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"Vergessenes" Wissen wird nachts gerettet  
  Lernen im Schlaf ist tatsächlich möglich: Gelerntes Wissen, das über den Tag in Vergessenheit geraten ist, wird während der Nacht "gerettet" und steht am nächsten Tag wieder zur Verfügung, berichtet eine US-Forschergruppe. Zudem kommt dem Schlaf eine wichtige Rolle innerhalb des Lernprozesses zu, der sich in drei verschiedene Stadien aufgliedert, ergänzt ein zweites Wissenschaftlerteam.  
Die Ergebnisse der beiden Forschergruppen sind in der aktuellen Ausgabe von "Nature" erschienen.

Die Wissenschaftler um Daniel Margoliash von der University of Chicago im US-Bundesstaat Illinois untersuchten die Auswirkungen von Schlaf auf die Fähigkeit von Probanden, eine Sprache zu erlernen.
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Der Artikel "Consolidation during sleep of perceptual learning of spoken language" ist in "Nature" (Bd. 425, Seiten 614-616, Ausgabe vom 9. Oktober 2003) erschienen .
->   Der Originalartikel im Volltext (kostenpflichtig)
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Längeres Training, bessere Erkennung
Mit einem Sprachcomputer überprüften die Forscher die Fähigkeit von Testpersonen, ähnlich klingende Wörter zu erkennen. Die undeutliche "Aussprache" des Computers erschwerte diese Aufgabe, die Probanden mussten zunächst lernen, den Computer zu verstehen.

Je länger die Testpersonen trainierten, umso mehr Wörter erkannten sie richtig. Es sei ein bisschen so, als ob man lerne, eine Person zu verstehen, die mit Akzent spreche, erläuterte einer der beteiligten Forscher die Übungsaufgabe.
Gelerntes schnell wieder vergessen
Allerdings, so fanden die Wissenschaftler, schien das Gelernte schnell wieder in Vergessenheit zu geraten: Nach einer morgendlichen Trainingsphase verbesserte sich zunächst die Worterkennung. Am Abend, nach einer zwölfstündigen Pause, erkannten die Probanden allerdings wieder weniger Wörter.
Schlaf wirkt gegen die Verschlechterung
Dies passierte jedoch nicht, wenn die Testpersonen innerhalb der zwölf Stunden geschlafen hatten.

Und besonders überraschend: Selbst die ursprüngliche Verschlechterung ließ sich durch Schlaf wieder rückgängig machen. Jene Probanden waren dann wieder genauso gut im Erkennen der Wörter wie direkt nach der Trainingsphase.

"Schlaf hat mindestens zwei verschiedene Effekte auf den Lernprozess", schließen die Forscher. Er konsolidiere Erinnerungen und schütze diese so gegen nachfolgende Störungen. Zudem scheine Schlaf Erinnerungen zu "retten" bzw. rückzuspeichern.
Speichervorgang im Gehirn: Dreistufiger Prozess
Matthew Walker und seine Kollegen von der Harvard Medical School in Boston dagegen untersuchten, wie Wissen im Gehirn gespeichert wird und wie sich Schlaf auf diese Speicherung auswirkt.

Dabei ging es ihnen um eine bestimmte Art von erlernter Fähigkeit, etwa Autofahren oder das Spielen eines Musikinstrumentes.
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Der Artikel "Dissociable stages of human memory consolidation and reconsolidation" ist in "Nature" (Bd. 425, Seiten 616-620, Ausgabe vom 9. Oktober 2003) erschienen .
->   Der Originalartikel im Volltext (kostenpflichtig)
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Die drei Phasen der Wissensspeicherung
Die Forscher ließen die Probanden für ihre Studie eine Art einfache Fingerübung durchführen. Eine Gruppe von Studenten musste in verschiedenen Rhythmen mit den Fingern auf eine Tischplatte klopfen - dies zu verschiedensten Zeiten sowie in unterschiedlichen Intervallen.

Die laut Studie beste "Lernstrategie": Wenigstens sechs Stunden nach einem solchen Lernprozess sollte man noch wach bleiben, damit das Gehirn die Information speichern kann. In einem zweiten Stadium - während des nächtlichen Schlafs - wird dann das zuvor Gelernte im Langzeitgedächtnis gespeichert und verfestigt.

Wird dieses Wissen später erneut abgefragt, ist es allerdings wieder "labil", kann also in Vergessenheit geraten. Um dauerhaft erhalten zu bleiben, müsse das Wissen nochmals im Langzeitgedächtnis gespeichert werden, schreiben die Forscher.
->   Department of Psychology der University of Chicago
->   Department of Psychiatry der Harvard Medical School
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Kurzer Mittagsschlaf hilft beim Lernen (24.6.03)
->   Das Molekül des Vergessens (29.8.02)
->   Babys lernen schon im Schlaf (7.2.02)
->   Schlaf dient der Gedächtnisbildung des Körpers (7.12.01)
 
 
 
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01.01.2010