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"Young Science": Europas Blaualgen auf der Spur  
  Ein kürzlich begonnenes EU-Projekt hat eine Abschätzung des Gesundheitsrisikos für den Menschen durch Cyanobakterien (Blaualgen) zum Ziel. Während Österreich mit Süßwasser-Vorräten und einer generell guten Wasserqualität gesegnet ist, sind auftretende Algenblüten in europäischen Gewässern häufig. Eine vom FWF geförderte Nachwuchsgruppe am Institut für Limnologie der ÖAW hat nun ein DNA-Analyseverfahren zur quantitativen Abschätzung von bestimmten Cyanobakterien entwickelt, wie der Leiter Rainer Kurmayer im Rahmen der Reihe "Young Science" berichtet.  
Quantitative DNA-Analyse im Gewässer - österreichisches Know-how gefragt
Von Rainer Kurmayer

Das dreijährige EU Projekt "Toxic and other bioactive peptides in cyanobacteria" gliedert sich in fünf Arbeitspakete, die genetische, biochemische, analytische, toxikologische und ökologische Untersuchungsmethoden kombinieren.

Dadurch wird die umfassende Bearbeitung eines derartig komplexen Umweltrisikos erst möglich. Die jüngsten Fortschritte bei der Anwendung molekularer Detektionsmethoden im Freiland werden zur Entwicklung von quantitativen Nachweismethoden für neue bioaktive Naturstoffe führen.
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Für Forscher, Gesundheitsämtern und Behörden
Diese Methoden werden dann sowohl Wissenschaftlern als auch europäischen Gesundheitsämtern und Behörden zu Verfügung stehen und die rasche Erforschung des Auftretens von diesen Naturstoffen ermöglichen. Die Erstellung von quantitativen Beziehungen zwischen Genotypen und Naturstoffen sowie die toxikologische Bewertung sollen letztlich die Entwicklung eines so genannten "Worst Case"-Szenarios unterstützen.
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Österreichischer Schwerpunkt: Gesundheitsrisiko
Den Forschungsschwerpunkt im österreichischen Teil bilden europaweite Freilanduntersuchungen, um eine Vorhersage des Gesundheitsrisikos mit steigender Eutrophierung in einem Gewässer zu ermöglichen.

Dies wird durch den Vergleich von wenig bis mäßig nährstoffbelasteten Gewässern mit stark belasteten Gewässern möglich. Durch seine größtenteils sauberen Gewässer nimmt Österreich hier für die Definition eines natürlichen "Normalzustandes " eine zentrale Stellung ein.
->   Mehr dazu: Giftigen Blaualgen in Österreichs Seen auf der Spur (4.3.02)
Beieindruckende Vielfalt im Wasser
Mikroorganismen, die im Mikroskop gleich aussehen, müssen nicht wirklich gleich sein. Das Leben und die Vielfalt im Wassertropfen entzieht sich häufig unserer Beobachtung.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch eine beeindruckende Vielfalt - zum Beispiel in der Bildung von bioaktiven Naturstoffen bei Cyanobakterien, kleine aus sieben Aminosäuren bestehende Peptide, die Microcystine genannt werden.
Algenblüten potenziell gesundheitsschädlich
Microcystine werden in die Zellen eingelagert und weisen eine außerordentlich hohe Bioaktivität auf.

Grün oder rot gefärbte Massenentwicklungen von Algen, die dann als Algenblüten bezeichnet werden und oft wie Teppiche über die Wasseroberfläche wandern, sollten daher generell gemieden werden, weil in diesen für Mensch und Tier gesundheitsbedenkliche Giftgehalte erreicht werden können.
->   Mehr Informationen dazu bei der WHO
Rein äußerlich identisch ...
Wie lässt sich die Vielfalt im Wassertropfen untersuchen? Seit längerem ist bekannt, dass Mikroorganismen, die sich in der Bildung von bioaktiven Naturstoffen unterscheiden, gemeinsam in einer Wasserprobe auftreten, jedoch rein äußerlich im mikroskopischen Bild identisch sind.
... aber genetisch deutlich verschieden
Durch die Entschlüsselung der Microcystin-Gene an der Humboldt Universität Berlin ist es möglich, die Verbreitung dieser Gene in verschiedenen Gewässern zu untersuchen.

Dazu wurde nun am Institut für Limnologie in Mondsee ein quantitatives DNA-Analyseverfahren entwickelt, welches die Abschätzung von Microcystin-Genotypen im Vergleich zur Gesamtpopulation ermöglicht.
Vergleich mit anderen Ergebnissen
Bild: Kurmayer/Kutzenberger
Dieses Verfahren wurde zusätzlich mit den durch herkömmliche
Zählmethoden im Mikroskop erworbenen Ergebnissen verglichen.

Bild oben: Quantifizierung von Cyanobakterien mittels DNA-Analyse (weiße Kreise) und Vergleich mit herkömmlichen Zählmethoden im Mikroskop (schwarze Kreise) in einem Badegewässer von Juni 1999 bis Oktober 2000.

Zum erstenmal konnte gezeigt werden, dass der relative Anteil von Microcystin-Genotypen an der Gesamtpopulation sowohl im Sommer als auch im Winter überraschend konstant ist und es daher zumindest in diesem Gewässer keine saisonalen Einflüsse auf den Anteil von Microcystin-Genotypen gegeben hat.

Bild unten: Quantifizierung des Anteils von Microcystin-Genotypen über die gleiche Untersuchungsperiode (weiße Kreise). Die mittlere Wassertemperatur ist als durchgezogene Linie dargestellt. Dargestellt ist der Mittelwert aus drei Parallelmessungen sowie das daraus berechnete Fehlerintervall.
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YOUNG SCIENCE ist eine Kooperation zwischen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und science.ORF.at. Junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen stellen ihre Arbeiten und Projekte in Originalbeiträgen vor.

Rainer Kurmayer ist seit Mai 2001 wissenschaftlicher Leiter einer Nachwuchsgruppe am Institut für Limnologie der ÖAW.

Geboren 1969 in Hollabrunn (Niederösterreich)
1989-1994 Studium der Biologie/Ökologie an der Universität Wien
1996-1999 Doktorarbeit über den Einfluss von Blaualgen auf aquatische Kleinkrebse (Doktorandenstipendium der ÖAW)
1999-2001 Wissenschaftlicher Angestellter am Umweltbundesamt Berlin (Fachgebiet II 4.3 Wasseraufbereitung)
->   Institut für Limnologie der ÖAW
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->   Die "Young Science"-Beiträge im Überblick
->   Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW)
 
 
 
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01.01.2010