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Physiker rätseln über neues Materieteilchen  
  In der Welt der subatomaren Teilchen gibt es immer wieder Überraschungen: Ein neues - unter Beteiligung österreichischer Physiker entdecktes - Partikel gibt den Experten Rätsel auf. Das auf den klingenden Namen hörende "X (3872)" passt nicht in bekannte Schemata.  
Das Partikel wurde von einem internationalen Team - darunter Wissenschaftler des Instituts für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) - am japanischen Hochenergiebeschleuniger KEK in Tsukuba nahe Tokio entdeckt und durch Experimente am Fermilab in Illinois (USA) bestätigt.
->   KEK
->   Resultate der Experimente am Fermilab
X (3872) passt in kein Schema
Die Vielfalt der subatomaren Partikel ist nicht leicht zu überblicken: Betrachtet man etwa die Masse der Teilchen, so können Leptonen (griech. leicht) von den schwereren Mesonen und Baryonen unterschieden werden.

Orientiert man sich hingegen an deren Spin, dann stellt man die Gruppe der Bosonen den Fermionen gegenüber.

Das Besondere an X (3872) sei es nun, "dass es in kein gängiges Schema passt", so Christoph Schwanda vom Institut für Hochenergiephysik gegenüber der APA.
Kurzlebige Mesonen ...
Protonen und Neutronen, welche Atomkerne unserer Materie aufbauen, bestehen - laut weitgehend anerkannter Theorie - aus drei so genannten Quarks.

Lediglich bei hohen Energien, wie sie etwa in Beschleunigern erzeugt werden, bilden sich extrem kurzfristig so genannte Mesonen, die lediglich aus zwei Quarks bestehen. Da es sich auch noch um ein Quark und ein Anti-Quark handelt und sich Materie und Antimaterie auf Dauer nicht verträgt, sind diese Teilchen extrem kurzlebig. Kaum entstanden, zerblitzen sie Bruchteile von Sekunden später auch schon wieder.
... und wie man ihnen auf die Schliche kommt
Im Augenblick ihrer Vernichtung zerstieben die Teilchen in alle möglichen Richtungen und hinterlassen dabei für die Physiker messbare Spuren. Etwa aus Intensitäten, Längen und Winkeln lassen sich so Berechnungen anstellen, wie die Materie im Inneren aufgebaut ist, was sie zusammenhält und was beispielsweise im Urknall passierte.
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Quarks
Nach dem Theorie-Modell von Murray Gell-Mann und George Zweig sind Neutronen und Protonen aus noch kleineren Bestandteilen zusammen gesetzt - den so genannten "Quarks". Das Quarkmodell - erstmals vorgestellt 1964 - fordert heute sechs Quarks und sechs Antiquarks. Protonen und Neutronen setzen sich aus jeweils drei Quarks - zwei Quarks und einem Antiquark - zusammen.

Zunächst unterschied man nur drei Quarks: up-, down- und strange-quarks. Erweitert wurde das Modell später durch charm- und bottom-quarks. Das sechste, aus Symmetriegründen geforderte top-quark wurde 1994 mit am Fermilab bei Chicago nachgewiesen. Freie Quarks sind bis heute nicht beobachtet worden.
->   Mehr über Quarks (wikipedia.de)
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Schwerer als bekannte Mesonen
Das Besondere am neu beobachteten Teilchen ist vor allem seine Masse, es ist etwa doppelt so schwer wie bisher bekannte Mesonen.

Zur Erklärung werden teilweise alte, aber bisher unbewiesene Theorien wieder aus den Schubladen geholt, so gibt es Überlegungen, dass sich für das neue Teilchen möglicherweise zwei normale Mesonen zu einem bisher unbekannten Verbund zusammengefunden haben, etwa so wie zwei Atome ein Molekül bilden.
Besteht aus vier Quarks?
"Es wäre aber auch möglich, dass das Teilchen von vorn herein aus zwei Quark-Antiquarkpaaren besteht", so Schwanda. Nach den Experimentatoren, welche die Spuren des Zerfalls verfolgen und vermessen, sind nun auch die Theoretiker unter den Physikern gefragt.
Juli 2003: Nachweis von Pentaquarks
Die - noch nicht ausreichend interpretierten - Beobachtungen reihen sich in ein in ähnliche Experimente anderer Physikerteams. So berichteten im Juli 2003 unabhängig voneinander gleich zwei Gruppen von einer Fünfer-Kombination von Quarks.
->   Pentaquarks: Neue Materiebausteine entdeckt (3.7.03)
Bisher dahin waren Quarks nur in charakteristischen Zweier- (bei Mesonen) bzw. Dreier-Kombinationen (bei Baryonen) nachzuweisen. Höherzahlige Gruppierungen - wie die Pentaquarks - wurden zwar von manchen Theoretikern vorhergesagt, waren bis zu diesem Zeitpunkt aber noch nie experimentell bestätigt worden.
->   Institut für Hochenergiephysik der ÖAW
->   The Collider Detector of Fermilab (CDF)
->   Quarks, Grundbausteine der Materie
->   www.teilchen.at
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Urplasma: Physiker bestätigen ihr "Rezept" (12.6.03)
->   Exotische Materie als Auslöser ''seltsamer'' Erdbeben? (15.5.02)
->   Strange Quarks: Flüchtige Bestandteile der Materie (23.8.01)
 
 
 
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01.01.2010