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Medienwissenschaftler Neil Postman gestorben  
  Der amerikanische Medienwissenschaftler Neil Postman ist im Alter von 72 Jahren verstorben. Nach Berichten der "New York Times" und der "Zeit" vom Donnerstag erlag Postman, der vor allem das kommerzielle Fernsehen kritisiert hat, am vergangenen Sonntag in seinem Wohnort Flushing in der Nähe von New York einem Krebsleiden.  
Bild: APA
Neil Postman (1997)
Der Wissenschaftler und Autor wurde mit Büchern wie "Wir amüsieren uns zu Tode" (1985) und "Das Verschwinden der Kindheit" (1984) bekannt.

In beiden Werken wendete er sich engagiert gegen die Auswirkungen des Fernsehens und jener kommerziellen Medien, die in den 80er Jahren die "Neuen Medien" genannt wurden. Fernsehen gefährde die Urteilsbildung der Bürger, argumentierte er. Der Zwang zur Bebilderung führe zu einer Entleerung der Inhalte von Politik und Kultur.
Kämpfer gegen "technologische Verdummung"
In seinem Bestseller "Wir amüsieren uns zu Tode" (1985) drohte Postman etwa seinem Heimatland USA, es werde an der Entleerung der Inhalte im (Fernseh-)Bild noch geistig zu Grunde gehen.

Die Menschheit werde in der Informationsflut des Info-Highways ertrinken, warnte er und malte das Gespenst einer "allgemeinen Orientierungslosigkeit" an die Wand. Wir leiden an "kulturellem AIDS", sagt Postman in übertragenem Sinn, weil unser "Immunsystem unter der ungefilterten Informationsflut zusammenbricht".
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Schattenseiten der Vielfalt: Jagd auf Einschaltquoten
Der Autor zog auch gegen die Kommerzialisierung des deutschen Fernsehens zu Felde. Selbst im Land der Dichter und Denker sei die Schattenseite der Vielfalt zu spüren, sagte er: Die Jagd auf Einschaltquoten. TV-Sendungen vermieden nur eine Sünde, nicht leicht verdauliche Unterhaltung zu sein. Nichts dürfe irritieren, nichts nachdenklich machen, schimpfte Postman auf das, was er Infotainment nannte.
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Gegen global vernetzte Computerwelt
Postman hatte einen Lehrstuhl als Kommunikationswissenschaftler und "Medien-Ökologe" an der New York Universität. In seinen jüngsten Arbeiten hatte er die global vernetzte Computerwelt ins Visier genommen.
Postman-Rezept: Computer nur zum Programmieren
Die weltweite On-Line-Gemeinschaft verarme sinnlich, wenn sie mit Computer-Shopping, Computer-Studium und Computer-Erotik das volle Leben ersetze, so Postman. Als Rezept verordnete er, einen Computer nur zum Programmieren zu verwenden.

Der Medienwissenschaftler selbst griff weiterhin zu Papier und Filzstift, um seine Gedanken festzuhalten und ein neues Buch zu konzipieren.
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Respekt vor Umwelt und Ethik, statt PC-Unterricht
Der Vater von drei erwachsenen Kindern hatte seine Karriere als Volksschullehrer begonnen. Und so hofft er auf den Einfluss der Schulen, die Informationsflut zu stoppen. In seinem Buch "Keine Götter mehr. Das Ende der Erziehung" (1995, Berlin Verlag) empfiehlt er Lehrern, Respekt vor der Umwelt zu vermitteln und eine Ethik, die auf den Grundsätzen der großen Religionen aufbaut - statt den Umgang mit Computern zu lehren.
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Macht der Technologien - Entmündigung der Gesellschaft
Sein letztes Werk, "Die zweite Aufklärung. Vom 18. ins 21. Jahrhundert" erschien 1999. Bestseller wurden "Das Verschwinden der Kindheit" (1984), "Die Verweigerung der Hörigkeit" (1988) und "Das Technopol. Die Macht der Technologien und die Entmündigung der Gesellschaft" (1992).
->   Auszüge aus "Das Technopol"
->   Neil Postman - writing on the web
->   "Informing Ourselves To Death" (Vortrag vom 11.10.90)
->   Five Things We Need to Know About Technological Change (Vortrag vom 27.3.98)
 
 
 
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01.01.2010