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Größte kosmische Karte will Dunkle Energie beweisen  
  Astronomen haben die bisher größte und detailreichste Karte des Universums erstellt: Der kosmische 3-D-Atlas soll nicht nur 200.000 Galaxien in bis zu zwei Milliarden Lichtjahren Entfernung enthalten, auch das Vorhandensein der rätselhaften Dunklen Energie wird nach Ansicht der "Kartographen" damit - einmal mehr - nachgewiesen.  
Einstein hat als erster von einer Art Anti-Gravitationskraft gesprochen - doch erst in den 90er Jahren gab es erste Nachweise für die mysteriöse Dunkle Energie, die das Universum laut Theorie auseinander treibt. Seitdem gibt es immer wieder Beobachtungen und Studien, die ihre Existenz beweisen sollen.
Karte mit mehr als 200.000 Galaxien
Nun hat der Sloan Digital Sky Survey (SDSS) - eine internationale Kooperation von mehr als 200 Astronomen und 13 Instituten weltweit - die bislang größte Karte des Universums erstellt, wie das Wissenschaftsmagazin "New Scientist" meldet.

Die dreidimensionale Karte enthält demnach 205.443 Galaxien und umspannt sechs Prozent des Himmels. Die am weitesten entfernten Galaxien befinden sich zwei Milliarden Lichtjahre von der Erde.
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SDSS: Ehrgeiziges Projekt der Himmelskartierung
Das ehrgeizige Projekt will ein Viertel des gesamten Himmels kartieren. Position und Helligkeit von mehr als 100 Millionen Himmelsobjekten sollen bestimmt werden. Zudem will das SDSS die genauen Entfernungen von mehr als einer Million Galaxien und Quasaren messen. Technische Grundlage ist das Apache Point Observatory in New Mexico bzw. ein dort stationiertes 2,5-Meter-Teleskop. Ziel ist es letztlich, die Struktur des Universums in großem Maßstab erhellen - und auf diese Weise die Evolution des Kosmos zu klären.
->   Sloan Digital Sky Survey (SDSS)
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Entfernung und Position genau berechnet
 
Bild: SDSS

Der SDSS als zwei getrennte Erhebungen in einem: Identifizierung von Galaxien in 2-D (rechtes Bild) sowie - durch Entfernungsmessung via Spektrum - die zwei Milliarden Lichtjahre tiefe 3-D-Karte (linkes Bild). Jede Galaxie erscheint hier als einzelner Punkt, die Farbe repräsentiert ihre Leuchtkraft. Zu sehen sind hier allerdings nur jene 66.976 Galaxien, die sich nahe der Ebene des Erdäquators befinden.

Die beteiligten Astronomen identifizierten zunächst auf weitwinkligen Aufnahmen des SDSS-Teleskops individuelle Galaxien.

Daraufhin diente das spezielle faseroptische System des Teleskops dazu, die Spektren von bis zu 608 Galaxien auf einmal aufzunehmen. Damit konnten die Wissenschaftler die Entfernung jeder einzelnen Galaxie sowie ihre Position innerhalb der 3-D-Karte berechnen.
Dunkle Energie als Tatsache?
Bild: SDSS
Detailausschnitt aus der 3-D-Karte des SDSS
Der Atlas stellt mit all seinen Daten zur Entfernung und Position der mehr als 200.000 Galaxien die Existenz der Dunklen Energie außer Frage, meinen die Forscher. "Man kann nicht länger irgend einen einzelnen Datensatz beschuldigen", kommentiert einer der Projektleiter, Max Tegmark von der University of Pennsylvania, die Ergebnisse gegenüber dem "New Scientist".

"Das Beweisnetz ist sehr stark und alle Beobachtungen deuten auf die 'Dunkle Energie' hin", so der Forscher.

Viele Forscher gehen im Übrigen - ausgehend von Beobachtungen gigantischer Sternenexplosionen, so genannter Supernovae - heute davon aus, dass diese Kraft das Universum nicht nur immer weiter, sondern vor allem auch immer schneller auseinander treibt.
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Dunkle Energie treibt das Universum auseinander
Schon Albert Einstein kam zu dem Schluss, dass es im Universum eine Art Anti-Gravitationskraft geben müsse, er nannte sie die "kosmologische Konstante" - und verwarf sie später als "größte Eselei" seines Lebens. Heute ist diese "Eselei" durchaus wieder salonfähig, als so genannte "Dunkle Energie" soll sie - so die Theorie - der Gravitation entgegen wirken und das Universum auseinander treiben.

Denn Beobachtungen, wie sich die sichtbaren Galaxien zu einander bewegen und einander beeinflussen legen den Schluss nahe, dass es wesentlich mehr Masse im Weltall geben müsste, als man mit Teleskopen beobachten kann. Die Wissenschaft weiß Rat: Rund 70 (nach anderen Schätzungen sogar bis zu 80) Prozent der gesamten Masse im Kosmos stecken nach den Berechnungen von Astrophysikern in der Dunklen Energie sowie in vielfältigen Formen der Strahlung, weitere 27 Prozent in der so genannten Dunklen Materie.
->   Mehr zur "kosmologischen Konstante" (Universität Wien)
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Noch zu Klären: Struktur der Energie
Doch selbst wenn man die rätselhafte Energieform nunmehr als bewiesen ansehen würde, das größte Stück Arbeit steht möglicherweise noch aus: eine Erklärung, was genau die Natur der Dunkle Energie ausmacht.

Auch hierbei könnte der SDSS helfen, denn die Astronomen weiten ihre kosmische Bestandsaufnahme nun aus und wollen noch entferntere Galaxien genauer unter die Lupe ihres Teleskops nehmen. Neue und detailliertere Erkenntnisse über die rätselhafte Kraft sollen bis Ende des Jahres vorliegen.
->   Publikation von Tegmark und Kollegen (arXiv.org)
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Universum als Fußball - oder doch nicht? (9.10.03)
->   Auf der Suche nach der Dichte des Universums (29.9.03)
->   Universum dehnt sich immer schneller aus (17.9.03)
 
 
 
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01.01.2010