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Robben: Thermofenster als "Klimaanlage"  
  Wenn es Robben an Land zu heiß wird, öffnen die Tiere einfach ihre so genannten "Thermofenster": Teile ihrer Körperoberfläche erhitzen sich durch stärkere Durchblutung - und geben Wärme ab.  
Das haben Biologen der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gemeinsam mit Kollegen aus Köln und Neufundland mittels einer Infrarotkamera herausgefunden. Über ihre Ergebnisse berichten sie im "Journal of Experimental Biology".
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Der Artikel "Thermal windows on the trunk of hauled-out seals: hot spots for thermoregulatory evaporation?" von Björn Mauck, Kerstin Bilgmann, Daryl D. Jones, Ulf Eysel und Guido Dehnhardt ist erschienen in "The Journal of Experimental Biology", Band 206, Seite 1727-1738.
->   "Journal of Experimental Biology"
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"Blubber" und Gegenstrom-Wärmetauscher
Dafür, dass Robben auch im kalten Eismeer nicht frieren müssen, sorgt ihre zentimeterdicke, isolierende Speckschicht, der so genannte "Blubber", sowie ein Gegenstrom-Wärmetauscher in der Blutversorgung der Flossen:

Speck wäre hier hinderlich, schließlich müssen die Flossen beweglich sein. Stattdessen sind die Arterien, die das Blut aus dem Körper in die Extremitäten leiten, von einem Netz von Venen umringt, so dass das in den Flossen abgekühlte Blut auf dem Rückweg in den Körperkern noch wertvolle Wärme "mitnehmen" kann.

Wenn der Körper aber überschüssige Wärme produziert, wird ein alternatives Venensystem genutzt, das keinen Kontakt zu den Arterien hat . So kann das Blut in den Flossen überschüssige Wärme an die Umgebung abgeben und den Körper kühlen.
Verschiedene Kühlsysteme im Wasser und an Land
Wenn es aber so richtig warm wird, reicht dieses System nicht aus - schon gar nicht an Land, denn die Luft leitet Wärme wesentlich schlechter ab als das an den Flossen vorbeiströmende Wasser.

Legt sich die Robbe also an den Strand und lässt sich die Sonne auf den Pelz scheinen, muss ein anderes Kühlsystem her. Wie das funktioniert, fanden die Forscher nun durch die Untersuchung von Sattelrobben in Neufundland, Kegelrobben im Zoo Münster und Seehunden im Kölner Zoo heraus.

Mit einer Infrarotkamera ermittelten sie über einige Stunden hinweg die Temperatur der Körperoberfläche der Tiere an Land.
Heiße Flecken auf der Körperoberfläche
Bild: RUB
Im Infrarotbild sind die Thermofenster als rote Flecken zu erkennen.
Es zeigte sich: Bei hohen Umgebungstemperaturen werden vermehrt Gefäße durchblutet, die oberhalb der isolierenden Speckschicht der Robben liegen. Die Wärmebilder zeigen, dass dies zunächst meist punktuell passiert.

Die "Thermofenster" bilden sich häufig zuerst an Kopf, Nacken und Schultern der Robben. Nach und nach wachsen die Flecken und verschmelzen dann miteinander. Der Temperaturunterschied zwischen einem "Fenster" und seiner Umgebung kann fast 25 Kelvin betragen.

An kalten Tagen kann man an den heißen Körperpartien sogar Wasserdampf über dem Fell der Tiere aufsteigen sehen.
Thermofenster energetisch günstiger?
Die Forscher mutmaßen, dass es energetisch günstiger ist, die Temperatur nur stellenweise stark in die Höhe zu treiben, als den ganzen Körper mäßig zu erwärmen.

Denn bei höherer Temperatur der Körperoberfläche kann das noch im Pelz der Robben vorhandene Wasser leichter verdunsten, sodass mehr überschüssige Körperwärme in diesen energie-intensiven Prozess fließen kann. Das nasse Fell der Tiere könnte somit also als eine Art "Kühlmittelspeicher" dienen.
->   Fakultät für Biologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB)
 
 
 
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01.01.2010