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Physik-Nobelpreis 2003 verliehen  
  Der diesjährige Nobelpreis für Physik zeichnet drei Forscher aus, die "bahnbrechende Arbeiten in der Theorie über Supraleiter und Supraflüssigkeiten" geleistet haben.  
Supraleitung und Suprafluidität
Die Preisträger sind der Amerikaner Alexei Abrikosov, der Russe Vitaly Ginzburg und der Brite Anthony Leggett. Sie wurden für entscheidende Arbeiten über zwei quantenphysikalische Phänomene - Supraleitung und Suprafluidität - von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet.

Die Preissumme beträgt zehn Millionen schwedische Kronen (rund 1,1 Mio. Euro), die zu gleichen Teilen zwischen den Preisträgern aufgeteilt werden.
Supraleitung und Suprafluidität
"Supraleitendes Material wird z. B. in Magnetkameras für medizinische Untersuchungen und in Teilchenbeschleunigern in der Physik verwendet. Kenntnisse über suprafluide Flüssigkeiten können uns vertiefende Einsichten darüber geben, wie die Materie in ihrem niedrigsten und meistgeordneten Energiezustand auftritt", heißt es seitens des Nobelpreis-Komitees.
Phänomene bereits mit Nobel-Preisen bedacht
Bei niedrigen Temperaturen (einige Grade über dem absoluten Nullpunkt) lassen gewisse Metalle elektrischen Strom ohne Widerstand passieren. Derartige supraleitende Materialien haben darüber hinaus die Eigenschaft, den Magnetfluss ganz oder teilweise zu verdrängen. Diejenigen, die den Magnetfluss ganz verdrängen, werden als Typ I-Supraleiter bezeichnet.

Flüssigkeiten wie Helium fließen bei Temperaturen um den absoluten Nullpunkt ohne innere Reibung.

Für beide Phänomene gab es bereits Physik-Nobelpreise: für eine Theorie der Supraleitung wurden 1972 drei US-Wissenschaftler ausgezeichnet, für die Entdeckung der Suprafluidität 1996 ebenfalls drei US-Forscher.

Physik Nobelpreis 1972
->   Physik Nobelpreis 1996
Typ-II-Supraleiter: Supraleitung und Magnetismus
Die Theorie, die darauf aufbaut, dass Elektronenpaare gebildet werden, erwies sich jedoch zur Erklärung der Supraleitung in den technisch wichtigsten Materialien als unzureichend. Diese so genannten Typ-II-Supraleiter lassen Supraleitung und Magnetismus zusammen existieren und bleiben in hohem Magnetfeld supraleitend.
"Alte Theorie" für neue Materialien
Bild: Argonne National Laboratory
Alexei Abrikosov
Alexei Abrikosov, geboren 1928 in Moskau, der in den USA am Argonne National Laboratory in Argonne gearbeitet hat und sowohl russischer als auch US-Staatsbürger ist, gelang die theoretische Erklärung dieses Phänomens.

Er ging von einer Theorie aus, die u.a. von Vitaly Ginzburg, geboren 1916 in Moskau, ehemaliger Leiter der Theoriegruppe am P.N. Lebedev Physical Institut in Moskau, für Typ I-Supraleiter ausgearbeitet worden war. Sie erwies sich aber als so umfangreich, dass sie auch auf den neuen Typ anwendbar war.

Obwohl die Theorien schon in den 50er Jahren formuliert wurden, haben sie neue Aktualität durch die Entwicklung der so genannten Hochtemperatur-Supraleitung erhalten. Dabei leiten Materialien auch bei immer höheren Temperaturen und stärkeren Magnetfeldern Strom widerstandslos.
Für Teilchenbeschleuniger und Magnetresonanz
Bild: University of Houston
Vitaly Ginzburg
Anwendung findet dies überall dort, wo sehr starke Magnetfelder gebraucht werden, etwa in Teilchenbeschleunigern oder in medizinischen Bildgebungsverfahren, die auf Magnetresonanz beruhen. Für deren Entwicklung wurde am Montag der Medizin-Nobelpreis vergeben.
->   Biografie Alexei Abrikosov (Argonne National Laboratory)
->   Mehr über Vitaly Ginzburg (P.N. Lebedev Physical Institute)
Wechselwirkungen von Helium-Isotop
Bild: University of Illionois
Anthony Leggett
Flüssiges Helium kann suprafluid werden, das heißt, die Viskosität verschwindet bei niedrigen Temperaturen. Atome des seltenen Isotops 3 He müssen Paare bilden, analog zu den Elektronenpaaren in metallischen Supraleitern.

Es war Anthony Leggett, geboren 1938 in London, Professor an der University of Illionois (USA) und britischer sowie US-Bürger, der in den 70er Jahren die Theorie formuliert hat, welche erklärt, wie die Helium 3 Atome in dem suprafluiden Zustand wechselwirken und geordnet werden.
->   Biografie Anthony Leggett (University of Illinois at Urbana-Champaign)
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"Letztes ungelöstes Problem der klassischen Physik"
Konkrete Anwendungen für die Suprafluidität zeichnen sich noch nicht ab. Die Theorie dahinter kann aber auch in anderen Bereichen, etwa der Teilchenphysik oder der Kosmologie, für die Erklärung bestimmter Phänomene herangezogen werden. Vor allem die Entstehung von Turbulenzen in diesen Supraflüssigkeiten dient als Modell dafür,
wie Ordnung in Chaos umgewandelt wird. Damit könnte es möglicherweise zu einem besseren Verständnis darüber kommen, wie Turbulenzen entstehen, was das Nobelpreis-Komitee als ein letztes ungelöstes Problem der klassischen Physik bezeichnet.
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Es folgen: Chemie, Wirtschaft und Frieden
In diesem Jahr gingen bisher der Nobelpreis für Literatur an den Südafrikaner J.M. Coetzee sowie der Medizin-Preis an den Amerikaner Paul C. Lauterbur und seinen britischen Kollegen Sir Peter Mansfield.

Am Mittwoch folgt die Bekanntgabe der begehrten Auszeichnungen in den Disziplinen Chemie und Wirtschaft. Am Freitag schließt der diesjährige Nobelpreis-Reigen mit dem Friedensnobelpreis 2003.

Überreicht werden die Auszeichnungen traditionsgemäß am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896). Die Preise werden seit 1901 verliehen.
->   superconductors.org
->   Superconductivity, The Chemical Society
->   Die Nobelstiftung
Die Nobelpreisträger 2003:
->   Medizin-Nobelpreis 2003 für "Magnetresonanz-Abbildung"
->   Literaturnobelpreis 2003 an John M. Coetzee (kultur.ORF.at)
 
 
 
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01.01.2010