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Abstimmung über Stammzellenforschung steht an  
  Die umstrittene EU-Förderung der Forschung an embryonalen Stammzellen beschäftigt diese Woche das Europaparlament. Nach einer Debatte am Montagabend wird am Mittwoch mit einer äußerst knappen Abstimmung gerechnet.  
Deren Ausgang ist allerdings völlig offen. Denn die stärkste Parlamentsfraktion, der konservativen EVP, ist in dieser Frage gespalten. Daneben lehnen vor allem die Grünen die embryonale Stammzellenforschung mit Mitteln aus dem EU-Haushalt ab.
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Kein Mitentscheidungsrecht, aber politischer Einfluss
Bis zuletzt war nicht klar, ob sich die EU-Abgeordneten eher für restriktive oder freizügige Kriterien entscheiden werden. Das Parlament hat zwar nur ein Anhörungs- und kein Mitentscheidungsrecht in dieser Frage, seine Meinung hat aber angesichts der kontroversiellen öffentlichen Debatte politischen Einfluss.
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EU-Ministerrat entscheidet Ende November
Das letzte Wort muss der EU-Ministerrat für Wettbewerbsfähigkeit am 27. November sprechen. Dann nämlich entscheiden die EU-Forschungsminister definitiv über das zu Jahresende auslaufende EU-Moratorium zur embryonalen Stammzellenforschung, die bisher in den Mitgliedstaaten völlig unterschiedlich geregelt ist.
Vorschlag: Stichtagsregelung
Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, dass die EU-Forschung nur Stammzellen verwenden darf, die vor dem 27. Juni 2002, dem Tag der Annahme des 6. EU-Forschungsrahmenprogramms, aus Embryonen gewonnen worden waren.

Der Berichterstatter im Europaparlament, der deutsche CDU-Abgeordnete Peter Liese, wollte daraufhin eine strengere Kompromissregelung analog zur Forschungsförderung in den USA, wonach nur embryonalen Stammzellen, die vor dem 7. August 2001 hergestellt wurden, verwendet werden dürfen.

Der federführende Industrieausschuss des Europaparlaments überstimmte jedoch Anfang November seinen Berichterstatter und strich den Stichtag heraus. Liese hofft nun auf einen Kompromiss, wonach zwar weiter ein Stichtag vorgesehen wäre, dieser würde sich aber nicht auf die Embryonen, sondern auf die Stammzellen beziehen.
Weitere Züchtung von Stammzelllinien wäre erlaubt
Somit könnten bestehende Stammzellenlinien weiter gezüchtet werden, Embryonen dürften für diese Forschung aber nicht mehr getötet werden.
Vorhandene Linien derzeit ausreichend
Wissenschaftler räumten bei einer Expertendiskussion im Europaparlament in der Vorwoche ein, dass die vorhandenen embryonalen Stammzellenlinien für die derzeit anstehenden Forschungsprojekte ausreichen.

"Es ist nicht nötig, neue Zelllinien herzustellen", erklärte etwa Hannes Strasser von der urologischen Abteilung der Universitätsklinik Innsbruck, der mit adulten Stammzellen Therapien gegen Harninkontinenz entwickelt.
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Österreich plädiert für Verlängerung des Moratoriums
Österreich, Deutschland und Italien sind für eine Verlängerung des Moratoriums und lehnen daher den Vorschlag der EU-Kommission ab. Stattdessen plädieren diese Staaten für eine vorrangige Förderung der Forschung mit adulten Stammzellen, also völlig teilungsfähigen Zellen aus erwachsenen Menschen, die ethisch als unbedenklicher gelten.

Der Plan der EU-Kommission geht dagegen Großbritannien und den skandinavischen Ländern nicht weit genug. Sie treten für eine umfassendere EU-Förderung ein. Für eine Sperrminorität bräuchten Österreich, Deutschland und Italien weitere Unterstützung, besonders umworben ist das katholische Portugal.
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"Es geht aber niemandem um die fünf bis zehn Millionen Euro", die das sechste Rahmenprogramm für die embryonale Stammzellenforschung vorsieht, sagt ein EU-Diplomat. Dieser Förderungsbetrag sei angesichts des Gesamtvolumens des Rahmenprogramms von etwa 20 Mrd. Euro vergleichsweise gering.

"Es ist eher die Sorge, dass heute schon Pflöcke eingeschlagen werden für eine zukünftige Regulierung."
->   Europäisches Parlament
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Stammzell-Forschung: Kein Konsens in Sicht (11.11.03)
->   Ulrich Körtner: Die neue Unübersichtlichkeit in der Stammzell-Politik (3.11.03)
->   EU-Parlament: Für die Stammzellenforschung? (22.10.03)
->   Gehrer: EU-Moratorium für Stammzellen verlängern (22.9.03)
 
 
 
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01.01.2010