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Supernovae dehnen sich gebündelt in Jets aus  
  Lange geheimnisvoll, konnte es erst im März 2003 nachgewiesen werden: die gigantischen Gammastrahlen-Ausbrüche im Kosmos stehen in Verbindung mit Explosionen von Supernovae. Diese Entdeckung unterstützte das "Kollaps-Modell", wonach sich die Implosion eines massereichen Sterns über zwei extrem energiereiche Teilchenstrahlen (Jets) ins Weltall entlädt. Die indirekte Messung dieser Jets über einen längeren Zeitraum ist Astronomen nun erstmals gelungen.  
Polarisation von "GRB 030339" gemessen
Bild: Nature
Wegen ihrer extremen Entfernung können die Teilchenstrahlen nicht mit Teleskopen von der Erde aus nachgewiesen werden, sondern bloß indirekt in der Lichtkurve des "nachglühenden" "Gamma-Ray Burst" (GRB). Eine Forschergruppe um Jochen Greiner vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching konnte nun die Polarisation des nachglimmenden Lichts (Afterglow) des GRB 030339 über viele Tage hinweg zuverlässig messen.

Wie die Forscher in "Nature" berichten, bestätigen ihre mit dem Very Large Telescope der ESO gewonnenen Daten empirisch, dass sich die Explosionswolke der Supernova tatsächlich nicht sphärisch in alle "Himmelsrichtungen" ausdehnt, sondern gebündelt in den Jets.
->   Very Large Telescope
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Die Studie ist unter dem Titel "Evolution of the polarization of the optical afterglow of the gamma-ray burst GRB030329" in "Nature" erschienen (Bd. 426, S. 157, Ausgabe vom 13. November 2003).
->   Die Original-Studie (kostenpflichtig)
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Schematische Darstellung
 
Bild: Max-Planck-Institut fuer extraterrestrische Physik

Explosion eines massereichen Sterns, der Materie in Form von Jets mit extrem hoher Geschwindigkeiten ausstößt. Treffen diese Jets auf das interstellare Medium, erzeugen sie das linear polarisierte Afterglow-Licht. Aus den Polarisationsmessungen des Lichts lässt sich der Öffnungswinkel des Jets und die Struktur des ihm zugrunde liegenden Magnetfelds bestimmen.
Vieles spricht für ...
Nach dem derzeit favorisierten Szenario entstehen GRB bei der Explosion eines sehr massereichen Sterns in einer extrem hellen Supernova, einer so genannten Hypernova. Diese Explosion kann entweder symmetrisch oder aber sehr asymmetrisch, in Form zweier entgegengesetzt ausgestoßener Teilchenstrahlen (Jets), verlaufen.
... asymmetrische Explosion
Laut einer Aussendung der Max Planck Gesellschaft würde bei einer symmetrischen Explosion der vom Beobachter empfangene Energiefluss auf einen Energieausstoß umgerechnet, der sich gleichmäßig über die Kugeloberfläche verteilt. Und zwar mit einer sehr hohen Energiemenge (10 hoch 53 erg), die durch theoretische Modelle schwer zu erklären sei.

Erfolgt die Explosion jedoch asymmetrisch als Jet, werde der vom Beobachter empfangene Energiefluss nur auf den Öffnungswinkel des Jets umgerechnet, also lediglich auf einen Bruchteil der Kugeloberfläche. In diesem Fall ergebe sich ein Energieausstoß von "nur" 10 hoch 51 erg.
Zwei Möglichkeiten der Überprüfung
Um die "Jet-Hypothese" zumindest indirekt überprüfen zu können, gibt es heute zwei Möglichkeiten: Zum einen sollte die Lichtkurve eines Gammastrahlen-Ausbruchs zeigen, dass sich die Helligkeitsabnahme etwa einen Tag nach der Explosion charakteristisch beschleunigt. Zum anderen müssten polarimetrische Messungen verdeutlichen, ob die Explosion tatsächlich nichtsphärisch erfolgt und wie groß der Öffnungswinkel des Jets ist.
Bisher schwierig nachzuweisen
Den spezifischen Verlauf der Helligkeitsabnahme hat man bereits vor vier Jahren in der Afterglow-Lichtkurve von GRB 990123 erstmals gefunden und danach noch bei einer Handvoll weiterer Gamma-Ray Bursts nachgewiesen.

Hingegen waren Polarisationsbeobachtungen von GRB-Afterglows bisher in nur sehr wenigen Fällen überhaupt möglich und bestanden dann aus maximal einer oder zwei Messungen pro GRB. Ihr Nachleuchten wurde selbst für die besten Teleskope zu schnell zu schwach.
Erste Polarisationsmessungen über längeren Zeitraum
Bild: Thueringer Landessternwarte Tautenburg
Das optische Nachleuchten von GRB 030329
Dies änderte sich erst mit GRB 030329, der am 29. März 2003 mit dem NASA-Satelliten "Hete-2" entdeckt wurde. GRB 030329 ereignete sich in relativ "geringer" Entfernung zur Erde (2,65 Millionen Lichtjahre). Bei ihm konnten die Forscher erstmals Polarisationsmessungen mit demselben Teleskop gewinnen und damit die Variation der Polarisation über viele Tage hinweg messen und eine so genannte Polarisationslichtkurve erstellen.

Diese Lichtkurve zeigte, dass sich die Stärke und der Winkel der Polarisation ständig ändern - und dass die der Explosion zugrunde liegende Supernova asymmetrisch war.
->   Mehr dazu: Zusammenhang von Supernovae und Gammastrahlen (17.4.03)
Das wahrscheinliche Szenario
Die neuen Befunde ergeben laut Max Planck-Gesellschaft folgendes Szenario: Das Zentrum eines sterbenden Sterns kollabiert zu einem Schwarzen Loch und setzt dabei eine riesige Energiemenge frei, die sich vom Zentrum des Sterns aus in zwei entgegengesetzt gerichteten, hochgradig gebündelten Jets Bahn macht. Innerhalb weniger Sekunden erreichen und durchstoßen diese gewaltigen Teilchenstrahlen die Oberfläche des Sterns und schießen in das den Stern umgebende interstellare Medium hinaus. Dort werden sie abgebremst und erzeugen das von der Erde aus sichtbare Nachleuchten.

In dem Moment, wo der Jet die Oberfläche des Sterns durchstößt, wird auch der Stern selbst zerrissen. Eine Supernova entwickelt sich, die nach bisherigen theoretischen Voraussagen ebenfalls asymmetrisch sein sollte.
->   Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
->   Rätsel der Gammastrahlenblitze scheint gelöst (science.ORF.at, 20.6.03)
->   Mehr über den Gammastrahlen-Ausbruch 030329 (NASA)
->   GRB 030329 (MIT)
 
 
 
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01.01.2010