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Radikale Organisationsreform der Uni Wien geplant  
  Nach den Gerüchten nun die konkreten Vorschläge: Österreichs größte Hochschule, die Universität Wien, möchte ihre Strukturen ab kommendem Jahr radikal ändern. Statt derzeit sieben Fakultäten soll es künftig 18 geben, so genannte "Studienprogrammleiter" sollen Studienbetrieb sowie -organisation managen und die Institute als Organisationsebene verschwinden. Erste Kritik an den Plänen des Rektorats kommt von der Österreichischen HochschülerInnenschaft.  
Uni-Rat muss dem Plan zustimmen
Der vom Rektor der Universität Wien, Georg Winckler, bei einer Pressekonferenz am Dienstag vorgestellte Organisationsplan geht nun an den Senat, der zwei Monate Zeit für dessen Diskussion hat. Anschließend muss der Uni-Rat dem Plan zustimmen.
Die derzeitige Gliederung der Universität Wien
Derzeit besteht die Universität Wien aus acht Fakultäten: der katholisch-theologischen (14 Institute), der evangelisch-theologischen (sieben), der rechtswissenschaftlichen (14), der medizinischen (58), der human- und sozialwissenschaftlichen (elf), der geistes- und kulturwissenschaftlichen (27) sowie der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik (sieben) und der Fakultät für Naturwissenschaften und Mathematik (27).

Durch das Universitätsgesetz 2002 wird die medizinische Fakultät ausgegliedert und ab 1. Jänner 2004 in eine eigene Medizinische Universität überführt.
->   Universitätsgesetz 2002
Unverändert: Theologie und Rechtswissenschaften
Neben den 165 an den Fakultäten angesiedelten Instituten gibt es noch vier der Universitätsleitung direkt untergeordnete (Risikoforschung, Ethik und Recht in der Medizin, schulpraktische Ausbildung und interdisziplinäres Forschungsinstitut für Archäologie).

Unverändert bleiben nach den Plänen des Rektorats künftig nur die beiden theologischen sowie die rechtswissenschaftliche Fakultät. Daneben soll eine Reihe weiterer Fakultäten entstehen.
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Die geplanten "neuen" Fakultäten
Geht es nach den Plänen des Rektorats der Uni Wien, sollen die ab 1. Jänner 2004 bestehenden sieben Fakultäten in folgende 18 umgewandelt werden:
- Katholisch-Theologische Fakultät
- Evangelisch-Theologische Fakultät
- Rechtswissenschaftliche Fakultät
- Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
- Fakultät für Informatik
- Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
- Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
- Fakultät für Philosophie und Wissenschaftstheorie
- Fakultät für Sozialwissenschaften
- Fakultät für Psychologie
- Fakultät für Erziehungswissenschaft und pädagogisch- wissenschaftliche LehrerInnenbildung
- Fakultät für Mathematik
- Fakultät für Physik
- Fakultät für Chemie
- Fakultät für Geowissenschaften, Geografie und Astronomie
- Fakultät für Biologie
- Fakultät für Molekulare Zellbiologie
- Fakultät für Gesundheitswissenschaften (Arzneimittelwissenschaften, Ernährungswissenschaften, Sportwissenschaften)

Darüber hinaus ist die Einrichtung eines Zentrums für Übersetzen und Dolmetschen und eines überfakultären Zentrums für Innovation geplant.
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Zielvereinbarungen mit Fakultäten geplant
Nach den Vorstellungen der Uni-Leitung soll künftig das Rektorat Zielvereinbarungen mit den Fakultäten schließen und deren Dekane wiederum mit ihren Mitarbeitern, die etwa in Arbeitsgruppen oder Instituten organisiert sein können.

Die Institute sind aber künftig lediglich Teil der Binnenstruktur einer Fakultät, Institutskonferenzen sind nicht mehr vorgesehen.
Möglichkeit von "Scientific Boards"
Daneben schlägt das Rektorat die Möglichkeit der Einrichtung von "Scientific Boards" an jeder Fakultät sowie bei der Uni-Leitung vor. Diese sollten aus drei bis fünf internationalen Wissenschaftlern der jeweiligen Disziplinen bestehen und die Außenperspektive der Uni verstärken, betonte Winckler.

Aufgaben wären etwa die Meinungsäußerung bei der Schaffung von neuen Professuren und Stellungnahmen zur Erfüllung der Zielvereinbarungen.
Auch weniger Fakultäten möglich
Winckler hofft auf eine Zustimmung des Senats zum Organisationsplan bereits im November, um diesen dann bereits im Dezember dem Uni-Rat zur Genehmigung vorlegen zu können. Dabei könnten sich bei der Anzahl der Fakultäten noch Veränderungen nach unten ergeben, so Winckler - "da lassen wir uns vom Senat vielleicht überzeugen".

Sollte der Senat allerdings mehr Organisationseinheiten verlangen, werde das auf den "Widerstand des Rektorats" stoßen.

Ebenfalls ein "Muss" sei aus seiner Sicht die Einrichtung der Scientific Boards. Der Senat hat gegen die Pläne des Rektorats keine echte Vetomöglichkeit. Eine Einigung von Senat und Rektorat wäre aber ein "starker Vorschlag" an den Uni-Rat.
Fakultäten sollen homogener werden
Durch die neue Organisation erwartet sich Winckler eine gleichmäßigere Verteilung der Größe der Fakultäten. Zurzeit verfüge etwa die Fakultät für Naturwissenschaften und Mathematik über rund 40 Prozent des Gesamtpersonals der Universität (ohne Medizin).

Habe derzeit die zweitkleinste Einheit drei und die größte Einheit 871 Mitarbeiter, würden es künftig zwischen 27 und 300 sein. Die Durchschnittsgröße der Organisationseinheiten sinke von 204 auf 110 Mitarbeiter.
Dekan soll bleiben, Studienprogrammleiter kommen
An der Spitze der Fakultät soll nach den Plänen des Rektorats wie bisher ein Dekan stehen. Dieser wird von den Universitätsprofessoren vorgeschlagen und vom Rektorat bestellt. Ähnlich funktionieren soll die Berufung der Studienprogrammleiter, vorgesehen ist bei ihnen aber auch eine Anhörung des Senats.
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Die Aufgaben der Studienprogrammleiter
Die Studienprogrammleiter werden für ihre Aufgaben von Forschung und Lehre teilweise freigestellt und sollen etwa die Aufgaben des Studiendekans übernehmen. Laut Vizerektor Arthur Mettinger dienen sie als Ansprechperson für studienrechtliche und -organisatorische Angelegenheiten sowohl für Studenten als auch für Lehrende.

Das Rektorat erwartet sich davon unter anderem, dass Studenten schneller zu ihren Zeugnissen kommen, da die Studienprogrammleiter unter anderem auch die Aufgaben der derzeit sieben Prüfungsreferate übernehmen würden. Und: "Wir werden sicher mehr Studienprogrammleiter als Organisationseinheiten haben", so Mettinger.
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ÖH-Kritik: Weitere Entdemokratisierung
Kritik an den Plänen des Rektorats kommt von der Hochschülerschaft an der Uni Wien. "Der ÖH wird lediglich eine beratende Rolle zugebilligt - und auch diese nur in Zusammenhang mit dem Senat, welcher mit einer absoluten ProfessorInnenmehrheit besetzt ist", meinte die ÖH-Vorsitzende an der Uni Wien, Maria Lettner, in einer Aussendung. Damit setze sich die "Tendenz zur Entdemokratisierung der Universität" fort.
Zu viel Zeitdruck, zu wenig Mitbestimmung
Der Versuch, die Uni Wien "quasi auf dem Reißbrett neu zu strukturieren", sei zum Scheitern verurteilt. Der ständige Zeitdruck, die Unterdrückung jeder Diskussion, Tendenzen zur Abschaffung der studentischen Mitbestimmung sowie vollkommen unausgereifte Vorgaben führten "zwangsläufig zu absurden Vorgangsweisen und grotesken Konzepten", so Lettner.
->   Universität Wien
->   Österreichische HochschülerInnenschaft
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Massive Umorganisation der Uni Wien steht bevor (28.10.03)
 
 
 
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01.01.2010