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Lawinengefahr - Prophylaxe besser als Therapie  
  55 Prozent der von Lawinen Verschütteten sind bereits beim Stillstand der Schneemassen rettungslos verloren. Die Bergung aus einer Lawine binnen 15 Minuten bietet den restlichen Opfern noch eine 93-prozentige Überlebenschance, nach 45 Minuten betragen die Chancen nur noch 25 Prozent.  
Eingespielte Rettungsteams brauchen im Training rund 15 Minuten, um einen Verschütteten mit dem elektronischen Suchgerät ("Pieps") zu orten und auszugraben. Da hilft auch ein Rettungsruf per Handy kaum.
Lawinenkunde als Vorbeugung
Profilierte Fachleute wie der Kapruner Dozent Franz Berghold oder der Innsbrucker Lawinenexperte Peter Höller propagieren deshalb das "Umdenken von der Therapie zur Prophylaxe": Das Hauptgewicht für die Vermeidung von Lawinenunfällen sollte demnach keineswegs nur auf Ausrüstung, Rettungsgerät und den Bergetechniken nach der Katastrophe gelegt werden, sondern auf die Lawinenkunde.
Auch die täglich veröffentlichten Lageberichte über die Lawinengefahr sind keine Lebensversicherung. Der Lawinenwarndienst beschreibt großflächig die Situation, der Variantenfahrer oder der Tourengeher muss diese Information aber auf kleine Räume anwenden und das Risiko abschätzen.
->   Lawinenwarndienst
Lawinengefahr wird von drei Faktorengruppen bestimmt:
1. Das gegenwärtige Wetter und seine vorhersehbare Veränderung - Schneefall, Stärke und Richtung des Windes sowie Verlauf der Temperatur.
2. Die meteorologische Vorgeschichte seit Winterbeginn - sie ist dem Profil der Schneedecke abzulesen. Der Fachmann erkennt an Dicke, Aufbau, Schichtung und Unterlage der Schneedecke deren Stabilität.
3. Der einzig stabile Faktor sind Formen, Hanglage und Bewuchs des Geländes, der allerdings entgegen der landläufigen "Erfahrung" zur Lawinengefahr nur ein Viertel beiträgt.
Es gibt nur wenige Wintertage ohne jede Lawinengefahr.
Das absolut unmessbare Risiko sind den beiden Experten zufolge die extrem labilen Störzonen in der Schneedecke, die kleiner als ein Wohnzimmer sein können und nicht zu orten sind. Das Anschneiden so einer Störzone kann die innere Bindung der Schneedecke zerstören und die Lawine auslösen.
Ein umsichtiger Tourengeher, der prinzipiell zum Umdrehen in kritischer Lage bereit ist, dies aber per Zufallsentscheid tut, geht statistisch 16 Prozent Risiko ein, unter eine Lawine zu geraten. Die ausschließlich intuitive Beurteilung der Lawinengefahr anhand des Lawinenwarndienstes und der Wetterwerte birgt 30 Prozent Risiko. Kommen dazu noch Kenntnisse des Schneefalls seit Winterbeginn und die Untersuchung eines Schneeprofils am Hang, dann bleiben "bloß" zehn Prozent Restrisiko.
->   Institut für Lawinen- und Wildbachforschung
->   Österreichischer Bergrettungsdienst
 
 
 
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01.01.2010