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Auslandslegionäre in der Wissenschaft  
  Was für den Fußball stimmt, sollte sich auch die Wissenschaft zu Gemüte führen: Je mehr Ausländer im Team mitspielen, desto besser spielt die Liga. Ein Kommentar von Oliver Lehmann.  
Was die Scientific Community von der Champions League lernen kann
Die Affinitäten zwischen Wissenschaft und Fußball gelten nicht wirklich als besonders ausgeprägt - sieht man vom Fulleren ab, einer reinen Kohlenstoffverbindung, die wegen ihrer Form auch Fußballmolekül genannt wird. Doch bei genauerer Betrachtung ermöglicht das Kicken ein paar Erkenntnisse, die sich nicht nur in der Werkstofftechnik, der Orthopädie und der Soziologie des Hooligans anwenden lassen, sondern für die gesamte Wissenschaft von Nutzen sind.

Zwei Beispiele aus der letzten Woche: 18 von 20 Mitgliedern des Kaders der französischen Fußballnationalmannschaft im Match am 24. März gegen Japan - Endstand 5:0 - waren Legionäre. Im Kader des österreichischen Teams für das Spiel gegen Israel am Mittwoch, den 28. März (2:1) hatten vier von 18 Kickern ein Leiberl im Ausland. Frankreich ist Weltmeister, Österreich auf Platz 45 der Weltrangliste. Noch Fragen?
Wie der Fußball, so die Wissenschaft
Was für den Fußball gilt, lässt sich auch auf die Wissenschaft anwenden: Je intensiver der Grad der internationalen Verflechtung, desto größer die Leistungsdichte. Je mehr österreichische Forscher ins Ausland gehen, Erfahrungen sammeln und sich im weltweiten Wettbewerb einbringen, desto besser. Sollte man meinen.

Ist aber nicht so, wie der Präsident des Wissenschaftsfonds Arnold Schmidt unlängst bilanzierte: Die Zahl der zur Finanzierung von Auslandsaufenthalten gedachten Erwin-Schrödinger-Stipendien bleibt seit Jahren gleich: Im Jahr 2000 wagten gerade mal 113 heimische Forscher den - zeitlich begrenzten - Schritt über die Grenze.
Keine Vorteile für die heimische Karriere
Ein wesentlicher Grund: Der Auslandsaufenthalt bringt dem Stipendiaten keine Vorteile für seine heimische Karriere, das Fernweh wird von vielen Universitäten bei Entlohnung und Einstufung nicht gewürdigt.

Die kleine Hoffnung besteht darin, dass die Vollrechtsfähigkeit der Unis etwas an dieser im Prinzip peinlichen Haltung ändern wird. Die große Befürchtung sieht so aus, dass "Weltberühmt in Wien/Graz/Linz/Klagenfurt/Salzburg/Innsbruck" das Maß aller Dinge bleibt.
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Auch fremde Forscher haben's schwer
Auch in die Gegenrichtung funktioniert der befruchtende Austausch nicht so recht. Zwar sind ausländische Forscher, die in Österreich tätig werden wollen, von der berüchtigten Quote ausgenommen - nicht aber ihre Familienmitglieder. (Immerhin, EU-Bürger werden mit diesem bürokratischen Wahnwitz nicht behelligt.) Hat er sich mit dem Verzicht auf Familienleben abgefunden, ist der Forscher noch immer der Verschleppung seines Antrags durch die österreichische Diplomatie ausgeliefert. Wittgenstein-Preisträger Peter A. Markowich berichtet von einem chinesischen Kollegen, den er auf ein Jahr nach Wien holen wollte. Dank des Desinteresses der Botschaft in Peking konnte der Mann nur sechs Monate in Wien forschen. Kein Einzelfall.
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Zurück zum Sport
Wenn schon nicht mahnende Worte von erfolgreichen Forschern österreichischen Ursprungs fruchten, dann vielleicht eine weitere Analogie aus dem Sport: Im Kader des international erfolgreichsten heimischen Klubs (er heißt Sturm Graz) haben 15 von 28 Spielern eine andere als die österreichische Staatsbürgerschaft. Und noch eins: Drei der heimischen Spieler wurden erst in letzter Zeit eingebürgert, um der siechen Nationalmannschaft auf die Beine zu helfen.

Oliver Lehmann ist Chefredakteur des "Universum Magazin"
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01.01.2010