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Massenselbstmord der Lemminge ist eine Legende  
  Der vermeintliche Massenselbstmord von Lemmingen ist tatsächlich eine Legende: Wie Forscher berichten, sind Raubtiere für die extremen Schwankungen in der Bevölkerungsdichte der Nager verantwortlich.  
Das berichten Biologen der Universitäten Helsinki und Freiburg nach jahrelangen Lemming-Beobachtungen im US-Fachjournal "Science" vom Freitag.
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Der Artikel "Cyclic Dynamics in a Simple Vertebrate Predator-Prey Community" von O. Gilg and I. Hanski erscheint in "Science" (Ausgabe vom 31. Oktober 2003).
->   "Science"
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Rätselhafte und regelmäßige Populationsschwankungen
Bild:  O. Gilg/G.R.E.A.
Ein Lemming
Die Zahl der Lemminge steigt innerhalb eines Populationszyklus von vier Jahren regelmäßig um das Hundert- bis Tausendfache an, um dann plötzlich radikal zu schrumpfen.

Obwohl die vermeintlichen Massenselbstmorde auch zuvor schon als Legende galten, waren die wahren Gründe für diese Schwankungen weitgehend rätselhaft.

Die Forschergruppe um Olivier Gilg beobachtet seit 15 Jahren jeweils im Sommer die im Nordosten Grönlands lebenden Halsbandlemminge (Dicrostonyx groenlandicus
Hermelin als Ursache der Schwankungen
Wie Gilgs Kollege Benojt Sittler gegenüber der dpa erklärte, habe sich bei der Feldforschung der Hermelin als ausschlaggebend für die starke Populationsschwankung unter den bis zu 15 Zentimeter langen Lemmingen erwiesen.

Während Schnee-Eule, Raubmöwe sowie Polarfuchs während der langen Winterphase die unter dem Schnee lebenden Nager nicht bedrohten, sei das Fressverhalten der Hermeline der wichtigste Faktor für die Größe der Lemming-Bevölkerung.
Verzögerte Reaktion auf Populationsdichte
Da die Raubtiere aber auf Schwankungen der Lemming-Population erst mit erheblicher Verzögerung reagierten, könnten sich die Lemminge zunächst für eine bestimmte Zeit explosiv vermehren.

Genau so drastisch falle dann die Entwicklung in die andere Richtung aus, wenn sich schließlich Hermeline ganzjährig und die anderen Raubtiere im Sommer bei ihrer Futterquelle "bedienten".
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Diese Beobachtung sei "einer der seltenen Momente, in denen die Natur grundlegende Theorien widerspiegelt", heißt es in einem Kommentar in "Science". Die Ergebnisse würden zweifellos in künftige Biologiebücher eingehen.
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Nahrungsmangel nicht die Ursache
Mit ihrer Feldforschung widerspricht die Forschungsgruppe auch der landläufigen Auffassung, dass eigener Nahrungsmangel das dramatische Massensterben von Lemmingen verursache. Zu den angeblichen Massenwanderungen norwegischer Berglemminge mit dem abschließenden Todessturz von Felsen meinte Sittler:

"Das ist nichts als eine Legende, die zum Beispiel grönländische Eskimos überhaupt nicht kennen." Noch nicht mal Massenwanderungen würden die kleinen Nager veranstalten: "Es ist extrem schwer, drei Lemminge auf einmal auf ein Bild zu bekommen."
Disney-Tierfilm verbreitete Legende
Als zentral für die Verbreitung der Lemming- Legenden machte Sittler einen Disney-Tierfilm aus den sechziger Jahren aus, bei dem Bilder von angeblichen Massenwanderungen eindeutig gestellt worden seien
->   Lemming-Projekt der Universität Freiburg
 
 
 
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01.01.2010