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Die Zukunft vergessen  
  Massive Gedächtnisprobleme, wie sie bei älteren Menschen und Alzheimer-Patienten bekannt sind, können bei Ecstasy-Konsumenten bereits im zwanzigsten Lebensjahr auftreten.  
Zu dieser Schlussfolgerung kommen britische Psychologen, die ihre aktuellen Ergebnisse jetzt auf der British Psychological Society's Centenary Conference in Glasgow präsentierten.
Gedächtnisausfälle im Alter von 20
Sie entdeckten, dass Ecstasy-Konsum jenes Gedächtnis, das für die Speicherung geplanter Vorhaben verantwortlich ist, nachhaltig schädigt. "Ecstasy-Konsumenten, teilweise erst zwanzig Jahre alt, zeigen die gleichen Gedächtnis-Defizite, die man bei über 60-Jährigen erwarten würde", so der Leiter der Studie Tom Heffernan von der University of Northumbria gegenüber dem Wissenschaftsmagazin "New Scientist".
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Wirkung von Ecstasy
Ecstasy ist eine synthetische Substanz mit der chemischen Bezeichnung MDMA. Es ist auf dem illegalen Markt in Tabletten- oder Kapselform erhältlich. Die so genannten Designer-Drogen wie Ecstasy sind vollsynthetische Betäubungsmittel von Amphetamin(Aufputschmittel)-Derivaten unterschiedlicher Struktur. Sie zählen wie Heroin und Kokain zu den harten Drogen und stammen oft aus illegalen niederländischen Labors. Herz-und Kreislaufprobleme, extremer Stress und Aggressionen bis zu irreversiblen Psychosen können Folgen der Einnahme sein. Ebenso können Niere, Leber und das Nervensystem geschädigt werden.
->   Mehr zu Ecstasy
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Untersuchung an 40 Jugendlichen
Tom Heffernan und sein Team untersuchten 40 Jugendliche Anfang Zwanzig, die seit über fünf Jahren mindestens zehn mal pro Monat Ecstasy konsumierten. Er entdeckte dabei mehrere signifikante Verschlechterungen in den laufenden Messungen bei drei Arten von vorausschauendem oder "prospektivem" Gedächtnis.

Die Ecstasy-Konsumenten, und als Vergleichsgruppe solche, die keine Drogen konsumierten, wurden nach Gedächtnisausfällen während der letzten Wochen befragt. Die Fragen untersuchten ein sogenanntes "Gewohnheits-Kurzgedächtnis" (wie das Vergessen, den Wecker in der Früh abzustellen), dann ein Langzeitgedächtnis für die Speicherung von Ereignissen und ein internes Gedächtnis
(wenn man einen Raum betritt und nicht mehr weiß, was man hier machen wollte).
Ecstasy-User mit deutlichen Gedächtnisausfällen
Sogar als man die Ergebnisse nach anderen Drogen, die ebenfalls die Gedächtnisleitung beeinflussen, kontrollierte, ergaben sich für die Ecstasy-Konsumenten wesentlich drastischere Gedächtnisausfälle und -verluste im Vergleich zu den Personen, die keine Drogen konsumieren.
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Schon frühere Hinweise
Frühere Studien haben schon gezeigt, dass sich Ecstasy negativ auf verschiedenste Gedächtnisformen auswirkt, wie z.B. das kurzzeitige Merken vieler Wörter. Etliche Forscher glauben, dass Ecstasy in erster Linie Nervenzellen schädigt, die den Neurotransmitter Serotonin produzieren. Serotonin spielt für das Gedächtnis eine wichtige Rolle. Wie lange jene Gedächtnisausfälle und -verluste anhalten, konnte bislang allerdings nicht geklärt werden.
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Ecstasy und Serotonin
Ecstasy bindet bei Gehirnzellen an Rücktransportern für den Botenstoff Serotonin. Der Rücktransport regelt die Dosierung des Botenstoffes zwischen den Zellen. Wie Georges Ricaurte von den Johns Hopkins Medical Institutions bereits darlegen konnte, greift Ecstasy aber nicht nur kurzfristig in den Serotonin-Regelkreis ein, sondern reduziert langfristig die Anzahl der Rücktransporter.

Den Wissenschaftlern ist es nach fünfjähriger Arbeit gelungen, die Konzentration der Transporter direkt mit einem bildgebenden Verfahren sichtbar zu machen. Sie untersuchten vierzehn Männer und Frauen, die regelmäßig Ecstasy konsumiert haben. Dabei fanden sie: Je höher der Konsum war, um so deutlicher hatte die Zahl der Serotonin-Transporter abgenommen.
Signifikanter Verlust
"Der Verlust ist signifikant, und legt - wie auch unsere früheren Studien an Tieren - nahe, daß die Nervenzellen beschädigt wurden", erklärt Ricaurte. Serotonin ist an der Steuerung von Gefühlen, dem Gedächtnis, dem Schmerzempfinden, Schlaf, Appetit und der Sexualität beteiligt.

(red)
->   University of Northumbria at Newcastle,
Division of Psychology
->   Psychological Society's Centenary Conference in Glasgow
->   New Scientist: Forgetting the future
->   Mehr zu Serotonin
 
 
 
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01.01.2010