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Wie gefährlich sind Hautpflegeprodukte?  
  Nur wenige Konsumenten wissen über potenzielle Gesundheitsrisiken durch Kosmetika Bescheid. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat nun in den letzten Wochen mit viel Nachdruck auf ein allergieauslösendes Konservierungsmittel und eine Risiko-Chemikalie in Hautpflegeprodukten hingewiesen. Wie gefährlich sind also die Cremes und Lotionen in unseren Badezimmern? Dieser Frage ist der Ö1-Radiodoktor nachgegangen.  
Schaden bestimmte Babypflege-Produkte und andere Kosmetika mehr als sie nutzen? Wie groß ist das Risiko einer Unverträglichkeitsreaktion wie allergische Kontaktdermatitis, Hautirritationen, Akne etc. durch Konservierungsmittel - Stichwort MDGN - tatsächlich?

Warum sind bestimmte Chemikalien - Stichwort Triclosan - z.B. in einigen Zahnpasten enthalten und inwiefern sind sie gefährlich?
Die Greenpeace-Kampagne
"Unser Standpunkt ist einfach und klar", so der Greenpeace-Chemiker Herwig Schuster. "Risiko-Chemikalien wie Triclosan und MDGN haben in Körperpflegeprodukte nichts zu suchen. Die Risiken sind seit über zehn Jahren bekannt. Es gibt keine Rechtfertigung diese Stoffe weiterhin zu verwenden"

In der Kosmetikindustrie werden nach Angaben von Herwig rund 8.000 verschiedene Chemikalien verwendet. "Bei den meisten dieser Substanzen gibt es keine ausreichenden Untersuchungen betreffs Krebserregungsrisiko bzw. Auswirkungen auf den Hormonhaushalt des Menschen."
MDGN als Konservierungsmittel
MDGN (Methyl-dibromo Glutaronitril) wird in kosmetischen Mitteln als Konservierungsmittel in sehr geringen Konzentrationen eingesetzt - um zu verhindern, dass die Produkte während der Verwendung einen Nährboden für unerwünschte oder gar schädliche Keime liefern.
Enthalten etwa in Penaten-Babypflegecreme
Laut Greenpeace gilt MDGN als der am häufigsten Kontaktdermatitis verursachende Konservierungsstoff.

Nach Greenpeace-Untersuchungen beträgt die Konzentration der Substanz etwa in "Penaten Baby Pflegecreme Gesicht und Körper" ca. 0,3 mg pro Gramm. Laut einer dänischen Studie können jedoch schon 0,15 Prozent MDGN in Cremes Allergien auslösen.
"Risikochemikalie" Triclosan
Die Substanz Triclosan soll die damit versetzten Produkte vor Bakterienbefall schützen. Es besteht das Risiko, dass Bakterienstämme Resistenzen entwickeln. Triclosan kommt in Zahncremes und anderen Mundpflegemitteln vor.

Der Greenpeace Standpunkt: Triclosan habe in nicht-medizinischen Produkten nichts verloren. Man gehe ein unnötiges Risiko ein, resistente Keime zu erzeugen. Die ständige Verwendung antibakterieller Substanzen mit zweifelhaftem Wert für die Gesundheit sei höchst fragwürdig.
"Viel Lärm um nichts"
"Ich verstehe die Aufregung nicht", erklärt dazu Erich Leitner, Pharmazeut, Chemiker und Konsulent von Kosmetik transparent, der Plattform der Kosmetischen Industrie. "MDGN wird ab 2005 in der EU nicht mehr verwendet."

Nicht deswegen, weil es so gefährlich sei, wie Leitner erläutert. "Sondern deswegen, weil die Experten vom SCCNFP (Scientific Comitee of Cosmetic an Non Food Products, wissenschaftliches Beratungskomitee der EU), das vorhandene Risikopotenzial erkannt haben und sozusagen vorsorglich reagieren."

Die Toxikologen des SCCNFP seien nicht nur unabhängig, sondern haften auch persönlich für ihre Bewertungen, so der Chemiker "Aus meiner Sicht benutzt Greenpeace eine Vorsorgemaßnahme als Sensationsaufmacher und versucht damit die Hersteller zu kriminalisieren."
Machen Kosmetika krank?
Laut Werner Aberer, dem Leiter der Abteilung für Umweltdermatosen mit Schwerpunkt Allergie an der Universitätshautklinik in Graz, können bei fast zehn Prozent der Personen, die Kosmetika verwenden, milde Unverträglichkeitsreaktionen auftreten.

Die Rate an echten Kontaktallergien beträgt zwischen zwei und drei Prozent. Der Dermatologe Aberer: "Unter der 'Hitliste' jener Substanzen, die in der Lage sind, Kontaktallergien auszulösen, steht MDGN an 17. Stelle. Weitere acht für Kosmetika typische Substanzen finden sich unter den ersten 20."
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Kontaktdermatitis: Entzündung der Haut durch Allergie
Unter einer Kontaktdermatitis versteht man eine allergisch bedingte eine Entzündung der Haut die durch den Kontakt mit Pflanzen, Tieren oder hautreizenden Stoffen ausgelöst wird. An der betroffenen Hautstelle kommt es zu Rötung, Juckreiz und Pustelbildung. Eine der häufigsten Kontaktallergien ist übrigens die Nickelallergie.
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Deklarationspflicht für Inhaltsstoffe in der EU
Seit 1997 besteht in der EU eine Deklarationspflicht für Kosmetikinhaltsstoffe - dadurch ist es für die Hautärzte einfacher geworden allfällige Reaktionen nach Kosmetika-Anwendung aufzuklären.
MDGN/Triclosan: "Problematisch, aber nicht gefährlich"
Die Substanzen MDGN und Triclosan sind, so Werner Aberer, zwar problematisch, aber eine echte Gefährdung stellen sie nach jetzigem Erkenntnisstand nicht dar.
Allergien durch "Naturkosmetika"
Ähnlich bedenklich sind dagegen nach Auskunft des Dermatologen manche der so genannten "Naturkosmetika": "Denn nicht wenige Menschen reagieren auf Propolis-Zusätze mit allergischen Reaktionen. Auch gegen ätherische Öle, die in manchen dieser Produkte hoch konzentriert vorkommen, reagieren viele Menschen mit Unverträglichkeiten und Allergien."

Christoph Leprich, Ö1-Radiodoktor
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Ö1-Radiodoktor: Infomappe bestellen
Eine kostenlose Infomappe zur Sendung vom 20.10.03 kann bestellt werden unter: ORF Redaktion Radiodoktor, Postfach 1000, Kennwort: Gefährliche Hautpflegeprodukte?, 1040 Wien oder E-Mail: radiodoktor@orf.at

Greenpeace erreichen Sie unter: 01/ 54 54 580 bzw. über die Homepage www.greenpeace.at. Dort können Sie auch eine Liste über risikoreiche und risikoarme Kosmetika per E-mail anfordern.
->   Radio Österreich 1
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->   Stellungnahme der Gesundheitsministerin zu MDGN/Triclosan
Mehr über Kosmetika in science.ORF.at:
->   Test: Cellulitemittel sind teuer und sinnlos (26.6.03)
->   Anti-Aging boomt weiter, die Warnungen auch (26.3.03)
->   EU: Tierversuche für Kosmetika ab 2009 verboten (15.1.03)
 
 
 
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01.01.2010