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ORF ON Science :  News :  Kosmos .  Leben 
 
Forscher untersuchen "Mars-Boden" in Chile  
  Ein internationales Forscherteam hat Bodenproben aus der Atacama-Wüste im Norden Chiles untersucht - und dabei mit ausgefeilten Analysemethoden winzige Spuren organischer Materie festgestellt. Jene besonders trockene Erde weist aber große Übereinstimmungen mit dem - echten - Mars-Boden auf. Die interessante Schlussfolgerung: Bisherige Experimente könnten auf dem Roten Planeten schlicht deshalb keinerlei organische Substanzen entdeckt haben, weil sie unter "falschen" Bedingungen suchten.  
Bild: Rafael Navarro-Gonzalez/Science
Sonnenuntergang über der Atacama-Wüste (Oktober 2003)
Die Wissenschaftler um Rafael Navarro-Gonzalez von der Universidad Nacional Autonoma de Mexico in Mexico City entdeckten den Mars-ähnlichen Boden in einer extrem trockenen Region der Atacama-Wüste, wie sie im Fachmagazin "Science" berichten.

Proben aus jener Gegend enthielten demnach organische Materie sowie Spuren von Bakterien - allerdings nur in extrem kleinen Mengen.
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Der Artikel "Mars-like Soils in the Atacama Desert, Chile, and the Dry Limit of Microbial Life" ist in "Science" (Bd. 302, Seiten 1018-1021, vom 7. November 2003) erschienen.
->   Der Originalartikel in "Science" (kostenpflichtig)
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Leben im All? Mars als Lieblingskandidat
Mittlerweile ist hinlänglich bekannt, dass der Mars als möglicher Ort außerirdischen Lebens das Lieblingsobjekt der Astronomen ist. Der kleine Schönheitsfehler: Bisherige NASA-Missionen zum Roten Planeten konnten nicht einmal winzigste organische Spuren als Hinweis auf mögliches Leben nachweisen.

Dabei weist der dank seines eisenhaltigen Bodens auch Roter Planet genannte Mars tatsächlich gewisse Ähnlichkeiten mit dem Blauen Planeten, der Erde auf. Zum Beispiel gibt es verschiedene Jahreszeiten. Die Pole etwa sind im Winter mit einer dünnen Schicht aus Wassereis und Kohlendioxidschnee bedeckt, die im Sommer abschmilzt.
->   Mehr Infos zum Mars (www.marssociety.at)
Verwirrung durch NASA-Ergebnisse
Die Viking-Missionen der NASA sorgten dennoch für eine gewissen Verwirrung innerhalb der Forschergemeinde. Denn sie zeigten, dass die Erde des Roten Planeten äußerst reaktionsfreudig ist - zumindest ein indirekter Hinweis auf mögliches Leben.

Zum einen stellten die Instrumente die rapide Freisetzung von molekularem Sauerstoff fest, sobald der Marsboden mit Wasserdampf in Verbindung kam. Zum anderen zeigte sich, dass organisches Material in einem weiteren Experiment oxidierte bzw. "konsumiert" wurde - "wie in Gegenwart von Leben zu erwarten wäre", wie die Forschergruppe in "Science" schreibt.

Die Existenz von Lebensformen auf dem Mars gilt allerdings vor allem aufgrund des Fehlens jeglicher Spuren organischer Substanzen als sehr unwahrscheinlich.
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Leben auf dem Mars: Die "Gerüchteküche" brodelt
Gerüchte um Lebensspuren vom Roten Planeten sind tatsächlich niemals ganz verstummt, seitdem erstmals am 20. Juli 1976 die NASA-Sonde "Viking 1" auf einem Geröllfeld nahe dem Mars-Äquator landete. So erklärte etwa im Juli 2001 der Neurobiologe Joseph Miller von der University of Southern California auf einer Fachtagung, lange verschollene Daten von der Viking-Mission deuteten auf Mikroben hin. Und pünktlich zum Start von Mars Express Anfang Juni 2003 meldete sich ein ehemaliges Mitglied der Forschungsgruppe mit ähnlichen Erkenntnissen in BBC Online zu Wort.
Forscher: NASA übersah Anzeichen für Mars-Leben (28.7.01)
BBC Online: Historic Mars lander 'did find life' (29.5.03)
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Anorganische Oxidantien als Erklärung
Die derzeit weithin akzeptierte Lösung: Anorganische Oxidantien wie etwa Superoxide könnten die Reaktionsfreude des Bodens erklären, während das Fehlen organischer Materie eben durch ihre Oxidation in Anwesendheit jener anorganischen Oxidantien und/oder ultraviolette Strahlung begründet werde, heißt es in "Science".
Mars-Forschungen in chilenischem Wüstenboden
Der offenen Fragen rund um den Marsboden haben sich die Forscher um Rafael Navarro-Gonzalez angenommen - und sind dafür lediglich nach Chile gereist. Denn dort findet sich die Atacama-Wüste, "eine Umgebung, die als Modell für den Mars dient", schreiben die Wissenschaftler.
Höhere Temperaturen - Organische Spuren
Bild: Rafael Navarro-Gonzalez/Science
Eine Aufnahme der trockensten Gegend innerhalb der Atacama-Wüste.
Dort gesammelte Bodenproben analysierte das Team - allerdings unter weitaus höheren Temperaturen (750 Grad Celsius) als einst im Rahmen der Viking-Mission - und fanden immerhin geringe Spuren von organischen Molekülen. An einer Stelle konnten sie zudem Spuren von Bakterien nachweisen.

Eine Wiederholung - in Anlehnung an die Viking-Mission bei Temperaturen von lediglich 500 Grad Celsius, entsprechend der maximalen Temperatur der Viking-Instrumente - reduzierte die Funde deutlich und führte zu ähnlichen Ergebnissen wie einst die NASA-Mission.

Die Schlussfolgerung der Wissenschaftler: Organisches Material als eine Voraussetzung für die Entstehung von Leben könnte durchaus im Mars-Boden zu finden sein - allerdings hätten es die Viking-Sonden bei den von ihnen verwendeten Temperaturen gar nicht feststellen können.
Oxidanz auch im Wüstenboden
Die Wissenschaftler stellten zudem - anaolg zu den Viking-Ergebnissen - fest, dass sich im lebensfeindlichen chilenischen Wüstenboden ein sehr starkes Oxidanz verbergen müsse. Vermutlich ein photochemisches Produkt.
Welches Oxidanz, bleibt weiterhin ein Rätsel
Bild: Rafael Navarro-Gonzalez/Science
Um welches Oxidanz es sich allerdings - ob auf Erden oder auf dem Mars - handelt, ist weiterhin ungewiss und bleibt Gegenstand zukünftiger Studien. Die aber müssten nicht unbedingt auf dem Mars durchgeführt werden, glaubt man dem Wissenschaftlerteam.

Denn was ihre Ergebnisse angeht, bietet sich nach Meinung der Forscher vor allem eines an: Der Wüstenboden könnte als eine Art "Mars-Modell" dienen und dabei helfen, zukünftige Missionen zum Roten Planeten bereits im Vorfeld besser zu planen und zu testen.

"In vieler Hinsicht sind diese Böden den Marsböden ähnlich, die im Rahmen des Viking-Biologie-Experiments untersucht wurden, und sie könnten ein wertvolles Versuchsgelände Test für Instrumente und Experimente darstellen, die für zukünftige Marsmissionen entworfen wurden", lautet das Resümee in "Science".

Rechts im Bild: Satellitenblick auf die Atacama-Wüste, die als eine der trockensten und möglicherweise auch ältesten Wüsten gilt. Die Wolkenbildung über der Region wird durch die Anden im Osten und die Küstengebirge im Westen behindert.
->   Universidad Nacional Autonoma de Mexico
Mehr zum Mars in science.ORF.at:
->   Indiz für Meere auf dem Mars gefunden (19.9.03)
->   Neue Theorie: Meteoritenstaub färbte Roten Planeten (4.9.03)
->   Der Mars ist wasserreicher als angenommen (26.6.03)
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01.01.2010