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Diagnoseverfahren entlarvt Pilzgifte auf Getreide  
  Sie können sich u.a. in Getreideflocken von Müsli befinden: Mykotoxine, die natürlichen Abbauprodukte von Schimmelpilzen, die beim Mensch ebenso wie beim Tier bereits in geringen Dosen schädlich sind. In einem vom Wissenschaftsfonds geförderten Projekt arbeiten österreichische Chemiker nun an verbesserten Diagnoseverfahren.  
Strenge Richtlinien, aber teure Kontrollen
Die Pilzgifte, die besonders Feldfrüchte wie Getreide oder Mais befallen, können Durchfall, Erbrechen und Kopfschmerzen verursachen, im schlimmsten Fall wirken sie sogar toxisch.

Aber keine Angst: Üblicherweise gelangen keine mit Schimmelpilz verseuchten Futter- und Lebensmittel in den Nahrungskreislauf von Mensch und Tier. Die Auflagen der österreichischen Agrarbehörden sind streng, EU-weit gelten strikte Richtlinien für die erlaubte Mykotoxinkonzentration, die regelmäßig kontrolliert wird. Größtes Problem bislang: Die gängigen Kontrollverfahren sind aufwändig, kosten- und zeitintensiv.
Neues Verfahren: Mehr als 200 Stichproben pro Tag
Der Chemiker Rudolf Krska hat sich nun gemeinsam mit seinem Forschungsteam vom Interuniversitären Forschungsinstitut für Agrarbiotechnologie (IFA) Tulln und vom Institut für Chemische Technologien und Analytik an der TU Wien dieses Themas angenommen und ein neues, schnelles und effizientes Diagnoseverfahren zur Bestimmung des Schimmelpilzes und seiner Mykotoxine entwickelt.

"Mit Hilfe der so genannten IR-ATR-Technik, einer von uns erweiterten Form der Infrarot-Spektroskopie, kann das Ausmaß der Schimmelpilz- beziehungsweise Mykotoxinkontamination ohne Zerstörung oder vorherige chemische Behandlung des Getreidekorns oder Mehls abgeschätzt werden - und zwar bei mehr als 200 Stichproben pro Tag", erläutert der Wissenschaftler das vom Wissenschaftsfonds geförderte Projekt.
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Für Import- und Exporthandel
"Im Gegensatz dazu brauchen herkömmliche Verfahren mindestens eine halbe Stunde Analysezeit pro Probe." Und Krska führt aus: "Unser Detektionssystem könnte zur Kontrolle von Getreide bei der Produktion von Lebens- und Futtermitteln, aber auch beim Import- und Exporthandel eingesetzt werden."
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Verfeinerte Infrarot-Spektroskopie
Das Diagnoseverfahren basiert auf einer Messung der Proben mittels Infrarot(IR)-Spektroskopie. Wesentliche Ergänzung ist die so genannte ATR-Technik. "Diese beruht auf dem Prinzip der abgeschwächten Totalreflexion (ATR)", so Krska.

"Dabei wird ein Teil der IR-Strahlung von der Probe absorbiert und fehlt daher im reflektierten Strahl. Diese Intensitätsänderung im Infrarotbereich wird dann als Absorptionsspektrum aufgezeichnet. Die Zusammensetzung dieses Spektrums gibt uns Aufschluss über den Pilzbefall an der Getreideoberfläche."
Gezielt gesucht: Vomitoxin
Zur Analyse wird entweder ein einzelnes Getreidekorn oder eine gemahlene Probe auf einen speziellen ATR-Diamantkristall gepresst und mit Infrarot bestrahlt. Bei den Analysen konzentrierten sich die Wissenschaftler auf eine spezielle Gruppe von Mykotoxinen, die in Europa am weitesten verbreitet ist: das so genannte Desoxynivalenol (kurz: DON) - besser bekannt als Vomitoxin.
FAO: 25 Prozent aller Getreideprodukte kontaminiert
Die Forschungsarbeit rund um die Pilzgifte ist dringend notwendig: Der Befall landwirtschaftlicher Produkte mit Schimmelpilzen ist für die internationale Agrarwirtschaft ein riesiges, schwer zu kontrollierendes Problem. Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO sind weltweit rund 25 Prozent aller Getreideprodukte mit Mykotoxinen kontaminiert.
Ziel: Weiterentwicklung zur Anwendungsreife
"Umso wichtiger ist es, diese Schadstoffe schnell und frühzeitig zu erkennen", so Krska, der auch Leiter des im Dezember 2002 neu gegründeten Christian-Doppler-Labors für Mykotoxinforschung an der IFA Tulln ist.

In Kooperation mit dem Labor will das Forschungsteam um Krska das neue Diagnoseverfahren noch bis zur Anwendungsreife weiterentwickeln. "Das IR-ATR-Spektrometer soll noch so weit automatisiert werden, dass es transportabel an jedem beliebigen Ort eingesetzt werden kann und man nicht an das Labor gebunden ist", resümiert Rudolf Krska.

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Wissenschaftsfonds (FWF)
->   IFA Tulln
->   Institut für Chemische Technologien und Analytik, TU Wien
 
 
 
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01.01.2010