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Forscher warnt vor "Gen-Doping" im Sport  
  Die Genforschung hat nach Ansicht von Deutschlands bekanntestem Dopingfahnder Wilhelm Schänzer erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Sports: "Es gibt ein Gen, das Muskelwachstum kontrolliert", zitiert das Hamburger Magazin "Stern" den Forscher. Experimente hätten gezeigt, dass dieses Gen verändert und damit das Wachstum von Muskeln gesteuert werden kann.  
Einen Einsatz am Menschen schließt Schänzer, Leiter des Instituts für Biochemie der Deutschen Sporthochschule Köln, für die Zukunft nicht aus: "Die Bereitschaft mancher Sportler, neue Verfahren anzuwenden, ist sehr hoch."
Neue Gefahr: Insulinpräparate
Zunächst stehe den Dopingfahndern aber eine andere Herausforderung ins Haus: Insulinpräparate, die zur Leistungssteigerung eingenommen werden, könnten Schänzers Einschätzung nach bald "ein größeres Problem" darstellen.
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200.000 Deutsche nehmen Steroidhormone
Eine weitere schon bestehende Gefahr seien Steroidhormone. "Selbst Jugendliche nehmen die schon", so der Fahnder. Schänzer meint einen neuen Körperkult auszumachen: "Man meint, durch mehr Muskelkraft und entsprechendes Aussehen leistungsfähiger und erfolgreicher zu sein - natürlich ohne viel dafür zu trainieren." Doping sei nicht nur in den USA weit verbreitet. Etwa 200.000 Deutsche würden Steroidhormone einnehmen, so Schänzer.
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Vorschlag: Doping - kontrolliert freigeben
Eine ganz andere argumentative Stoßrichtung verfolgt indessen Gert G. Wagner von der TU Berlin und dem Berliner Zentrum für Public Health:

Die bestehende Dopingliste sei eine "Negativliste" und setzte falsche Anreize. Er schlägt deshalb vor, die Dopingliste ersatzlos zu streichen und statt dessen einen Medikamentenpass einzuführen, in dem alle Substanzen aufgeführt sind, die der Sportler einnimmt.
Persönlicher Medikamentenpass statt Dopingliste
Damit entfällt der Anreiz, ständig neue Mittel zu suchen und zu verwenden, bis diese auf die Dopingliste kommen. Probiert ein Athlet etwas Neues aus, wird es sofort öffentlich, und auch die Konkurrenz kann davon profitieren. Kontrollen müssten weiterhin stattfinden.
Strafen nur für undeklarierten Konsum
Bestraft würde künftig derjenige, der heimlich etwas einnimmt, das er nicht deklariert, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Ein sinnvoller Beitrag zur Fairness im Sport.

Mediziner fürchten um den Datenschutz, und auch Sportfunktionäre scheuen diese Lösung, denn eine Frage ist noch ungeklärt: Wie wird der Zuschauer reagieren, wenn er erfährt, was die Sportstars wirklich alles schlucken, um zu siegen?
Radikale Transparenz als Ausweg?
Aber, so Wagner, ohne diese radikale Transparenz habe die Norm des sauberen Sports keine Chance mehr. Denn die Doping-Liste habe faktisch zu der Norm geführt, dass Sportler überzeugt sind, alles nehmen zu können, was nicht auf der Liste steht und/oder nicht nachgewiesen werden kann.

Beispielsweise Aspirin wird als Blutverdünner ebenso missbraucht wie scheinbar harmlose Nahrungsergänzungsmittel. Wie soll ein Athlet angesichts einer derartigen Grauzone, die die Doping-Liste erzeugt, noch an fairen und sauberen Sport glauben?

"Ohne eine radikale Änderung der Regeln wird THG nicht die letzte Designer-Droge sein, mit der sich Sportler schädigen", meint Wagner.
->   Institut für Biochemie der Deutschen Sporthochschule Köln
->   TU Berlin
->   Alles zum Thema Doping im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010