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Sonnenaktivität befindet sich im Jahrtausendhoch  
  Durch die ungewöhnlich heftigen Eruptionen auf ihrer Oberfläche ist die Sonne diese Woche in die Schlagzeilen der Medien geraten. Ein deutsch-finnisches Forscherteam hat nun herausgefunden, dass dieses Ereignis durchaus dem Trend der letzten Jahrzehnte entspricht. Die mittlere Zahl der Sonneflecken - ein Maß für die Aktivität des Himmelkörpers - war seit dem Jahr 1940 so hoch wie niemals zuvor in den vergangenen tausend Jahren.  
Für ihre Studie kombinierten die Astrophysiker historische Aufzeichnungen über Sonnenflecken mit Messungen radioaktiver Isotope in Eisbohrkernen aus Grönland und der Antarktis.

Wie die Forscher vom Max-Planck-Institut für Aeronomie in Katlenburg-Lindau und der Universität von Oulu berichten, hat die hohe Sonnenaktivität auch Einfluss auf die Klimaerwärmung der Erde.
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Der Artikel "A Millemium Scale Sunspot Reconstruction: Evidence For an Unusually Active Sun Since the 1940's" von Ilya G. Usoskin, Sami K. Solanki und Mitarbeitern wird in den "Physical Review Letters" erscheinen. Der Artikel ist online am Preprintserver "http://arXiv.org" archiviert (Kennung "astro-ph/0310823").
->   Physical Review Letters
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Sonnenflecken: Elfjähriger Zyklus
Seit der Erfindung des Fernrohrs im frühen 17. Jahrhundert beobachten Astronomen regelmäßig die Sonnenflecken. Hierbei handelt es sich um Regionen auf der Oberfläche der Sonne, in denen die Energieversorgung aus dem Inneren aufgrund der in ihnen wirkenden Magnetfelder behindert wird.

Dadurch kühlen diese Gebiete um etwa 1.500 Grad ab und erscheinen dunkel im Kontrast zu ihrer rund 5.800 Grad heißen Umgebung.

Die Zahl der Sonnenflecken schwankt in einem etwa elfjährigen Aktivitätszyklus, der von längerfristigen Schwankungen überlagert ist. So gab es beispielsweise in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts fast gar keine Sonnenflecken.

 
Bild: Kiepenheuer-Institut f¿r Sonnenphysik, Freiburg im Breisgau

Ausgedehnte Gruppe von Sonnenflecken, die im September 1998 auf der südlichen Hemisphäre der Sonne sichtbar war.
Eiskerne geben Aufschluss über Sonnenaktivität
Das deutsch-finnische Forscherteam verwendete nun eine neue Methode, um Aufschluss über die Entwicklung der Sonnenfleckenzahl vor dem Beginn der direkten Aufzeichnungen zu gewinnen. Die Experten werteten dazu die in Bohrkernen aus Grönland- und Antarktis-Eis gemessene Häufigkeit von Beryllium-10 aus.
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Beryllium-10-Gehalt hängt von Magnetfeld der Sonne ab
Dieses radioaktive Isotop entsteht, wenn energiereiche Teilchen der kosmischen Strahlung in die Erdatmosphäre eindringen und dabei Atomkerne von Stickstoff und Sauerstoff zerschlagen. Da die kosmische Strahlung durch das Magnetfeld der Sonne teilweise abgeschirmt wird, schwankt die Häufigkeit des erzeugten Beryllium-10 auf der Erde mit der Stärke dieses Magnetfelds, das selbst wiederum mit der Häufigkeit von Sonnenflecken in Verbindung steht.
->   Mehr dazu (Uni Wien)
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Seit 1940 extrem hohe Aktivität
Die Beryllium-10-Daten zeigen klar, dass sich die Sonne seit etwa 60 Jahren in einem Zustand ungewöhnlich hoher Aktivität befindet. Der Zeitraum, für den man diese Aussage machen kann, hat sich durch die neuen Untersuchungen jetzt verdreifacht, denn nun liegen die rekonstruierten Sonnenfleckenzahlen schon vom Jahre 850 an vor.
Letzter Höhepunkt zur Zeit der Wikinger
Eine weitere Periode erhöhter Sonnenaktivität, allerdings mit erheblich weniger Sonnenflecken als in der jetzigen Phase, trat im Mittelalter zwischen den Jahren 1100 und 1250 ein. Damals herrschte auf der Erde eine Warmzeit, während der die Wikinger blühende Siedlungen in Grönland unterhielten.
Wechselwirkung Sonne und Klima
Bild: TRACE Project, NASA
Die Sonne wirkt über verschiedene physikalischen Mechanismen auf die Klimaentwicklung ein: Einerseits schwankt die Gesamtstrahlung mit der Sonnenaktivität.

Sind also viele Sonnenflecken zu sehen, ist die Sonne insgesamt etwas heller als in "ruhigen" Zeiten und zeigt eine erheblich erhöhte UV-Strahlung.

Andererseits schwankt die auf die Erdatmosphäre einfallende kosmische Strahlung im genau entgegengesetzten Rhythmus zur Sonnenaktivität, da sie vom Magnetfeld der Sonne jeweils mehr oder weniger abgeschirmt wird.

Blid rechts: Die Sonnenfleckengruppe "AR 9169" im September 2000.
Modell: Kosmische Strahlung erzeugt Wolken
Die von der kosmischen Strahlung erzeugten Ionen wirken - nach einem viel diskutierten Modell dänischer Forscher - als Kondensationskeime für größere Schwebeteilchen und fördern deshalb die Wolkenbildung.

Bei hoher Sonnenaktivität (stärkerem Magnetfeld) nimmt folglich die kosmische Strahlung und mit ihr auch die Bewölkung Erde ab, so dass die Temperaturen auf der Erde steigen. Umgekehrt zieht eine geringere Sonnenaktivität niedrigere Temperaturen nach sich.
Erderwärmung durch Sonnenaktvität?
Diese neuen Befunde rücken die Frage, welcher Zusammenhang zwischen den Schwankungen der Sonnenaktivität und dem Klima auf der Erde besteht, in den Brennpunkt der aktuellen Forschung.

Auf der Erde spielt der Einfluss der Sonne - neben der Emission des Treibhausgases Kohlendioxid aus der Verbrennung von Kohle, Gas und Öl - eine zunehmende Rolle als Ursache für die seit 1900 beobachtete globale Erwärmung.
Hauptursache Treibhausgase
"Doch auch nach unseren neuen Erkenntnissen über die Schwankungen des solaren Magnetfelds ist der seit 1980 eingetretene starke Anstieg der Erdtemperatur wohl vor allem dem durch das Kohlendioxid bewirkten Treibhauseffekt zuzuschreiben," sagt Sami K. Solanki, Sonnenphysiker und Direktor am Max-Planck-Institut für Aeronomie.
->   Max-Planck-Institut für Aeronomie
->   University of Oulu
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->   Solare Eruption: Heftige Aktivität auf der Sonne (29.10.03)
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01.01.2010