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Fossile Brennstoffe: Ungeheure Pflanzenmenge wird verbrannt  
  Die Nutzung so genannter fossiler Brennstoffe - also Gas-, Öl- oder Kohlevorkommen, die vor Millionen von Jahren aus organischem Material entstanden - wird gerne als "unhaltbar" bezeichnet. Die Vorkommen der Erde seien in absehbarer Zeit erschöpft. Ein US-Forscher liefert nun neue Argumente für alternative Energiequellen. Er hat berechnet, wie viel pflanzliches Material einst notwendig war, um den heutigen Energieverbrauch durch fossile Brennstoffe zu ermöglichen: Seine Zahlen sind wahrhaft erschreckend.  
Nach den Berechnungen des Ökologen Jeff Dukes besteht etwa eine einzige Gallone - entsprechend etwa 3,785 Litern - Benzin aus rund 89.000 Kilogramm prähistorischen Pflanzenmaterials. Seine Zahlen erscheinen im Fachmagazin "Climatic Change".
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Die Studie wird laut einer Aussendung der University of Utah unter dem Titel "Burning Buried Sunshine: Human Consumption of Ancient Solar Energy" in der November-Ausgabe von "Climatic Change" erscheinen. Zum Zeitpunkt der Studie arbeitete Jeff Dukes an der Universität, heute ist er an der Carnegie Institution Department of Global Ecology, angesiedelt an der Stanford University, zu finden.
->   "Climatic Change"
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Wie viele Pflanzen waren notwendig?
"Der Gebrauch von fossilen Brennstoffen wird weithin als unhaltbar anerkannt", schreibt Jeff Dukes. Doch bislang sei noch nicht versucht worden, die Menge an Energie zu berechnen, die für die Schaffung fossiler Brennstoffe notwendig war.

Diese Lücke hat der Ökologe nun geschlossen und - basierend auf bereits publizierten biologischen, geochemischen und industriellen Daten - verschiedene Kalkulationen angestellt: So hat er etwa ausgerechnet, wie viel Pflanzenmaterial einst notwendig war, um den weltweiten Verbrauch an fossilen Brennstoffen für nur ein einziges Jahr zu ermöglichen.
44 Mio. Mill. Kilogramm Kohlenstoff für ein Jahr
Ausgehend vom Verbrauch im Jahr 1997 lautet das Ergebnis: Rund 44 Millionen Milliarden Kilogramm Kohlenstoff waren einst nötig, um diesen Energieverbrauch zu ermöglichen. Dies entspreche mehr als 400 mal "der gesamten Pflanzenmasse, die innerhalb eines Jahres auf der Erde wächst", umreißt Duke die Dimensionen.

Einzurechnen sind demnach auch noch große Mengen an mikroskopisch kleinem pflanzlichen Leben aus den Ozeanen. Die Schlussfolgerung: "Jeden Tag verbrauchen die Menschen fossile Brennstoffe, die einer Menge an Pflanzen entspricht, wie sie innerhalb eines Jahres zu Land und zu Wasser wächst."
Seit 1751: Verbrauch von 13.300 Jahren Pflanzenwachstum
Ein weiteres Ergebnis seiner Studie: Die Menge an Pflanzen, die für die Entstehung von Öl, Kohle und Gas notwendig war, welche seit Beginn der so genannten Industriellen Revolution (1751) verbrannt wurden, entspricht dem Pflanzenwachstum von mehr als 13.300 Jahren auf Erden.
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Fossile Brennstoffe aus uralten Ablagerungen
Fossile Brennstoffe entwickelten sich aus uralten Ablagerungen von organischem Material. Daher könne man sie als riesige Speicher von solarer Energie ansehen, die durch Photosynthese in Pflanzenmasse umgewandelt wurde, so Dukes. Basierend auf bereits veröffentlichten Daten hat der Ökologe berechnet, wie viel photosynthetisch fixierter und gespeicherter Kohlenstoff notwenig war, um Kohle, Öl und Gas zu bilden, die heute verbrannt werden.
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Effizienz des Umwandlungs-Prozesses
Der Wissenschaftler bezog in seine Berechnungen ein, wie viel Kohlenstoff der ursprünglichen Vegetation während jedes Schrittes des vielschichtigen Umwandlungs-Prozesses von Pflanze zu Kohle, Öl oder Gas verloren ging.

So versuchte er etwa zu bestimmen, wie effizient prähistorische Pflanzen durch Hitze, Druck und nicht zuletzt Zeit in Torf oder andere Kohlenstoff-reiche Sedimente verwandelt wurden. In einem weiteren Schritt berechnete er die Ergiebigkeit, mit der jene Ablagerungen in Kohle, Öl und natürliche Gasvorkommen verwandelt wurden.
Nur Bruchteil wird zu nutzbaren Brennstoffen
Etwa ein Elftel des Karbons aus Pflanzen, die in Form von Torf abgelagert wurden, wird demnach in Kohle umgewandelt. Und lediglich ein 10.750stel des Kohlenstoffs aus Pflanzen, die einst auf den Böden der Ozeane abgelagert wurden, endete letztlich als Öl oder natürliches Gas.

Auf Basis dieser Faktoren berechnete Jeff Dukes schließlich, wie viel Pflanzenmasse ursprünglich notwendig war, um einen gegebenen Betrag an fossilen Brennstoffen zu erschaffen.
Schätzung mit Unsicherheits-Faktoren
Der Ökologe hält seine Kalkulationen für gute Schätzungen - er räumt allerdings ein, dass jede Schätzung trotz allem unsicher sei, bedenke man die vielen verschiedenen Umweltbedingungen, unter denen die fossilen Brennstoffe entstanden sind.
Studie soll Ineffizienz deutlich machen
Dennoch: "Es brauchte eine unglaubliche Menge an Pflanzenmasse, um die fossilen Brennstoffe zu erschaffen, die wir heute verwenden", kommentiert Dukes seine Zahlen. Den Nutzen seiner Studie sieht der Forscher darin, die Ineffizienz jenes Systems - bezüglich der Umwandlung von Sonnenenergie in fossile Brennstoffe - vorstellbar zu machen.

Es sei sehr viel leistungsfähiger, moderne Energiequellen wie Sonnen- oder Windenergie zu verwenden, so Dukes.
Auch moderne Biomasse kein Ersatz
Zwar ist die Verwendung moderner "Biomasse" in der Energiegewinnung effizienter als die Nutzung fossiler Brennstoffe - auch dies hat der Ökologe berechnet. Doch ein kompletter Wechsel auf Biomasse "würde uns dazu zwingen, einen großen Teil der Landschaft für die Anpflanzung dieser Brennstoffe zu verwenden." Mit enormen Konsequenzen für die Umwelt.

Sein Schluss: Biomasse könne ein Teil der Lösung sein, "sofern wird landwirtschaftliche Abfälle verwenden." Doch andere Technologien - wie etwa die Energiegewinnung aus Wind- und Sonnenkraft - müssten einen Großteil der Lösung stellen.
->   University of Utah
->   Carnegie Institution Department of Global Ecology
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01.01.2010