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Medizin-Nobelpreis 2003 für "Magnetresonanz-Abbildung"  
  Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an die beiden Forscher Paul C. Lauterbur und Peter Mansfield - für ihre Entdeckungen in Bezug auf die "Abbildung mit Magnetresonanz". Die aus ihren Forschungen resultierende Technik der so genannten Magnetresonanztomographie gehört heute zur medizinischen Routine.  
Das teilte das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm mit. Die höchste Auszeichnung für Mediziner bzw. Physiologen ist - wie im Vorjahr - mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 1,1 Mio. Euro) dotiert.

Die Möglichkeit, die inneren Organe des Menschen auf exakte und schonende Weise abbilden zu können, sei von entscheidender Bedeutung für die medizinische Diagnostik, hieß es zur Begründung.
Magnetresonanztomographie als medizinischer Durchbruch
Die beiden diesjährigen Preisträger haben demnach "entscheidende Entdeckungen in Bezug auf den Einsatz von Magnetresonanz bei der Abbildung unterschiedlicher Strukturen" gemacht.

Ihre Erkenntnisse führten schließlich zur modernen Magnetresonanztomographie (MRT), die einen Durchbruch sowohl für die Krankenbehandlung als auch die medizinische Forschung bedeutete - und zudem ohne die belastenden Röntgenstrahlen auskommt.

Diese auch als Kernspintomographie bezeichnete Technik eignet sich etwa für die Darstellung von Muskeln und Sehnen sowie für Untersuchungen an Gehirn und Rückenmark. Mit den neuesten Verfahren können auch Hohlorgane wie der Darm dargestellt werden.
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Atomkerne rotieren im magnetischen Feld
Hintergrund hierfür ist, dass Atomkerne in einem starken magnetischen Feld mit einer von der Stärke des Magnetfeldes abhängigen Frequenz rotieren. Ihr Energieniveau kann erhöht werden, indem sie Radiowellen mit gleicher Frequenz absorbieren (die so genannte Resonanz). Wird der Impuls gestoppt, fallen die Atomkerne auf ihr ursprüngliches Energieniveau zurück - und senden dabei Radiowellen aus. Diese Entdeckungen wurden im Übrigen im Jahre 1952 mit dem Nobelpreis für Physik belohnt.

Während der folgenden Jahrzehnte wurde die Magnetresonanz hauptsächlich zur Erforschung der chemischen Struktur unterschiedlicher Substanzen eingesetzt. Die diesjährigen Nobelpreisträger erzielten Anfang der siebziger Jahre bahnbrechende Forschungsergebnisse, die dazu führten, dass die Magnetresonanz mit der Zeit auch bedeutungsvolle medizinische Anwendungsbereiche finden sollte.
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Lauterbur: Zweidimensionale Bilder durch "Gradienten"
Bild: University of Illinois
Paul Lauterbur
Paul Lauterbur (geb. 1929), Urbana, Illinois, USA, entdeckte die Möglichkeit der Erzeugung von zweidimensionalen Bildern durch die Einführung so genannter Gradienten, welche die Stärke des Magnetfeldes veränderten.

Durch Analyse der Eigenschaften der zurückgesendeten Radiowelle konnte er ihren Ursprung genau lokalisieren. Auf diese Weise gelang es, zweidimensionale Bilder von Strukturen aufzubauen, die mit anderen Techniken nicht unterschieden werden konnten.
->   Curriculum Vitae Paul Lauterbur in www.nobel.se
Mansfield: Weiterentwicklung zur Abbildungstechnik
Bild: University of Nottingham
Peter Mansfield
Peter Mansfield (geb. 1933), Nottingham, England, entwickelte den Prozess der Ausnutzung von Gradienten im Magnetfeld weiter. Er zeigte, wie die Signale mathematisch und mittels Computeranalyse dahingehend bearbeitet werden konnten, dass eine anwendbare Abbildungstechnik entwickelt werden konnte.

Mansfield zeigte darüber hinaus, wie eine extrem schnelle Abbildung vor sich gehen könnte, was jedoch technisch und praktisch für die Medizin erst etwa zehn Jahre später möglich wurde.
->   Curriculum Vitae Peter Mansfield in www.nobel.se
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Die Ausgezeichneten im Vorjahr
Im Vorjahr ging der Preis an die beiden gebürtigen Briten Sydney Brenner und John Sulston sowie an den US-Amerikaner Robert Horvitz. Die Forscher hatten bahnbrechende Erkenntnisse zum Thema des "programmierten Zelltods" und zur Gen-Regulation bei der Entstehung von mehrzelligen Lebewesen erarbeitet.
->   Medizin-Nobelpreis 2002
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Magnetresonanz - heute Routine
Die Abbildung mit Magnetresonanz zählt inzwischen zu den Routinemethoden in der Krankenbehandlung: Jedes Jahr werden weltweit mehr als 60 Millionen Untersuchungen mit dem Magnetresonanztomographen durchgeführt - und noch immer befindet sich die Technik in rascher Entwicklung.

Sie ist anderen Abbildungstechniken häufig überlegen und hat die Diagnostik bei zahlreichen Krankheiten stark verbessert. Die Methode ersetze heute etliche beschwerliche und risikoreiche Untersuchungsmethoden und trage insofern auch dazu bei, das Leiden vieler Patienten zu vermindern, so die Nobelstiftung in einer Pressemitteilung.
Signale werden im PC zu Bildern "umgerechnet"
Statt mit Röntgenstrahlen arbeitet die MRT mit Magnetfeldern und Radiowellen. Durch die starken Magnetfelder richten sich vor allem die im Körper vorhandenen Wasserstoffatome wie eine Kompassnadel aus.

Nach Abschalten des Magnetfeldes kehren sie wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück. Dabei senden sie Signale aus, die aufgefangen und von leistungsstarken Computern zu Bildern umgerechnet werden. Selbst kleinste Veränderungen im Gewebe können auf diese Weise abgebildet werden.
->   Mehr zu Magnetresonanz-Tomographie in www.netdoktor.de
Krebsbehandlung und - vor allem - Gehirnforschung
Mit der MRT werden heute fast alle Organe des Körpers untersucht. Bei der Tumorbehandlung etwa zeigen die Bilder in großer Genauigkeit die Grenzen zwischen Tumor und umliegendem Gewebe.

Vor allem aber die Gehirnforschung hat von der bildgebenden Methode profitiert, denn fast alle Erkrankungen im Gehirn führen zu Veränderungen im Wasserhaushalt des Gewebes, was sich wiederum in den MRT-Bildern zeigt.

Auch funktionelle Fragen werden mit der Technik untersucht. So konnten US-Forscher etwa zeigen, dass unser Gehirn beim Verkünden von Lügen und Wahrheiten gänzlich unterschiedliche Aktivitäten in Gang setzt.
->   Die Nobelstiftung
Magnetresonanz wird auch in Wien erforscht
Auch am Kompetenzzentrum "Hochfeld Magnetresonanz (MR)" in Wien wird das Verfahren umfassend erforscht und weiterentwickelt. Die Physiker Stephan Gruber und Ewald Moser kommentieren in einem Gastbeitrag den Medizin-Nobelpreis 2003 und stellen die Forschungen ihres Zentrums vor.
->   Mehr dazu: Artikel vom 6. Oktober 2003
->   Paul C. Lauterbur (University of Illinois)
->   Magnetic Resonance Imaging and Spectroscopy Group (University of Illinois)
->   Sir Peter Mansfield (University of Nottingham)
->   Magnetic Resonance Group (University of Nottingham)
Mehr zum Thema MRT in science.ORF.at:
->   Medizin mit 'Durchblick' - radiologische High-Tech-Diagnoseverfahren (9.11.01)
->   MRT bei Brustkrebsdiagnose am besten (3.6.03)
->   Wo das Gehirn Gesichter mit Namen verknüpft (24.1.03)
->   Wie das Gehirn lügt und Wahrheit spricht (13.11.01)
 
 
 
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01.01.2010