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Die Urzeit aus dem Computer  
  Neue Fossilienfunde aus dem Erdaltertum geben Hinweise auf bislang unbekannte Tiergruppen. Die in Großbritannien entdeckten Weichtiere sind jetzt mittels digitaler Technologie rekonstruiert worden.  
Die in dieser Fossilien-Sammlung repräsentierte "Tiefsee-Welt" wird von neuartigen Gliederfüßern (z.B. Insekten) und wurmartigen Organismen dominiert. Die Fossilien sind als Hohlräume in vulkanischen Materialien konserviert und können nur in digitaler Form sichtbar gemacht werden, wie britische Wissenschaftler im aktuellen "Nature" gezeigt haben.
Methoden aus der Neurowissenschaft
Mittels Techniken, die aus der Neurowissenschaft bekannt sind, analysierten Mark D. Sutton und seine Kollegen von der University of Oxford Gesteine aus der Lagerstätte Herfordshire im westlichen England. In dieser Region lag im Silur (vor 440 - 410 Millionen Jahren) ein Korallenriff mit reichhaltigem Meeresleben.

An manchen Stellen bedeckte Vulkanasche den Meeresboden und begrub unter sich die Leichen vieler Arten. Dabei gingen die Weichteile verloren, doch die Hautoberfläche der Organismen blieb in dem Hohlraum des Gesteins als Abdruck erhalten.
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Silur (440 - 410 Mio. Jahre)
Das Silur ist weniger durch Vulkanausbrüche, sondern durch Abschmelzen des Eises und Ansteigen des Meeresspiegels gekennzeichnet. Die silurische Welt bestand aus einem riesigen Meer im nördlichen Polarbereich und dem Superkontinent Gondwana mit einem Ring von mehreren Kontinenten. Das Klima war relativ stabil. Im Silur fand wohl die erste größere Besiedlung des Landes durch Pflanzen und Tiere statt. In den silurischen Ozeanen waren Korallen weit verbreitet. Sie bildeten die ersten Riffe. Auch traten kieferlose Fische verstärkt auf, genauso wie die ersten Süßwasserfische und kiefertragende Fische.
->   Erdzeitalter
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Dreidimensionales Abbild der Vergangenheit
Aus diesen Gesteinen schliffen die Wissenschaftler hauchdünne Schichten ab und fotografierten jeden einzelnen Schliff. Sie erstellten ein dreidimensionales Fossil des so genannten "Acaenoplax", des vermutlich ältesten bekannten Vertreters der Weichtier(Mollusken)-Gruppe Aplacophora - ein Tier, das seit 425 Millionen Jahren tot ist.

Das digitale Fossil zeigt einen deutlichen Grad an Wiederholungen von Strukturen, was Licht in die Diskussion über die Segmentierung des Körpers bei den Urformen der Weichtiere bringt.
Digital rekonstruierte Mollusken
 


Digital rekonstruierte Mollusken aus dem Erdaltertum (Silur).
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Mollusken- Weichtiere
Tierstamm mit rund 128.000 Arten. Weichtiere besitzen eine Haut, die oft durch die Ausscheidung einer Schale, bedeckt wird. Sie besitzen eine besondere Ausbildung der Körperunterseite, den Fuß, der sie befähigt, sich kriechend fortzubewegen. Der Stamm der Weichtiere wird in zwei Unterstämme gegliedert. Besonders urtümlich sind die Wurmmollusken. Sie haben zwei Nervenstränge, die den Körper durchziehen und durch Querverbindungen ein Strickleitersystem bilden. Der zweite Unterstamm der Konchiferen enthält die mit echten Schalen ausgestatteten Weichtiere. In diesem Stamm unterscheidet man unter anderen die Schnecken mit etwa 85.000 Arten, die Muscheln mit etwa 25.000 Arten und die Kopffüßer wie die Tintenfische mit etwa 8.500 Arten.
->   Mehr zu Mollusken
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Genaue Zugehörigkeit noch ungeklärt
Aufgrund seines Bauplanes stellten die Forscher das Tier zu den Aplacophora (Schalenlose). Interessanterweise hatte es jedoch wie die Käferschnecken - die Polyplacophora - Schalenplatten. Die Wissenschaftler gaben der neuen Art den Namen Acaenoplax hayae, wobei die stacheligen Platten für den neuen Gattungsnamen Pate standen. Sie vermuten, dass Polyplacophora und Aplacophora einen gemeinsamen Ursprung hatten, der vielleicht auch die Keimzelle aller Mollusken ist.

Andere Paläontologen sind da nicht so sicher. So bezweifelt Amélie Scheltema von der Woods Hole Oceanographic Institution, ob Acaenoplax wirklich zu den Aplacophora gehört, da sich das Tier so stark von den heutigen unterscheidet. Doch gerade in diesen Unterschieden liegt für Bruce Runnegar von der University of California der Reiz: "Sie geben uns sehr viele Informationen über die frühe Evolution der Mollusken."
->   Zoologie der Universität Oxford
->   Woods Hole Oceanographic Institution
->   Originalartikel im Nature (kostenpflichtig)
(Nature 410, Seiten 461-463; 2001)
 
 
 
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01.01.2010