt, werden sie zur Ortung eines Standorts via Satellit verwendet. Seit ein paar Jahren bietet die Autoindustrie dieses System als Komfortelement in ihren Fahrzeugen an.

Neu an "Orienta" ist jetzt die Adaption des konventionellen GPS Systems für blinde Menschen. Die Software, die bei ONCE gratis erhältlich ist, wurde für eine Art Notetaker für Blinde namens Sonobraille entwickelt. Von kommerziellen Firmen stammen die Navigationskarten und das System für die Sprachausgabe.
Alles eine Frage der Präzision
Während die Autoindustrie mit Kartenmaterial um seine Kunden wirbt, die eine Position mit Hilfe von GPS auf unter fünf Meter feststellen kann, bleibt man bei ONCE realistisch. Alle zehn Meter, so Jose Luis Fernandez Coya kann der Standort einer Person neu berechnet werden.

Derart ungenaues Datenmaterial eignet sich allerdings nicht dafür, Menschen ohne Sehvermögen alleine durch die Straßen navigieren zu lassen. Es hilft Blinden relativ wenig, wenn sie nicht
feststellen können, ob sie sich auf der linken oder rechten Straßenseite befinden. Das war auch mit ein Grund, warum sich die Entwickler von ONCE mit der Europäischen Space Agency zusammensetzten.
Auf zwei Meter genau - aber nur bei optimalen Bedingungen
Deren Wissenschaftler schufen EGNOS, das '"European Geostationary Navigation Overlay Service", und deren Pressestelle verkündete stolz, dass damit ein GPS-Signal auf eine Genauigkeit von zwei Metern korrigiert werden kann.

Allerdings erwähnten sie nicht, wie Jose Luis Fernandez Coya von ONCE, dass man diese Genauigkeit nur unter idealen Bedingungen erreichen kann. Am besten auf offenem Feld. In einer Stadt, in der die Signale des Satelliten auch von Hochhäusern gestört werden können, ist man davon noch weit entfernt.
Es muss nicht neu, aber erschwinglich sein
Der Computer, auf dem "Orienta" läuft, kann man nicht unbedingt als "State of the Art" bezeichnen. Weder die Software noch die dafür notwendige Hardware entsprechen dem Angebot, das man in den diversen Schaufenster von Computergeschäften sehen kann.

Der digitale Assistent für Blinde, der so genannte SonoBraille, kam zwar erst vor drei Jahren auf dem Markt, hat aber mehr oder weniger noch immer die Größe einer Schuhschachtel und wiegt fast ein Kilo.

Als Betriebssystem setzt man auf MSDOS. Aber dafür ist der Computer mit einer Brailletastatur ausgestattet und anstelle eines Bildschirms gibt es eine Sprachausgabe. Und das Produkt ist erschwinglich. Das, so Jose Luis Fernandez Coya, ist für ONCE ein wesentliches Kriterium.

In Kanada bietet die Firma "VisuAide" ein ähnliches Gerät für Blinde an: Es ist leichter und mit Stimmausgabe und einem GPS-System ausgerüstet. Jedoch funktioniert das Positionssystem noch ungenauer als das von Orienta und mit 1.500 US-Dollar ist es fast dreimal so teuer.
Technik ist kein Ersatz, aber kann ein Hilfsmittel sein
Mit Hilfe von "Orienta" können Blinde in Taxis die Fahrgeschwindigkeit berechnen, sie können eruieren, wo sie sich gerade befinden und damit die Fahrt auch mitverfolgen.

Das System ist frei konfigurierbar, und die Navigationspläne können mit eigenem Datenmaterial angereichert werden. Aber es ist noch weit davon entfernt, ein Ersatz für Blindenstab und Blindenhund zu sein.

Bei ONCE wird es eher als virtueller Routenplaner eingesetzt. Kartenmaterial für über 40 spanische Städte werden bislang dafür angeboten. Im Gegensatz zur Autoindustrie kann es sich ONCE nicht leisten, ihren Kunden unter dem Label "Komfortelement" mit ungenauen Daten auf die Straße zu schicken, denn ihrer Klientel fehlt eben ein wesentliches Korrektursystem: Sehvermögen.

Mariann Unterluggauer, Ö1-Matrix
->   Orienta bei ONCE (spanisch)
->   VisuAide
->   Beschreibung von Orienta (spanisch)
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Mehr dazu in der Sendung "Matrix" von Ö1, am Sonntag, den 5. Oktober, 22.35 Uhr.
->   Ö1-Matrix
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->   Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010