News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft .  Leben 
 
Europäische Ethik-Gruppe über Stammzellenforschung  
  Ein eingeschränktes Ja zur Stammzellenforschung, ein klares Nein zur Instrumentalisierung von Frauen - das sagt ein Gutachten der Ethik-Gruppe der Europäischen Kommission (EGE). Gruppenmitglied Ina Wagner gibt in ihrem Original-Beitrag für science.orf.at einen Überblick über weitere Standpunkte der EGE.  
Stammzellenforschung bei Infertilitätsbehandlung

Fragen der ethischen Vertretbarkeit der Stammzellenforschung stellen sich vor allem im Zusammenhang mit der Herkunft der Stammzellen, insbesondere der Verwendung menschlicher Embryonen, aber auch in Bezug auf die Sicherheit der klinischen Verfahren und den Gesundheitsschutz der Personen, die an solchen Verfahren teilnehmen.

Die EGE vertritt die Ansicht, dass in jenen Mitgliedsstaaten, in denen Forschung an menschlichen Embryonen zur Infertilitätsbehandlung gestattet ist, auch die Stammzellenforschung erlaubt sein sollte, da es bei beidem um die Linderung menschlichen Leidens geht.
Gegen die Erzeugung menschlicher Embryonen
Die Zerstörung der dabei verwendeten Embryonen ist unabwendbar. Allerdings spricht sich die EGE dezidiert gegen die Erzeugung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken aus, zumal in Europa eine zwar nicht bekannte, aber große Zahl so genannter überzähliger Embryonen zur Verfügung stehen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit vernichtet würden.
''Therapeutisches Klonen'' instrumentalisiert Frauen
Die Frage des so umstrittenen Kerntransfers somatischer Zellen (fälschlich als "therapeutisches Klonen" bezeichnet) wurde ausführlich diskutiert.

Obwohl diese Technik im Hinblick auf künftige Zelltherapien relevant erscheint, sind die gegenwärtig noch recht vagen therapeutischen Aussichten gegen die Gefahr einer Trivialisierung der Verwendung von Embryonen abzuwägen.

Außerdem besteht die Gefahr einer Instrumentalisierung von Frauen, die sich einer Infertilitätsbehandlung unterziehen, zu Spenderinnen von Eizellen und überzähligen Embryonen.
...
Die Europäische Ethik-Gruppe
Die Europäische Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien (EGE) wurde als Nachfolgerin der ehemaligen "Group of Advisers on the Ethical Implications of Biotechnology" im Dezember 1997 eingerichtet. Die Expertengruppe der Europäischen Kommission ist multi-kulturell und multi-disziplinär. Ihre zwölf Mitglieder, die vom Präsidenten der Kommission ernannt wurden, repräsentieren unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen - Philosophie, Theologie, Rechtswissenschaften, Naturwissenschaften, Medizin, Soziologie und Informatik. Aufgabe der EGE ist es, Handlungsalternativen auf europäischer Ebene zu erörtern und zu bewerten, die vor allem auf der Ebene der Direktiven und der Forschungspolitik der EU Einfluss nehmen.
->   Homepage der Europäischen Ethik-Gruppe
...
Für europäische, transparente Forschung
Gleichzeitig befürwortet die EGE eine gezielte europäische Forschungspolitik auf dem Gebiet der Stammzellenforschung, nicht zuletzt um ein Abdrängen dieser Forschung in den nur schwer kontrollierbaren privaten Sektor (wie etwa in den USA) zu verhindern.

Stammzellenforschung sollte auf europäischer Ebene finanziert, aber gleichzeitig an strenge Kriterien gebunden werden, die Transparenz und ethische Vertretbarkeit der Forschung garantieren.
Erwachsene Stammzellen verstärkt erforschen
Hierzu müsste eine Zulassungsbehörde auf europäischer Ebene eingerichtet werden, ähnlich der britischen "Human Fertilisation and Embryology Authority". Außerdem empfiehlt die EGE die besondere Förderung von Forschungen zum Differenzierungspotential erwachsener Stammzellen, deren Plastizität weitaus höher zu sein scheint, als bisher angenommen wurde.

Wie auch die anderen Gutachten enthält dieses eine ausführliche, an den Laien gerichtete Beschreibung des Stands der Forschung, der rechtlichen Situation in den Mitgliedsstaaten und auf europäischer Ebene und der ethischen Probleme.

Ina Wagner
...
Ina Wagner ist Professorin für Multidisziplinäres System Design und CSCW (Computer Supported Cooperative Work) an der TU Wien und Leiterin des Instituts für Gestaltungs- und Wirkungsforschung. Derzeit ist sie Mitglied der Ethik-Gruppe der Europäischen Kommission (European Group on Ethics in Science and New Technologies).
...
->   Komplettbericht der EGE zur Stammzellenforschung (pdf-Datei)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft .  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010